Diese Art, mit der „Schreckensbotschaft“ umzugehen, führt die 44-Jährige vor allem auf ihren Glauben zurück: „Ich habe zehn Jahre auf Rhodos gelebt, und als ich 30 war, habe ich mich in einem Kloster griechisch-orthodox taufen lassen. Das ist sehr spirituell mit den alten Klöstern dort, irgendwie hatte ich das Gefühl, das ich das machen sollte“, schildert die Künstlerin, die immer eine kleine Ikone des Erzengels Michael bei sich trägt, den Weg zu einem der wesentlichen Grundpfeiler ihres Lebens.
Ein zweiter Baustein im Kampf gegen den Krebs ist ihre Leidenschaft, die sie unter anderem in die Deutsche Aquarellgesellschaft (DAG) führte. Diese nahm die Brachbacherin im Jahr 2023 auf, ein „Kunstritterschlag“ sozusagen, denn die Gesellschaft ist zwar nicht elitär, aber nicht jeder und jede erhält auf Anhieb Zugang. „Die Kunst ist mein täglicher Unterstützer und Begleiter, und auch meine Familie ist ein sehr starker Rückhalt für mich“, skizziert Nina Niederhausen ihre Mutmacher und Anker in einer sicherlich nicht leichten Lebensphase, deren Takt derzeit in weiten Teilen von Chemotherapien im onkologischen Therapiezentrum in Siegen bestimmt wird.
„Chemopainting“ soll Krankheit den Schrecken nehmen
Aber auch hier hat sie schon ihre Art, mit der Erkrankung umzugehen, in „Eigeninitiative“ in die Hand genommen, denn noch während sie dem Zentrum ein großes Lob ausspricht („Die sind alle sehr liebevoll und bemühen sich um mich“), holt sie ein kleines Büchlein hervor, in dem sie griechische Gedichte verfasst und niedergeschrieben hat. Das Ganze ist (natürlich) mit zahlreichen „Mutmach“-Illustrationen versehen; ein weiteres Zeugnis vom ungebrochenen Lebensmut der 44-Jährigen. „Chemopainting“, diesen ebenso klangvollen wie vollkommen neuen Namen gab Nina Niederhausen der besonderen Art von Kunst, mit der sie der Krankheit nicht nur entgegentritt, sondern ihr gewissermaßen den Schrecken nimmt.
Den daraus erwachsenden Ansatz möchte sie auch gern an andere Erkrankte weitergeben: „Ich möchte den Menschen Mut machen, weil es mir Mut macht, dass ich etwas habe, um dem Alltag zu entfliehen. 90 Prozent des Tages denke ich gar nicht an den Krebs, es ist ganz wichtig, etwas zu haben, um dem Alltag zu entfliehen“, mit diesem Motto bestreitet sie ihren derzeitigen Lebensabschnitt, ohne dabei allerdings ihre weiteren Ziele aus den Augen zu verlieren, wovon eines die Ausstellung in Tampere ist, an der sie persönlich nicht teilnehmen wird, weil genau in diesen Zeitraum ihre letzten und strapaziösesten Chemotherapien erfolgen.
Der Krankheit immer einen Schritt voraus
Aber vielleicht genau deswegen richtet sie den Blick in die Zukunft: „Mein großes Ziel ist es, auf Kreta in Griechenland ein Haus zu erwerben und dort Workshops und Malreisen anzubieten“, sagt sie, und ihr Lebensgefährte, der selbstständige Logopäde Alexander Grindel, unterstützt sie dabei: „Sie ist der Krankheit immer einen Schritt voraus, sie weiß, was kommt, und versucht immer, das Heft selbst in die Hand zu nehmen“, sagt er und mit Blick auf ihre Wünsche und Träume fügt er an: „Wenn das hier vorbei ist, fahren wir gemeinsam dorthin, und sicherlich werden wir was Schönes finden.“