Ein besonders aufgebrachter Senior fluchte: „Das ist eine Schweinerei, was Amprion den Anwohnern antut! Wir werden verarscht von denen. Das dürfen wir uns nicht gefallen lassen.“ Straßenschäden, Gebäudeschäden und Lärm würden zwangsläufig mit den Plänen des Netzbetreibers einhergehen. Ortschef Stefan Kappes konstatierte: „Das kommt für uns alle sehr überraschend.“ Doch ein zweiter Anwohner wendete sofort ein, dass auf der Amprion-Internetseite schon seit Anfang des Jahres für jeden einsehbar gewesen sei, dass das „Härdtchen“ als Zuwegung vorgesehen ist. Es könne also nicht die Rede davon sein, dass das nun alles aus heiterem Himmel entschieden worden sei. Kappes verteidigte sich: Das stimme zwar alles, aber ihm sei zu diesem Zeitpunkt seitens Amprion versichert worden, dass man da noch eine andere Lösung finden wolle. Doch sei das nicht passiert.
Maik Köhler, Bürgermeister der VG Kirchen, bekundete hierzu: „Ich hab schon länger mit Amprion zu tun. Es gibt keinen Dialog, keine fairen Gespräche. Der Kontakt ist immer schwierig.“ Amprion habe die Bundes- und Landespolitik im Rücken – der Stromtrassenbau sei hochpriorisiert. „Aber das beeindruckt uns nicht: Wir setzen uns für die Leute vor Ort ein!“, so Köhlers Resümee.
„Die Schuldigen sind Amprion. Wir sind die Dummen“, waren sich die Anwohner des „Härdtchens“ am Mittwoch einig. Kappes vermerkte, dass er gemeinsam mit Stefan Strunk vom Bauamt der VG ein Gespräch mit zwei Amprion-Mitarbeitern geführt habe. Die hätten der Gemeinde versichert, dass man bereit dazu gewesen wäre, eine Zuwegung über die B 62 oder die Büdenholzer Straße einzurichten – doch stelle sich der Landesbetrieb Mobilität (LBM) in Bezug auf diese Alternativrouten quer. Kappes versicherte am Mittwochabend wieder und wieder: „Wir haben den LBM kontaktiert – und werden alles daransetzen, eine andere Lösung zu finden. Wir stehen zu 150 Prozent hinter den Anwohnern.“ Er merkte ferner an, dass er Amprion schon prophezeit habe, dass die Anwohner des „Härdtchens“ womöglich auf die Barrikaden gehen: „Was, wenn die Anwohner die Mistgabel und die Fackel zücken ...?“ Die Anlieger brachten am Mittwoch etliche Argumente gegen eine Nutzung des „Härdtchens“ als Zuwegung vor. „Das haben wir Amprion alles auch gesagt“, konnte Kappes darauf nur immer wieder antworten. Scheinbar hätten die Argumente bis dato aber noch nichts bewirken können. Doch könne man ja nun nicht hergehen, und „Blockaden mit brennenden Reifen“ aufstellen. Der wütende Senior sorgte darauf für den einzigen Lacher des Abends: „Die Gemeinde nicht ...“ Kappes versprach, dass er aber durchaus gewillt sei, rechtliche Schritte einzuleiten.
Im Rat wurde auch verkündet, dass der Ausbau der Austraße zwischen den Abzweigungen Richtung Büdenholzer Straße und Richtung Industriegebiet im Jahr 2021 beginne. Die Maßnahme werde sich zeitweise mit der Errichtung der drei Strommasten überschneiden, was die Verkehrslage weiter verkomplizieren könnte. Derzeit sei die Austraße eine Tempo-30-Zone, was auch nach dem Ausbau beibehalten werden soll.
Es gab aber auch erfreuliche Themen: Der Rat vergab zwei Aufträge, mit denen die Gemeinde dem Ziel eines eigenen Gemeindezentrums ein Stück näher kommt. Zudem bewilligte er dem Musikverein Lyra mindestens 3000 Euro für ihr Filmprojekt „Bey ohs daheem“. Weitere Gelder könnten aber später noch folgen.