„The Cost of Freedom“ („Der Preis der Freiheit“) ist zugleich auch der Titel der kürzlich erschienenen Autobiografie des 1960 in Chicago geborenen Stars – ein ebenso neugierig wie betroffen machendes Buch, das Ergebnis eines 13 Jahre andauernden Prozesses ist. Am Sonntag hatte eine kleine, aber interessierte Zuhörerschar die Möglichkeit, den seit 1998 in Deutschland lebenden Sänger mit der tiefen, rauchigen Stimme persönlich kennenzulernen und dabei auch einen Eindruck vom Buch zu gewinnen. Und es hätte in Sachen „Topstars der Musikgeschichte“ sicher keinen besseren Ort für die Lesung geben können, als das „Elvis Museum“ in Kircheib.
Elvis Presley-Interpet Jonny Winters und seiner Frau Irma Stanton war es eine große Ehre, Marla Glen in Begleitung seiner Cousine und Co-Autorin Stacey McClain und der Übersetzerin Gudrun Umeh begrüßen zu dürfen. Irma Stanton wies in ihrer Anmoderation darauf hin, dass die Autobiografie auch ein Stück Vergangenheitsbewältigung sei, denn Marla Glen seien „viele Steine in den Weg gelegt worden“, die er habe überwinden müssen. „Es ist nicht leicht, ein Mensch zu sein, der nicht wie andere ist“, gab Irma Stanton zu bedenken. Elvis Presley habe das nicht geschafft, Marla Glen schon. Was eingeweihte Zuhörer bereits wussten: Der Sänger fühlte sich schon früh als Transgenderperson, wurde aber in eine Welt geboren, in der es noch keine LGBTQIA-Bewegung gab. Er musste sich seinen Weg zur persönlichen Freiheit hart erkämpfen und outete sich 2023 offiziell als trans.
Das Schicksal spielte ihm übel mit
Nun übernahmen Stacey McClain und Gudrun Umeh das Mikrofon, denn Marla Glen wollte sich zunächst lieber im Hintergrund halten und später die Fragen des Publikums beantworten. Deshalb trug Stacey McClain Abschnitte aus dem 15. Kapitel des Buches auf Englisch vor, die von Gudrun Umeh ins Deutsche übersetzt wurden. Hierbei handelte es sich um die Schilderung eines bedeutsamen Wettbewerbs in New Orleans, zu dem Marla Glen unwissentlich durch Freunde aus dem „Hard-Rock-Café“ angemeldet worden war und den er letztlich unangefochten gewann (unter anderem mit dem Song „Believer“).
Diesmal erhielt er nicht nur Getränkegutscheine als Preis, sondern ein richtiges Honorar und einen Auslandsauftritt in Frankreich. Doch das Schicksal spielte ihm übel mit, denn auf der Suche nach einem Freund, der ihm noch Geld schuldete, wurde er selbst unrechtmäßig verhaftet. „Du siehst aus wie ein Kerl“, warf man ihm vor, und nur durch die Hilfe eines Jurymitgliedes gelang es ihm schließlich, das Frauengefängnis wieder zu verlassen.
Buch erzählt von den Identifikationsprozessen
Dieses Kapitel ließ nur erahnen, was Marla Glen im Laufe seines Lebens durchgemacht hat. Das Buch erzählt in seiner Gesamtheit von den Identifikationsprozessen, aber auch von den musikalischen Anfängen in der South Side in Chicago, vom Einstieg in die große, teils korrupte Musikindustrie und den Begegnungen mit Legenden wie Nina Simone und Bo Diddley, die Marla Glens Mentoren wurden, sowie von den Tourneen durch Europa und den Gold- und Platin-Alben.
Für manche Besucher der Lesung war es nicht ganz leicht, in die Zusammenhänge einzusteigen, und die Tatsache, dass vorwiegend Englisch gesprochen wurde, zog auch ein wenig Überforderung nach sich. Trotzdem gab es freundlichen Applaus, als sich Marla Glen schließlich dem Publikum widmete und mit seiner ganzen Persönlichkeit präsent war.