Über die globalen und bundesweiten Herausforderungen, wie etwa Digitalisierung und „Lernen aus den Erkenntnissen der Krise“, bis hin zu zukunftsorientierten Konzepten für mittlere und kleine Betriebe, Beschäftigte und Rentnerinnen und Rentner reichte die Palette der Felder, die teilweise detailliert unter die Lupe genommen wurden. So zeichnete Bosbach, der sich selbst als „Überzeugungstäter“ bezeichnete, das Bild einer sich ständig verändernden Gesellschaft. Illustriert durch Einblendungen auf einer großen Leinwand hinter den Podiumsteilnehmern skizzierte er anschaulich, warum seiner Meinung nach das Bild von einer überalterten Gesellschaft und der daraus resultierenden Notwendigkeit von längeren Lebensarbeitszeiten statistisch in die Irre führen würde. „In zwölf Generationen sind die Deutschen ausgestorben“, stellte Bosbach die Schlagzeile einer großen Tageszeitung vor, die diese vor einiger Zeit veröffentlicht hatte und die nach seiner Aussage die Ängste der Bevölkerung vor Überalterung und der damit verbundenen Rentenunsicherheit schüren sollte. „Die Panikmache diente dazu, die Bevölkerung zu animieren, in die private Altersvorsorge zu investieren, um die gesetzliche Rentenversicherung zu entlasten“, so Bosbach, der darüber hinaus viele weitere anschauliche Beispiele für soziale Schieflagen „die in der Pandemie mehr als deutlich geworden sind“, im Gepäck hatte.
Der Statistiker bezeichnete es als „Frechheit“, dass etwa Daimler trotz einem Gewinn von 24.116 Euro pro Mitarbeiter das durch die Kurzarbeiterfinanzierung erhaltene Geld dazu verwendet hätte, um hohe Dividenden an die Aktionäre auszuschütten – ein Kommentar, der von den anwesenden Podiumsmitgliedern ebenso Beifall fand wie in den Beiträgen der zahlreichen Teilnehmer zu Hause am Computer, die mittels Kommentarfunktion zugeschaltet waren. Er forderte alle Entscheidungsträger dazu auf, mehr für die Solidarität zu tun. „Viele Firmen verdienen gut bis sehr gut, und statt das Geld in Ausbildung oder firmeneigene Fördermaßnahmen zu stecken, investieren sie lieber in Aktien. Wir tun der Gesellschaft einen Gefallen, wenn wir das den Reichen wegnehmen und in die Gemeinschaft fließen lassen“, machte er seinen Standpunkt deutlich.
„Das, was du uns hier vorgestellt hast, hätte locker das Potenzial für ein mehrtägiges Seminar“, freute sich Bernd Becker, der den fundierten Ausführungen des Hauptreferenten seine eigene Einschätzung der Lage anfügte und noch einmal auf einen anderen Themenbereich überschwenkte: „Wir vom DGB setzen uns ein für einen starken Staat, für Rheinland-Pfalz bräuchten wir 1000 Polizisten mehr, um den steigenden Anforderungen gerecht zu werden“. Nicole Platzdasch von der IG Metall sprach von gesellschaftlichen Herausforderungen: „Wir befinden uns alle in stürmischer See, aber wir sitzen nicht im selben Boot“, sagte sie und machte mit diesem Bild anschaulich, dass die Ungleichheit der Chancen zu einem weiteren Auseinanderdriften der sozialen Schere führen könne. Heribert Blume pflichtete ihr bei: „Gerade in der Pandemie ist deutlich geworden, dass Kinder, deren Eltern einen weniger hohen Bildungsgrad haben, stark benachteiligt sind.“ Angefangen von mangelnder Betreuung bis hin zu fehlenden digitalen Endgeräten reichten die Punkte, die er auflistete. Die Anstrengungen, die Ungleichheiten zu beseitigen, laufen aber sowohl im Kreis wie im Lande, wie in den anschließend eingeblendeten Grußworten von Landrat Peter Enders und Sozialministerin Sabine Bätzing-Lichtenthäler deutlich wurde.