Insbesondere die Christdemokraten nehmen es dem SPD-Politiker übel, dass er in seiner Erklärung den Ersten Beigeordneten Joachim Brenner namentlich erwähnt, der 18 Monate lang die Amtsgeschäfte geführt habe. Die RZ hat Reaktionen gesammelt.
Das sagt die CDU
„Das früher existierende Vertrauensverhältnis zum Bürgermeister von mir als Person und von der als Fraktion ist restlos zerstört“, betont Fraktionssprecher Bernd Mockenhaupt. Der Bürgermeister weise in seiner Erklärung auf den Schutz der Persönlichkeitsrechte und seine Fürsorgeverpflichtung gegenüber jedem Einzelnen hin. „Dieser Schutz und diese Fürsorgeverpflichtung gelten ganz offensichtlich nicht dem Beigeordneten Joachim Brenner, der bewusst ganz gezielt als einzige Person in der Erklärung namentlich erwähnt wird“, so der Christdemokrat.
Es bleibe der Eindruck, dass hier gezielt ein in der Abwesenheit des Bürgermeisters ehrenamtlich tätiger Beigeordneter im Hinblick auf die nächsten Kommunalwahlen beschädigt werden solle.
Der Bürgermeister, so Mockenhaupt, habe in der Vergangenheit mehr als einmal deutlich gemacht, dass aus seiner Sicht der Büroleiter Christoph Weber für ihn in der Zeit seiner Abwesenheit die Verwaltung zumindest nach innen geleitet habe. Der Fraktionssprecher verweist auf einen RZ-Artikel vom 13. Januar 2022: „Darin gibt der Bürgermeister an, sich regelmäßig mit den Beigeordneten und dem Büroleiter Christoph Weber ausgetauscht zu haben. In diesem Artikel gehört Christoph Weber neben Ehefrau und Sekretärin zum Triumvirat des Bürgermeisters, Joachim Brenner als Stellvertreter des Bürgermeisters wird im ganzen Artikel nicht einmal namentlich erwähnt.“ Umso unverschämter sei nun der Hinweis in der Erklärung auf Joachim Brenner. Von Auswirkungen auf das laufende Prüfverfahren geht Mockenhaupt nach Bratos Stellungnahme nicht aus: „Die Kommunalaufsicht prüft unabhängig“, betont er.
Das sagt die SPD
„Spätestens nach der reißerischen Berichterstattung in der Boulevardpresse war eine Einlassung durch Bernd Brato erforderlich“, sagt SPD-Fraktionssprecher Benjamin Geldsetzer. Dem Eindruck, der vermittelt worden sei, dass Bürgermeister Brato einem Spezi aus Gefälligkeit auf rechtswidrige Weise fünf arbeitsfreie Jahre beschert hätte, müsse vehement widersprochen werden. Die Fragestellung ist für Geldsetzer vielmehr, ob Bernd Brato in einer schwierigen Situation die nötige beamten- und disziplinarrechtliche Härte habe vermissen lassen. „Dabei ist auch zu prüfen, inwieweit der Vorgang durch die Fusion der beiden Verbandsgemeinden und die damit verbundenen Übergangsregelungen und schwierigen Umstände verursacht oder begünstigt worden ist“, so der Sozialdemokrat.
Das Prüfverfahren durch die Kommunalaufsicht stellt Geldsetzer nicht infrage. „Dass hier etwas nicht gut gelaufen ist, kann man nicht bestreiten oder schönreden. Damit ist auch zu konstatieren, dass die Prüfung durch die Kommunalaufsicht ihre Veranlassung hatte und hat. Dafür ist sie schließlich da. Man vertraue hier auf deren Objektivität.
Auf die Frage, ob die Einlassung Bratos auf kommunalpolitischer Ebene eher Wogen glätte oder Gräben aufreiße, findet Geldsetzer eine klare Antwort: „Die Einigkeit im VG-Rat ist spätestens seit dem Streit um die Einführung der Funktion eines hauptamtlichen Beigeordneten nicht gerade beispielhaft, um es zurückhaltend auszudrücken. Insofern: Gräben gibt es, das ist offensichtlich. Inwieweit andere Verantwortliche, angefangen bei dem in Rede stehenden Beamten selbst, zur Entstehung oder Verlängerung der schädlichen Situation beigetragen haben, wird sicher auch in die Prüfung durch die Kommunalaufsicht einzubeziehen sein“, argumentiert er.
Geldsetzer hält es aber für geboten, zwischen der Beurteilung des Vorgangs in der Sache und der Person Bernd Brato zu differenzieren. „Bernd Brato hat in einer wegen der politischen Mehrheitsverhältnisse in den Gremien sehr anspruchsvollen Situation insgesamt die neue Verbandsgemeinde erfolgreich an den Start gebracht. Er ist ein Mann von Weitsicht und Tatkraft, der immer versucht hat, Führung und Zusammenarbeit in seiner Behörde im Interesse der Bürgerinnen und Bürger sowie der Mitarbeitenden zu organisieren“, argumentiert der Fraktionssprecher. Der jüngste Erfolg in Sachen Breitbandversorgung sei ein gutes Beispiel für sein segensreiches Wirken in der Verbandsgemeinde.
Brato habe einen fairen Umgang ohne Vorverurteilung redlich verdient. „Dass er in schicksalhafter Weise vor drei Jahren von einer lebensbedrohlichen Krankheit ereilt wurde, spielt zumindest bei der Fortdauer der disziplinarrechtlich relevanten Abwesenheit des in Rede stehenden Beamten eine Rolle“, so der SPD-Mann weiter. Dass dieser seit 2022 wieder seinem Amtseid der „vollen Hingabepflicht“ gerecht werde, sollte für Geldsetzer zumindest ein kleines Gewicht bei der Gesamtbeurteilung des Falles darstellen.
Das sagt die FWG
Deutlicher härter geht Fraktionssprecher Peter Schwan mit dem Bürgermeister ins Gericht. „Es grenzt schon an ein hohes Maß an Uneinsichtigkeit und Anmaßung, mit dieser Stellungnahme nun zu versuchen, die alleine von Bürgermeister Bernd Brato im Januar 2017 ganz offensichtlich falsch getroffene Personalentscheidung, in die Verantwortung des Mitte 2020 noch ehrenamtlichen Ersten Beigeordneten der Verbandsgemeinde zu übertragen“, sagt er auf RZ-Anfrage. Und Schwan geht noch weiter und fordert, die politischen Karten neu zu mischen: „Die Zeit, wo man Wogen noch hätte glätten können, dürfte zwischenzeitlich abgelaufen sein. Wenn gewählte, ehrenamtlich tätige Ratsmitglieder mit Unwahrheiten konfrontiert werden, reißt dies Gräben auf, die aus Sicht der FWG-Fraktion nur mit einem Neuanfang zu schließen sind“, wird er deutlich.
Schwan geht davon aus, dass die vorgebrachte Stellungnahme inhaltlich vermutlich schon in das laufende Prüfverfahren eingeflossen sein dürfte. „Spekulationen auf mögliche Auswirkungen sind hier aber vollkommen fehl am Platz. Von daher bleibt das Ergebnis der Aufsichtsbehörde abzuwarten“, so der FWG-Mann abschließend.
Das sagt Bündnis 90/Die Grünen
Deutlich zurückhaltender fällt die Reaktion der Grünen aus: „Die Medienberichterstattung schlägt zur Zeit hohe Wellen. Wir, Bündnis90/Die Grünen im Verbandsgemeinderat Betzdorf-Gebhardshain, sind auf das Ergebnis der Prüfung durch die Kommunalaufsicht angewiesen, um letztlich zu einer fundierten und rechtssicheren Bewertung zu kommen“, so Fraktionssprecherin Christel Mies. An Spekulationen werde man sich nicht beteiligen, man halte eine transparente und umfassende Aufklärung für zwingend erforderlich. „Sollte ein Fehlverhalten der Verantwortlichen vorliegen, so ist dies ebenfalls offen und ehrlich darzustellen. Über mögliche Folgen kann erst nach Abschluss des Verfahrens durch die Kommunalaufsicht entschieden werden“, so die Grünen-Politikerin.
Das sagt die FDP
„Zu unserem Erstaunen wird ein laufendes Verfahren hier aktuell auf eine große, mediale Bühne gezerrt“, kommentiert Joscha Mockenhaupt, Fraktionssprecher der Liberalen. Die Stellungnahme von Bürgermeister Brato scheint seiner Ansicht nach kaum weiterführend und wenig aufklärend. Es sei unschwer zu erkennen, dass auf die eigentliche Thematik wenig bis nicht eingegangen werde.
„Wir möchten die weitere Aufklärung des Sachverhaltes im laufenden Verfahren abwarten, bevor es hier möglicherweise vorschnell zu einer Meinungsbildung kommt“, bittet Mockenhaupt um Verständnis. Die aktuelle Berichterstattung in der Boulevardpresse trage dazu nicht unbedingt bei. Und das spiegele „in keinster Weise unsere politische Machart wider“.
Es stünden für verschiedene Personengruppen und ganze Verwaltungsorgane schwerwiegende Vorwürfe im Raum, zur abschließenden Meinungsbildung sollte jedoch der weitere Verlauf des Ermittlungsverfahrens der Kommunalaufsicht und dessen Ergebnisse abgewartet werden, so Mockenhaupt weiter.
Das sagt die Linkspartei
„Ich habe schon vor drei Jahren Herrn Bürgermeister Brato nach seinen Beweggründen für die Freistellung des Beamten gefragt, habe nur die knappe Antwort erhalten, das habe soziale Gründe“, so Manfred Wolter. Doch der Linkenpolitiker spannt den Bogen noch weiter: „Die Vielzahl der Merkwürdigkeiten um den Bürgermeister, beginnend bei der Beförderung einer nahen Verwandten über die Unmenge an Überstunden des Büroleiters Christoph Weber und die bekannten Modalitäten in Bezug auf die Abrechnungen des Herrn Weber zum Molzbergbad, halte ich für eine bedenkenswerte Anhäufung von merkwürdigen Vorfällen“, so seine Einschätzung.
Die Einbeziehung des Ersten Beigeordneten Joachim Brenner in die Angelegenheit nennt Wolter „mehr als fragwürdig“, da die „Beurlaubung“ des Beamten ja nicht erst während der krankheitsbedingten Abwesenheit des Bürgermeisters begann, sondern schon weit vorher. „Ich frage mich, wie bei einer solchen Argumentation seitens des Herrn Brato, eine vertrauensvolle Zusammenarbeit zwischen dem Bürgermeister und dem Beigeordneten Joachim Brenner gelingen soll“, resümiert der Linkenpolitiker.