„Der Fluss muss seine Arbeit machen können.“ Das ist für Wolfgang Stock ein ganz wichtiger Satz. Stock setzt seit Jahrzehnten als BUND-Mitglied für den Umweltschutz ein. Ein wichtiges Thema dabei ist die Sieg. Und deshalb plädiert er und seine Umweltkollegen schon lange dafür, dass das Wehr Euteneuen abgerissen wird. Dabei sieht der BUND die Gesetzeslage auf ihrer Seite.
In einer Resolution hatte sich vor gut einem Monat der Kreistag in Altenkirchen geschlossen dafür ausgesprochen, den Rückbau des Siegwehrs in Euteneuen zu verhindern. Gegen den Willen aus Mainz und die nachgeordnete Struktur- und Genehmigungsdirektion (SGD) Nord, das Wehr abzureißen. Der Abriss soll rund 3 Millionen Euro kosten.
BUND sieht sich in der Politik außen vor
Wolfgang Stock sieht hier ökologische und ökonomische Interessen, die aufeinandertreffen und bei denen es gilt, einen Kompromiss zu finden. Den BUND sieht Stock dabei immer etwas außen vor. „Wir haben immer den Dialog gesucht“, sagt Stock zusammen mit Joachim Reifenrath unserer Zeitung bei einem Treffen am Wehr Euteneuen. Seit rund 20 Jahren organisiert der BUND Veranstaltungen zum Thema Wasser. Es sei also eine große Expertise zu dem Thema da. Doch diese Expertise werde von der lokalen Politik nicht gehört, so Stock. Zur Petition im Kreistag sagt er: „Wir hätten dort eingeladen werden sollen.“
„Der Fluss muss leben“ ist Stocks Credo. Und das werde erreicht, wenn der Fluss eine gewisse Fließgeschwindigkeit erreiche. Ein Wehr ist dabei hinderlich. Seit dem Jahr 2000 gilt zudem die Wasserrahmenrichtlinie des Europäischen Parlaments. Diese hatte wiederum starken Einfluss auf das Wasserhaushaltsgesetz in Deutschland. Darunter zählen etwa zentrale Vorschriften zur Gewässerqualität, Durchgängigkeit, Planung und Nutzung. Zudem wurde in den Landeswassergesetzen der „gute ökologische und chemische Zustand der Oberflächengewässer“ als Ziel formuliert. Zudem wurde die Fischfauna in das neue Bewertungssystem der Fließgewässer einbezogen und die Durchgängigkeit der Gewässer als wichtigstes Kriterium zur Erreichung dieser Ziele postuliert. Immer wieder werde die Landesregierung aufgrund der Argumente des BUND angegriffen. „Als ob die für uns sprechen würde. Das ist nicht so“, sagt Stock. Denn laut Stock hält das Land einfach nur an die Gesetze, die es sich selbst auferlegt hat.
Wissenschaftler sehen staatliche Förderung für Kleinwasserkraftwerke kritisch
Und nicht nur die Gesetzeslage, sondern auch die Wissenschaft sehen Stock und Reifenrath auf ihrer Seite. In einem Memorandum haben im November 2021 65 Fachwissenschaftler aus 30 wissenschaftlichen Institutionen der Bundesrepublik dringend empfohlen, die staatliche Förderung von unwirtschaftlichen, umweltschädlichen und nicht ökologisch sanierbaren Kleinwasserkraftwerken zu beenden. 7800 solcher Kraftwerke mit einer Maximalleistung von unter einem Megawatt soll es laut den Wissenschaftlern in der Bundesrepublik geben. Diese würden insgesamt weniger als 0,5 Prozent der Stromproduktion ausmachen und damit „kaum zur Energiewende“ beitragen.

Weiter führen die Wissenschaftler in dem Memorandum an, dass die Wehre den ökologischen Zustand der Fließgewässer gravierend belaste. Diese würden die Wasserführung sowie Strömungs- und Strukturcharakteristika beeinträchtigen. Was das konkret für die Sieg am Wehr Euteneuen bedeutet, zeigt Reifenrath beim Vor-Ort-Besuch. „Es bleibt dort immer mehr Schlamm liegen“, sagt der Gewässerexperte. So werde die Sieg an der Stelle zu einem stehenden Gewässer. Bei hohen Temperaturen könne der Ph-Wert steigen und Fluss an dieser Stelle kippen. Das sogenannte Aluminium-Ammoniak-Gleichgewicht sei damit gefährdet.
Für Wolfgang Stock gebe es zudem eine gute Alternative zur Erzeugung von Strom durch erneuerbare Energien: Photovoltaik-Anlagen. Dafür gebe es in der Region mehr als genug Fläche. Der Strom, der dadurch produziert werden könnte, würde der des Wehres in Euteneuen problemlos übersteigen, so Stock.