Westerwälder Neujahrsbrauch
Der Hondach erobert wieder Nauroth
Eine beeindruckende Truppe mit äußerst gefährlichem wilden Bär und zauberhafter "Eier-Liss" kam wieder zusammen, um zum neuen Jahr gute Stimmung in Nauroth zu verbreiten.
Gaby Wertebach

Schwarze Paste, laute Gesänge und jede Menge gute Laune: Mit über 50 Teilnehmern, kreativen Verkleidungen und ausgelassener Stimmung bleibt die einstige Junggesellenrunde ein Highlight im Westerwald.

Der Brauch des Hondach (Hundertschaft) am ersten Samstag nach Neujahr wird bis heute nur noch in Nauroth im Westerwald lebendig gehalten. Ehemals trafen sich die charmantesten Junggesellen, mittlerweile dürfen auch Verheiratete und Auswärtige teilnehmen. Einer davon war Thomas Schwarzenegger, ein Freund von Arthur Knoblauch, der extra aus Liechtenstein angereist war und mit Begeisterung an dem Spektakel teilnahm.

Nach dem Treffen im Bürgerhaus in Nauroth, bei dem es bereits hoch herging, zogen die über fünfzig Männer, darunter Ortsbürgermeister Julian Schwan, angeführt von einem Einachser, der mit zahlreichen Bierkisten und Hochprozentigem bestückt war, durch das Dorf. Die „mobile Zapfstelle“ und Verpflegungsstation steuerte bereits zum zehnten Male Poern Leuchner, der bei Bedarf auch die von „Eier-Liss“ gesammelten Eier zwischendurch ins Bürgerhaus brachte, damit nichts zu Bruch ging.

Und wieder einen Einwohner geschwärzt. Herr Mertens trägt es mit Fassung.
Gaby Wertebach

Wie immer als wichtigste Personen mit dabei: der in diesem Jahr besonders wilde und zum Fürchten aussehende Kettenbär in Gestalt von Lukas Kessler, vor dem es kein Entrinnen gab. Wenn er die schweren Tatzen hob, war kein Gesicht vor der schwarzen Paste sicher. Da halfen auch kein Flehen oder Davonlaufen, selbst unsere Mitarbeiterin hatte keine Chance auf Gnade. Auch sie zierte die schwarze undefinierbare Farbe, die bei einem gemeinsamen Hondach-Frühstück, an dem sich ein Teil der Jungs beteiligte, zusammengemischt worden war und dem Vernehmen nach aus Bodylotion und Schuhcreme besteht.

Der Bärentreiber Tim Udo Hrachowetz klirrte mit der langen Eisenkette, an deren Ende etwas befestigt war, das einer Blechkehrschaufel glich und wahnsinnigen Krach machte. Ben Becker gefiel als die aufgeputzte Schönheit, die „Eier-Liss“. Was ihm an Oberweite fehlte, das machte er mit den vollen, rot geschminkten Lippen, dem blond gelockten Haar und dem geschmackvollen Oberkleid, ähnlich einem Vintage-Kittel, ohne Probleme wieder wett. Dank seiner charmanten Art konnte er jede Menge Eier, Bares oder Hochprozentiges einsammeln.

Besuch aus dem Fürstentum Liechtenstein: Thomas Schwarzenegger ist extra angereist, um mit seinem Freund Arthur Knoblauch am Hondach-Spektakel teilzunehmen.
Gaby Wertebach

Hochwürden Nikolai Heidrich sah täuschend echt aus, vor allem mit seinem ernsten Gesichtsausdruck und dem dazu passenden Verhalten. Er sorgte mit seiner salbungsvollen Unterstützung dafür, dass weder beim Spender noch beim Beschenkten Reue über das Getane aufkam. Gleich vier Polizisten, Florian Phillipp, René Barth, Henning Kohlhaas und Volker Krah, sorgten für Ordnung und auch dafür, dass am Bushalteplatz kein Autofahrer seine Geschwindigkeit unter- oder überschätzte.

Die Rolle des Wirts übernahm anstelle von Henning Kohlhaas in diesem Jahr dessen Vater Peter. Henning, der Hauptorganisator des Spektakels, rechnete praktisch stündlich mit der Geburt seines ersten Kindes, weshalb er das Handy immer griffbereit hatte. „Das würde dann ein Hondachsjunge“, so der Bär vom letzten Jahr, Maximilian Schmitz, hoffnungsvoll. Schmitz gestaltet die Hondach-Buttons, auf denen in jedem Jahr eine verstorbene Person abgebildet ist, die sich für den schönen Brauch engagiert hat.

Vor den mit Schuhcreme und Bodylotion eingeriebenen Bärentatzen gibt es kein Entkommen.
Gaby Wertebach

Einem Irrtum unterlag allerdings, wer dachte, Henning Kohlhaas hätte in der Nacht vor dem Hondach in Erwartung der baldigen Geburt seines Nachwuchses kaum ein Auge zugetan. Weit gefehlt – er hatte vor dem Fernseher beim Dart-Finale mitgefiebert.

Wie immer brachten die Hondachjongen eine Riesenportion gute Laune ins Dorf, sangen lautstark und äußerst melodisch ihren Neujahrswunsch an den Haustüren der Bewohner, die allesamt mit schwarzem Gesicht zurückblieben. Und am Abend stimmte der Musikverein Luckenbach zünftig auf die Hondachparty ein, wo es anschließend mit den Westerwald Rockerz temperamentvoll weiterging.

Bereits zehn Mal war Poern Leuchner dabei, wie an den Buttons auf dem Hut erkennbar ist.
Gaby Wertebach

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