Doch der Reihe nach. Zu Jahresbeginn waren etliche Rosenzweig-Fotos mit spannenden Geschichten aufgetaucht (die RZ berichtete). Gerade die vor 100 und mehr Jahren abgelichteten Personen regten die Entdeckerfreude im Heimatgebiet und weit darüber hinaus an. Dann stellte sich immer mehr die Frage nach dem zeitlebens bescheidenen Meister. Doch alle Bemühungen, mehr über Herkunft, Alter und Familie des Fotografen herauszufinden, verliefen lange Zeit im Sande. Ein großes Manko: Mit Ausnahme von ein paar Einträgen in alten Adressbüchern ist über Peter Rosenzweig nur wenig bekannt.
Insofern dürfte das jetzige Resultat der Recherchen eine gewisse Lücke füllen. Zum Kreis der befragten Zeitzeugen, Nachfahren und Chronisten gehört Angelika Schramm, Rosenzweigs Großnichte aus Hamburg, die zu „Onkel Peter“ mitteilte: „Er erblickte 1869 in Brachtendorf in der Eifel das Licht der Welt.“ Zugleich gerät sie ins Schwärmen über den „begabten Fotografen mit Künstlerblick“, der übrigens, wie sie anfügt, nicht nur mit Kamera und Glasplatten umzugehen wusste, sondern auch mit Pinsel und Ölfarbe Beachtliches schuf: „Er erfasste mit künstlerischem Auge und auf besondere Weise das Innere der zu Porträtierenden.“
Auch im 300-Seelen-Dorf Brachtendorf, Rosenzweigs Geburtsort in der Verbandsgemeinde Kaisersesch, half man bei der Spurensuche gerne mit. Hier führte der Weg zu Marianne Reitz, einer weiteren Großnichte des Meisters. Sie erzählt, dass ihr Vater Josef Rosenzweig früher im Dorf eine Schreinerwerkstatt betrieb, in der „Onkel Peter“ oft zu Besuch war. Die Vorfahren in der Eifel sollen vor allem von der kleinbäuerlichen Landwirtschaft gelebt haben. Insbesondere im späten 19. Jahrhundert setzte in der Eifel wie auch in der katholischen Rosenzweig-Familie eine Aufbruchsstimmung ein. „Im Rheinland, im Großraum Köln, nahe der Eisenbahn, gab es bessere Zukunftschancen“, begründet Marianne Reitz das Abwandern vieler Landbewohner.
So wird auch Peter Rosenzweig dem hellen Lockruf der Ferne gefolgt sein, um den Anschluss nicht zu verpassen. 1895 sagte er seinem Vater Philipp in Brachtendorf „Ade“ und fand in Schwanheim am Main Käthchen, die Frau fürs Leben. Nach weiten Umwegen über Reutlingen und Münster ließ er sich 1902 mit seiner jungen Familie zunächst in der Siegstraße in Betzdorf nieder, um dort eine eigene Existenz zu gründen. Noch konnte er nicht ahnen, dass es eine 50-jährige Ära in Betzdorf werden sollte. In günstiger Lage, direkt am Bahnhofsplatz, warb Rosenzweig mit seinem Fotoatelier. An Kundschaft bestand kein Mangel. Immerhin war Betzdorf ein Verkehrsknoten und der Bahnhof sogar Haltepunkt auf der Schnellzuglinie Wien–Ostende. Laut Archivakten traten später Rosenzweigs Kinder Georg, Elisabeth, Lucia und Anna in die großen Fotografie-Fußstapfen des Vaters. Nach erfülltem Leben und Wirken starb Peter Rosenzweig 1952 in Betzdorf im Alter von 83 Jahren. Joachim Weger