Von unserer Mitarbeiterin Verena Hallermann
Anlässlich der Gründung der Bürgerinitiative (BI) Wildenburger Land hatten Gehrke und die weiteren Initiatoren des neuen Bündnisses am Freitag zu einer Infoveranstaltung in die Mehrzweckhalle Friesenhagen eingeladen.
Die BI-Vertreter berichteten darüber, dass derzeit bis zu zwölf rund 200 Meter hohe Windkraftanlagen im Raum Steeg geplant seien. Weitere sechs Windräder könnten im Bereich Schönbach errichtet werden, von denen zwei auf Gemeindegebiet stehen würden. Hier liegt bereits ein Bauantrag vor. Ortsbürgermeister Norbert Klaes berichtete allerdings von einem Gespräch mit Dr. Reiner Huba, Projektleiter beim Windkraftbauer Altus AG (Karlsruhe). Dieser habe ihm mitgeteilt, dass vier Anlagen im Bereich Steeg wohl aus Artenschutzgründen wegfallen – in der voll besetzten Mehrzweckhalle wurde diese Nachricht mit Jubel und Beifall quittiert. Genau hier will die BI, die bereits rund 400 Mitglieder hat, in Kooperation mit den Nachbargemeinden ansetzen.
Neumann schießt gegen Lemke
Harsche Worte gegenüber der grünen Energiepolitik fand der ehemalige BUND-Landesvorsitzende Harry Neumann: „Die übertreffen sich doch da gegenseitig in ihrer Gier. Hier soll ein einzigartiges Landschaftsgebiet auf dem Altar einer fragwürdigen Energiewende geopfert werden.“ Das Wildenburger Land gelte im Landesentwicklungsplan als „Landesweit bedeutsamer Erholungs- und Erlebnisraum“, darüber hinaus seien einige Bereiche als Vogelschutz- oder FFH-Gebiete ausgewiesen. Neumann verwies vor allem auf die Mittelgebirgslandschaft, die naturbelassenen Wälder und die Lebensräume von Schwarzstorch, Rotmilan oder Wildkatze. Es drohe „eine Verwüstung unserer Landschaft, die durch eine grüne Administration noch bejubelt wird“, polterte Neumann, der gebürtig aus dem Wildenburger Land stammt. „Das ist monströs. Das ist einfach Lemke.“
Neumanns vehemente Kritik an der rheinland-pfälzischen Wirtschaftsministerin Eveline Lemke stützt sich vor allem auf den seitens der Politik geforderten stetigen Ausbau der Windkraft. Die Energie der mittlerweile 26 000 Windgiganten in Deutschland lasse sich, so Neumann, aber nicht speichern, weshalb weitere Anlagen nicht benötigt würden. „Mit Zähnen und Klauen werden wir uns verteidigen“, so Neumann, „das ist eine Subventionswende, keine Energiewende.“
Eine Energieversorgung ohne Atom- und Kohlekraftwerke ist unmöglich – so lautete die These von Ingenieur Dr. Detlef Ahlborn. Er legte einige Zahlen dar: Demnach lag der Anteil der Windkraft am Primärenergieverbrauch 2012 bei nur bei 1,2 Prozent. Spitzenreiter war das Mineralöl (33 Prozent), gefolgt von Erdgas (21 Prozent), Stein- und Braunkohle (24 Prozent) sowie Kernenergie (8 Prozent).
„WKA sind energetische Zwerge“
„Wenn wir die Windkraftanlagen (WKA) verdoppeln, bewirken wir damit gar nichts“, so Ahlborn, „das sind energetische Zwerge. Wer sagt, wir könnten mit Windkraft die Energieversorgung leisten, hat nichts verstanden.“ Ahlborn verweist in diesem Zusammenhang auf die Unwägbarkeiten durch Wetter und Windgeschwindigkeiten. Wind- wie auch Solarenergie seien keine sicheren Energielieferanten. Eine Abschaltung der Atom- und Kohlekraftwerke sei daher aus Sicht der Versorgungssicherheit unmöglich.
Als „Fels in der Brandung“ bezeichnet BI-Sprecher Gehrke Bürgermeister Klaes und den Friesenhagener Gemeinderat. Dieser hatte den Bau eines 145 Meter hohen Windmessmastes zwischen Rübengarten und Hohhäuschen per Ratsbeschluss verhindert. „Grund ist die Stimmung im Rat“, erklärt Klaes, „diese Planungen werden mehrheitlich vorsichtig bis skeptisch betrachtet.“ Gehrke ist zuversichtlich, dass die 400 Mitglieder zählende BI viel erreichen kann. Seiner Meinung nach liegt die Energiewende zunehmend in Bürgerhand. Er sieht Fotovoltaik, kleinere (Hof-) Windräder sowie Wasser- und Solarkraft als Lösung. „Ich bin gegen Atom-, Kohle- und Windenergie in dieser zerstörerischen Form“, so Gehrke, „wir müssen Debatten führen, was man sonst machen kann. Wir befinden uns an einem Wendepunkt. Die globale Zivilisation muss neu entdeckt werden.“
Z Am Freitag, 4. September, findet um 19.30 Uhr im Bürgerhaus Steeg eine Infoveranstaltung mit dem Thema „Gesundheitliche Aspekte der Großwindanlagen“ statt.