Neun Listen wollen in den Kreistag Altenkirchen einziehen - Schwerpunktthema heute: Bildung und Betreuung
Bewerbern auf den Zahn gefühlt: Sind Schulen und Kitas im Kreis Altenkirchen noch bezahlbar?
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Schule und Kitas
Markus Eschenauer

Kreis Altenkirchen. Neun Parteien beziehungsweise Wählergruppen treten bei der Kommunalwahl an, um in den Kreistag Altenkirchen einzuziehen. Aber wie stehen die Bewerber zu den Themen, die die Menschen in der Region bewegen? Wir haben nachgehört und stellen jeweils sieben Antworten auf sieben Fragen gegenüber.

Lesezeit 7 Minuten

Die hohe Bedeutung von guter Bildung und Kinderbetreuung steht außer Frage. Doch Kitas und Schulen kosten viel Geld, auch wegen wachsenden Standards und geänderter Rechtsansprüche. Doch wo kommt das her?

1 CDU: Der Kreis ist für die Gebäude zuständig und das Land für die Lehrkräfte. Allein im Jahr 2023 haben wir 9 Millionen Euro in Schulgebäude investiert. Der Kreis Altenkirchen ist seiner Verpflichtung, die Schulgebäude in Ordnung zu halten, immer kontinuierlich nachgekommen. Unsere Schulen sind in einem guten Zustand. Die CDU wird auch in Zukunft dafür sorgen, dass notwendige Sanierungen und Baumaßnahmen erfolgen. Hier wird nicht gespart. Es sind Investitionen in die Zukunft.

Den hohen Stundenausfall an unseren Schulen hat allein das Land zu verantworten. Es ist endlich an der Zeit, dass das Land seinen Verpflichtungen nachkommt, wie der Kreis Altenkirchen dies tut.

Wir fordern eine deutlich höhere Beteiligung des Landes an den Kosten für Investitionen, Betriebs- und Personalkosten der Kinderbetreuungsangebote. Unsere Kommunen dürfen mit den Folgen des Kita-Zukunftsgesetzes nicht allein gelassen werden.

2 SPD: Einwohnerzuwachs, Berufstätigkeit der Eltern in Zeiten des Fachkräftemangels sowie der vom Bund geschaffene Rechtsanspruch ab dem ersten Lebensjahr haben dazu geführt, dass mehr Kinder in die Kitas gehen. Immer mehr bleiben über Mittag oder sind ganztägig zu betreuen. Mehr Raumbedarf für Ruheräume, Küchen oder das gemeinsame Mittagessen ist die Folge. Das Land fördert zusätzliche Plätze sowie aktuell auch Erweiterungen mit einem 40-Millionen-Euro-Sonderprogramm. Der Kreis fördert die Baumaßnahmen mit 40 Prozent der zuwendungsfähigen Kosten. Im Kreishaushalt wurden vorausschauend mehr Mittel eingeplant. Für die dauerhafte Finanzierung sind Kreis und örtliche Träger weiterhin auf staatliche Förderung und auskömmlichen Finanzausgleich angewiesen.

Der ab 2026 bundesgesetzlich geltende Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung an Grundschulen ist dankenswerterweise für die erforderlichen ersten Baumaßnahmen mit 70 Prozent staatlicher Förderung hinterlegt. Das Kreisjugendamt hat in guter Zusammenarbeit mit den Schulträgern einen Maßnahmenplan erstellt und dem Bildungsministerium gemeldet. Kindertagesstätten und Schulen bleiben eine wichtige und gemeinsame Aufgabe.

3 Grüne: Gute wohnortnahe Kitas und Schulen sind unerlässlich. Eine Sparpolitik, trotz der neuen gesetzlichen Vorgaben, zum Beispiel bei der Ganztagsbetreuung und dem neuen Kita-Gesetz, wäre völlig verfehlt, auch wenn die Haushaltslage schwierig ist. Gleichwohl gilt: Eine auskömmliche Finanzierung durch Bund und Land über Finanzausgleiche oder gezielte Förderungen ist einzufordern. Zu einem guten Lernumfeld gehören gute Schulbauten, kreativ gestaltete Schulhöfe und eine forcierte konsequente Digitalisierung. Das vielfältige Bildungsangebot im Kreis muss erhalten bleiben. Wir treten ein für den Erhalt der Schulen und Kitas. Schulen sind ein Ort des sozialen Zusammenlebens und der Integration. Das wollen wir fördern mit einer Stärkung der Schulsozialarbeit. Wir unterstützen einen flächendeckenden ÖPNV, möglichst mit preiswerten Kinder- und Jugendtarifen. Außerdem unterstützen wir alle Bemühungen, Jugendlichen eine kommunale Vertretung zu ermöglichen.

4 FWG: Die steigenden Kosten für Kitas und Schulen aufgrund neuer gesetzlicher Vorgaben stellen eine Herausforderung dar, die der Kreis angehen muss, um weiterhin qualitativ hochwertige Bildungsdienstleistungen zu gewährleisten. Es muss sichergestellt bleiben, dass zusätzliche Finanzmittel durch staatliche Unterstützung, Förderprogramme, Zuschüsse und andere finanzielle Ressourcen beschafft werden. Um die Effizienz zu steigern und Ressourcen zu schonen, sind interne Prozesse zu überprüfen und zu optimieren. Dies könnte die Konsolidierung von Verwaltungsaufgaben und die Suche nach Einsparpotenzialen umfassen. Der Kreis sollte in Programme investieren, die früh-zeitig auf Bildungsbedürfnisse eingehen, und präventive Maßnahmen zur Vermeidung von späteren Kosten treffen. Dies könnte die Förderung von frühkindlicher Bildung und die Unterstützung benachteiligter Schüler umfassen. Es könnten öffentlich-private Partnerschaften eingegangen werden, um die Finanzierung, Planung und Durchführung von Bildungsprojekten zu erleichtern. Durch eine Kombination dieser Maßnahmen kann der Kreis dazu beitragen, die steigenden Kosten für Kitas und Schulen zu bewältigen und sicherzustellen, dass Bildung für alle Kinder und Jugendlichen zugänglich und von hoher Qualität bleibt.

5 FDP: Es gibt keine politische Kraft in Deutschland, die nicht immer wieder beteuert wie wichtig Bildung ist. Für die bundesweite Qualitätsentwicklung in der Kindertagesbetreuung stellte der Bund Fördermittel in Höhe von 5,5 Milliarden Euro im Zeitraum von 2019 bis 2022 zur Verfügung. Die Länder nutzen die Bundesmittel in hohem Umfang, um die Beitragsfreiheit auszuweiten, statt, wie angedacht, die Betreuungsqualität unter anderem durch eine verbesserte Fachkraft-Kind-Relation oder die Gewinnung von qualifizierten Fachkräften zu erhöhen. Die flächendeckende Beitragsfreiheit an sich bleibt ein wünschenswertes Ziel, jedoch erst als allerletzter Schritt, der erst gegangen werden sollte, wenn die qualitativen Mängel im deutschen Kindertagesbetreuungssystem beseitigt wurden. Beitragsfreiheit für Eltern mit geringem Einkommen, aber alle anderen sollten ihren finanziellen Anteil selbst tragen.

Die Integration neu zugewanderter Kinder stellt am Brennpunkt Stadt Betzdorf absehbar ein weiteres Problem dar. Kindergartengruppen mit 80 Prozent Anteil nichtdeutscher Herkunft kommen in den nächsten Jahren in die Grundschulen und benötigen erhebliche soziale und sprachliche Unterstützung. Bei einer Klassenstärke von 20 Kindern gibt es dann noch vier Kinder deutscher Herkunft, hier müssen neue Konzepte greifen, um das gerecht zu bewältigen.

Unser Schulsystem und Angebot im Kreis ist flächendeckend gut. Es wird nach wie vor erheblich in den Unterhalt und auch in Erweiterungen oder Neubauten investiert. Hier darf auch nicht nachgelassen werden. Die Investitionen des Kreises kommen ja direkt auch den Kommunen zugute, die wiederum durch die Kreisumlage finanziell beteiligt sind.

6 Linke: Bereits jetzt trägt der Kreis Altenkirchen erhebliche Kosten im Bereich der Kindertagesstätten. Die Zuschüsse, die das Land Rheinland-Pfalz zahlt, decken jedoch bei Weitem nicht die notwendigen Kosten. Die Schulen in der Trägerschaft des Kreises müssen unterhalten und teilweise saniert werden, da sie teilweise nicht mehr den heutigen Anforderungen genügen. Hierfür müssen erhebliche finanzielle Mittel aufgebracht werden. Die Mittel werden aus dem Kreishaushalt, Zuschüssen des Landes und eventuell durch Kreditaufnahme finanziert.

7 AfD: Die Missachtung des Konnexitätsprinzips („Wer bestellt, zahlt!“) durch den Bund und die Länder belastet die Kommunen über alle Gebühr. Dies stellen wir nicht nur in der Asylpolitik, sondern auch in der Familien- und Bildungspolitik fest. Tatsächliche oder vermeintliche soziale Wohltaten, mit denen sich Bund und Länder rühmen, gehen zulasten der Kommunen.

Insbesondere der Rechtsanspruch auf einen Kitaplatz hat die Kommunen als Träger und Zuschussgeber vor große finanzielle und personelle Probleme gestellt, die angesichts der ohnehin schwierigen Haushaltslage der Kommunen nicht mehr zu stemmen sind. Daher fordern wir die Einhaltung des Konnexitätsprinzips. Der Bund und die Länder haben die Kommunen finanziell und personell angemessen auszustatten, sodass sie die an sie übertragenen Aufgaben wahrnehmen können. Darüber hinaus hat die ausufernde Umweltpolitik von Bundes- und Landesregierung dazu geführt, dass der Bau und die Sanierung von Immobilien sehr teuer geworden sind. Darunter leiden nicht nur die privaten Bauherren, sondern auch die öffentlichen Bauherren. Deshalb fordern wir die Bundes- und Landesregierung auf, wieder zu einer Umweltpolitik mit Mitte und Maß zurückzukehren.

8 Volt: Zunächst möchten wir allen Erzieher/innen und Lehrer/innen unseren aufrichtigen Dank für ihre Arbeit und Leidenschaft, die sie täglich in ihrem Beruf aufbringen, aussprechen. Mit der Einführung der Betreuungspflicht im Jahr 2026 stehen uns finanziell und personell enorme Herausforderungen bevor. Um diesen gerecht zu werden, müssen wir mit verschiedenen Trägern, Vermietern und anderen Beteiligten in Verhandlungen treten und zusätzliche Partner einbinden. Als Sofortmaßnahme sehen wir die Möglichkeit, EU-Mittel zu beantragen, zum Beispiel aus dem Early childhood education and care Budget und dem European Education Area – diese bieten schnelle und nachhaltige Finanzierungshilfe. Es ist entscheidend, dass bestimmte Dinge nicht geschehen: Keine Kindertagesstätte oder Schule darf geschlossen werden, ohne dass ein adäquater oder besserer Ersatz geschaffen wurde.

Die Kosten für Eltern dürfen nicht steigen, und es darf keine Verschlechterung der Arbeitsbedingungen für das Personal in Kitas oder Schulen geben. Wir müssen bestimmte Faktoren neu kalkulieren und den Ergebnissen folgen, sei es durch den Erwerb von Immobilien anstelle von Mieten oder die eigenständige Instandsetzung, um kosteneffiziente Optionen zu nutzen. Die Erweiterung des ehrenamtlichen Engagements, die Annahme überregionaler Hilfsangebote und eine verbesserte Vernetzung untereinander sind wichtige Schritte.

Bei der Haushaltsführung im gesamten Kreis müssen wir Einsparpotenziale identifizieren, dabei jedoch stets darauf achten, unsere Kinder zu schützen und eine sichere, gesunde, nachhaltige und gemeinschaftliche Umgebung für sie zu schaffen und zu erhalten.

9 Wählergruppe Käppele: Die Förderung von Erziehung und Bildung unserer Kinder ist eine wesentliche Investition in die Zukunft. Schulen und Kitas müssen weiter unterstützt werden, vielleicht sogar besser als bisher. Auch wenn die Haushaltslage des Kreises hier keine großen Spielräume freigibt, ist genau zu prüfen, ob auch wirklich alle öffentlichen Fördermittel genutzt werden. In vielen Bereichen gibt es Förderprogramme durch den Bund, die aufgrund hoher bürokratischer Hürden nicht genutzt werden, zum Beispiel im Bereich digitaler Ausbau. Hier muss den Schulen mehr Unterstützung angeboten werden.

Um echte Chancengleichheit zu ermöglichen, setzen wir uns für einen Ausbau von Ganztagsbetreuungsmöglichkeiten durch pädagogisches Fachpersonal ein. Insbesondere um Kindern mit verschiedenen sozialen Hintergründen gleiche Bildungsmöglichkeiten zu geben, ist ein Ausbau der Sprachförderung und der Lese- und Rechenkompetenz wichtig. Wir sehen daher eine Umschichtung von Geldern – von Anschaffungen für digitales Equipment für Kitas und Grundschulen hin zu mehr päda-gogischer Betreuung – für einen zu diskutierenden Ansatzpunkt.

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