Wettbewerb "Unser Dorf hat hat Zukunft" ist gestartet - Wir verraten, was die Teilnahme bringen kann
Blick in den Kreis Altenkirchen: Wie gut sind unsere Dörfer aufgestellt?
Bei der letzten Auflage des Wettbewerbs „Unser Dorf hat Zukunft“ erreichte Obererbach bei Altenkirchen – hier die Gärtnerskulptur in der Ortsmitte – 2018 im Landesentscheid einen geteilten zweiten Platz und damit die Auszeichnung Silber. Foto: Heinz-Günter Augst (Archiv)
Augst

Seit 21. Februar ist es für Kommunen wieder möglich, am Wettbewerb „Unser Dorf hat Zukunft“ teilzunehmen. Wir wollten von Olaf Riesner-Seifert, Dorfmoderationsbeauftragter beim Kreis wissen, was es den Ortsgemeinden eigentlich bringt, teilzunehmen.

Was ist der Hintergrund des Wettbewerbs, warum wird er veranstaltet?

Den „Dorfwettbewerb“ gibt es seit 1961, damals mit dem auch heute noch vielen geläufigen Titel „Unser Dorf soll schöner werden“. Ausgangspunkt war ebenfalls 1961 die Veröffentlichung der „Grünen Charta von der Mainau“, die erstmals auf die Probleme unserer Wirtschafts- und Lebensweise hinwies und Forderungen aufstellte zur gesunden Entwicklung von Wohn- Erholungs- und Freizeiträumen sowie zum Erhalt der Umwelt. Der neue Wettbewerb war somit die Antwort auf das Ende der grauen Nachkriegszeit und auf die beginnende Neuausrichtung der Gesellschaft, so auch der Dörfer. In vielen Dörfern existiert auch heute noch ein Dorfverschönerungsverein. Wesentlich am Wettbewerb war und ist, dass die Dörfer und ihre Bewohner selbst aktiv werden und selbst bestimmen, was und wie sie etwas zur Verbesserung ihrer Lebensbedingungen und ihres Dorfes unternehmen. Oberstes Gebot ist daher von Beginn an die Freiwilligkeit, natürlich auch getragen von der Einsicht und vom Verständnis für das Notwendige und das Wünschenswerte. So war zu Beginn das Ziel, die Dörfer und Anwesen zu verschönern. In diesem Rahmen wurden vornehmlich die Orte mit Grün- und Blumenschmuck ausstaffiert sowie die dörfliche Infrastruktur verbessert. Die Dörfer sollten dem Komfort in der Stadt nicht mehr nachstehen und somit der Abwanderung in die Städte entgegentreten.

Warum hat man den Wettbewerb umbenannt?

Spätestens mit dem Hinzukommen der Dörfer in den neuen Bundesländern wurde klar, dass die Schönheit der Dörfer nicht mehr (allein) im Mittelpunkt des Wettbewerbs stehen kann. Wenn die Dörfer eine Zukunft haben sollten, mussten sie ihren Bewohnern mehr bieten, um weiter attraktiv zu sein. So erhielt der Dorfwettbewerb 1998 den zusätzlichen Untertitel „Unser Dorf hat Zukunft“, der dann 2007 zum alleinigen Wettbewerbstitel wurde. Sein Ziel ist seither die Unterstützung einer ganzheitlichen und nachhaltigen Entwicklung der Dörfer im Sinne einer umfassenden Zukunftssicherung, getragen von breitem Bürgerengagement. Was dem aktuellen Titel allerdings fehlt, ist die motivierende Aufforderung, selbst aktiv zu werden, wie es bei dem „Unser Dorf soll schöner werden“ so ideal der Fall war. Deshalb sprechen wir im Kreis Altenkirchen auch lieber von „Wir machen unser Dorf fit für die Zukunft!“. Was jedes Dorf braucht, um für die eigene Zukunft fit zu sein, bestimmt es weiterhin selbst. Die Wettbewerbs-Kriterien sind dazu eine sehr gute Hilfe, neue Ideen und Projekte zu entwickeln. Dabei ist den Bewertungskommissionen schon klar, dass kein Dorf alle Kriterien erfüllen kann und sich jedem Dorf auch immer wieder neue Aufgaben und Herausforderungen stellen. Der Wettbewerb ist daher auch kein abschließender Präsentations-Wettbewerb, sondern ein fortlaufender Werkstatt-Wettbewerb. Teilnehmen sollen alle Dörfer, die an ihrer Zukunft arbeiten wollen und die sich dazu aktiv auf den Weg machen! Wichtig ist also, dass die Dörfer und ihre Bewohner als ersten Schritt die Herausforderungen in ihrem Dorf erkennen und erste Ideen für deren Lösung entwickeln. Allein damit kann man schon sehr gut am Wettbewerb teilnehmen.

Wie viele Orte im Kreis Altenkirchen beteiligen sich im Schnitt am Wettbewerb?

Fünf bis zehn Dörfer, allerdings waren 2018 auch einmal nur drei angemeldete Dörfer in den zwei Bewertungsklassen (Haupt- und Sonderklasse), so dass der Wettbewerb mangels ausreichender Teilnahme nicht stattgefunden hat. 2019 war dann aufgrund des Bundeswettbewerbs ohnehin kein Kreiswettbewerb und danach kamen Corona und die Ahrflut, so dass der Wettbewerb weitere drei Jahre nicht stattfand.

Ist die Beteiligung an solchen Wettbewerben gleichbleibend stark oder hat da die Bereitschaft in den vergangenen Jahren eher abgenommen?

In den 1990er-Jahren nahmen jährlich etwa 25 bis 30 Dörfer beim Kreiswettbewerb teil. Das Engagement für den Wettbewerb ist ebenso ein Spiegelbild der Gesellschaft und unserer Zeit, wie es die Vereine sind. In unserer zunehmend digitalen Welt werden aber reale Aktivitäten mit einem positiven echten Gemeinschaftserlebnis immer attraktiv bleiben und zunehmend attraktiv werden. Wir gehen daher davon aus, dass die Beteiligung am Wettbewerb künftig wieder ansteigen wird. Dafür spricht auch, dass jetzt alle Dörfer gemeinsam in einer Gruppe starten.

Wie nachhaltig sind die Ergebnisse, was bringt es einem Ort, an dem Wettbewerb teilzunehmen?

Der Wettbewerb „Unser Dorf hat Zukunft!“ ist sicher kein Allheilmittel, aber er ist eine ideale Möglichkeit, das freiwillige Engagement der Bürger im Dorf zu beleben und dabei wirklich einmal gemeinsam nach vorn zu schauen, was man zusammen angehen will, um auch in Zukunft weiter oder wieder gern im Dorf leben zu können. Schon allein durch die Beschäftigung mit den Kriterien der fünf Bewertungsbereiche kommen schon viele neue Ideen für das eigene Dorf. Gleichzeitig wird das miteinander im Dorf gestärkt und auch neue Aktive im Dorf gewonnen. Durch die Teilnahme werden entsprechend in vielen Dörfern kleine und große Projekte schneller entwickelt und konkret angefasst als in anderen Dörfern. Und zusätzlich bringt die Begehung neben dem Lob für das schon Erreichte und die Aktiven auch viele Anregungen und Tipps der Bewertungskommission.

Wie schwer ist es unter den derzeitigen Vorzeichen (weniger Bereitschaft zum Ehrenamt, Kommunalwahlen, allgemein demografischer Wandel) Teilnehmer für den Wettbewerb zu motivieren?

Natürlich ist die Teilnahme am Wettbewerb durch die Kommunalwahl am 9. Juni nicht ganz einfach. Aber es ist für den alten Rat auch eine schöne Möglichkeit, die Ergebnisse seiner langjährigen Arbeit zusammen mit den Aufgaben und Ideen für die Zukunft im Wettbewerb noch einmal zu präsentieren. Da die aktuellen Räte schlecht die Wettbewerbs-Teilnahme beschließen können, wenn der neue Rat das dann nach den Sommerferien machen muss, werden die Begehungen voraussichtlich in der 3. Maiwoche, das heißt vor den Pfingstferien und ausreichend vor der Wahl, stattfinden. Die Bewertungskommission weiß, dass das zeitlich für alle durchaus ehrgeizig ist und wird das bei der Bewertung bei allen Teilnehmern wohlwollend berücksichtigen. Also, das wird schon. Und die Dörfer, die auf Kreisebene gewinnen und in den Gebietsentscheid für das nördliche Rheinland-Pfalz gemeldet werden, haben dann ein Jahr Zeit bis zur nächsten Wettbewerbsrunde. Da kann man dann im Winter und Frühjahr in Ruhe auch intensiv an weitere Projekte und die Verbesserung/Erweiterung der Präsentation herangehen.

Wie lange betreuen Sie den Wettbewerb schon und was liegt Ihnen besonders am Herzen?

Ich habe die Betreuung des Wettbewerbs und die fachliche Beratung der Dörfer 1996 vom damaligen Kreisgartenbauberater Diethard Bahles übernommen und – wer mich kennt – bis heute mit viel Freude und Herzblut fortgesetzt. Besonders am Herzen liegt mir, dass die Dörfer und ihre Bewohner die Chance erkennen, die ihnen der Wettbewerb bietet, nämlich wirklich gemeinsam die Aufgaben und Herausforderungen für ihr Dorf und genauso auch für sie selbst anzugehen und dabei auch noch Freude und Erfolgserlebnisse zu haben. Ganz nach dem Motto von Friedrich Wilhelm Raiffeisen: „Was der einzelne nicht vermag, das vermögen viele!“ Genauso geht es: Ein Dorf, in dem viele aktiv sind und sich wohl fühlen, das ist fit für die Zukunft! Packen wir es gemeinsam an! Der erste Schritt ist die Anmeldung zum Dorfwettbewerb 2024. Denn: nur wer losgeht, kann ankommen.

Die Fragen stellte Sonja Roos

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