Der bekannte Elefant im Raum wurde fast eineinhalb Stunden lang mit keiner Silbe angesprochen. Zwar wurde Stadtbürgermeister Benjamin Geldsetzer (SPD) am Ende der jüngsten Sitzung des Stadtrats Betzdorf nicht konkret, aber jeder im Saal wusste, was und wer gemeint war. Einerseits betonte er die aus seiner Sicht sehr gute Zusammenarbeit im Stadtrat. Ältestenrat und den Ausschüssen. Trotz intensiver Diskussionen im Vorfeld seien die meisten Beschlüsse einstimmig.
Geldsetzer: Lebenswerk von Brato wird beschädigt
Doch sogleich folgte auch schon die kaum kaschierte Kritik: „Ich bekomme das in anderen Räten mit, wie da Menschen und ihre Lebenswerke beschädigt werden.“ Natürlich war Bernd Brato gemeint, dessen Amtszeit sich dem Ende zuneigt. Er steht seit Monaten massiv unter Druck. Erst Ende September trat sein Büroleiter, Christoph Weber, als Geschäftsführer des Molzbergbads zurück, nachdem der Verbandsgemeinderat Kirchen dies nach dem Bekanntwerden von Unregelmäßigkeiten kurz zuvor in nicht-öffentlicher Sitzung einstimmig gefordert hatte. Die Nachbarkommune ist wie die Verbandsgemeinde Betzdorf-Gebhardshain zur Hälfte Gesellschafterin des Bads..
Zwischenzeitlich erlangte der Fall eines Betzdorfer Beamten, der fünf Jahre im Homeoffice bei vollen Bezügen fürs Nichtstun bezahlt worden sein soll, sogar bundesweite Bekanntheit. Brato sah sich zuletzt gezwungen, sich zu den Vorwürfen zu äußern. In seinem Statement schob er dem Ersten Beigeordneten Joachim Brenner eine Teilschuld zu.
Geldsetzer, der auch SPD-Fraktionssprecher im VG-Rat ist, schlug im Nachgang in die gleiche Kerbe. Das Fass war für die Fraktionen von CDU und die FWG endgültig übergelaufen, das Vertrauensverhältnis zu Brato vollends zerstört. Klar ist: Auf der Verbandsgmeinderatssitzug einen Tag später ging es weit lebender zu (Bericht folgt) als im Stadtrat. Was nicht bedeutet, dass es an Themen von Relevanz für die Region mangelte.
Hospiz nur Anfang: Kloster Marienstatt vor weitreichenden Veränderungen
Zu den getroffenen Beschlüssen gehörte auch die Aufstellung eines Bebauungsplans für das Kloster Bruche. Bekanntlich hat die Ordensgemeinschaft der Missionare von der heiligen Familie ihr Domizil verlassen. Seit Januar 2022 ist die Diakonie in Südwestfalen Eigentümer der Gebäude, Wege, Wiesen und Friedhofes und hat im April ein Hospiz eingerichtet. Dabei soll es nicht bleiben: Gemeinsam mit der Ökumenischen Sozialstation Betzdorf-Kirchen soll eine Pflegeeinrichtung entstehen, die die Aufgaben des ambulanten Pflegedienstes für den Raum Betzdorf sowie einen Tagestreff, eine Kurzzeitpflege und ein Pflegehotel umfassen, wie es in der Sitzungsvorlage steht.
Doch die Pläne des neuen Besitzers gehen noch weiter: Das Hospiz soll in ein neu zu errichtendes Gebäude verlagert werden. Außerdem soll ein neues Senioren- und Pflegeheim gebaut werden. Die bestehende Kapelle am Hauptgebäude soll als Raum der Stille, der Besinnung, des Gebets und auch für Gottesdienste erhalten bleiben. Damit das Vorhaben und die dazugehörige Planungen realisiert werden können, muss der Stadtrat die Bebauung verbindlich regeln.
Grüne Idylle soll erhalten bleiben
Daneben müssen noch Nachbargemeinden, Behörden und sonstige Träger öffentlicher Belange gehört werden. Dies hat der Stadtrat nun auf der Sitzung mit dem Beschluss der frühzeitigen Öffentlichkeitsbeteiligung in die Wege geleitet. Wie Planer Volker von Weschpfennig dem Rat erklärte, werde bei den Maßnahmen nach intensiver Rücksprache mit der Kreisverwaltung darauf geachtet, die „ökologische Wertigkeit“ so weit wie möglich zu erhalten. Denn wie Kenner des Geländes wissen: Das Gelände ist von viel Grün geprägt, inklusive einer Streuobstwiese.
So sollen laut von Weschpfennig etwa Fällungen von Bäumen auf ein Mindestmaß reduziert werden. Ganz vermeiden lassen sich Rodungen zumindest in einem Bereich allerdings nicht, wie der Ingenieur einräumte. Doch bleibe eben auch ein großzügiger Grüngürtel erhalten. Eine Diskussion hat dieses Thema wie auch die weiteren auf der Stadtratssitzung nicht entfacht. Doch im gleichen Ratssaal könnte die Stimmung einen Tag später eine ganz andere sein.