Aus Erbfeinden wurden Freunde
Betzdorf: Decize-Partnerschaft überdauert Jahrzehnte
Alle Augen und Ohren sind auf Annette Schnabel gerichtet, als sie neben den Städtebürgermeistern Johannes Behner und Justine Guyot ihren persönlichen Bezug zur Städtepartnerschaft herausstellt.
Daniel-D. Pirker

Keine Selbstverständlichkeit in diesen Zeiten: Betzdorf feiert zusammen mit der französischen Partnerstadt Decize 60 Jahre Freundschaft. Auf der Feier in der Stadthalle wurde klar: Das Wort Erbfeind ist längst aus den Köpfen verschwunden. 

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Spätestens jetzt sind alle Augen auf die Bühne gerichtet in der voll besetzten Betzdorfer Stadthalle. Am Rednerpult steht Annette Schnabel. Zusammen mit ihrem Mann ist die 85-Jährige extra aus dem Taunus an die Sieg gereist. Die beiden stehen an diesem Abend im Mittelpunkt dieser Zusammenkunft von historischer Bedeutung. Die Städte Betzdorf und Decize feiern 60 Jahre Partnerschaft. Mit Ausnahmen besuchen die Gäste aus dem 5400-Seelen-Ort an der Loire die deutschen Freunde alle zwei Jahre – und umgekehrt. Dieses Jahr sind 74 Gäste aus Frankreich angereist. Und das wird an diesem Abend ebenfalls deutlich: Sorgen über einen Fortbestand dieser Partnerschaft muss man sich nicht machen. Damit setzen diejenigen, die die Freundschaft am Leben halten, auch ein Zeichen in Zeiten von weltweiten Konflikten. 

So unterstreicht Stadtbürgermeister Johannes Behner, dass die Freundschaft zwischen Betzdorf und Decize zeige, wie wichtig es sei, den Dialog auf beiden Seiten zu fördern. „Besonders in Zeiten der Herausforderungen hat uns die Partnerschaft gezeigt, wie sehr wir von ihr profitieren.“ Die Freundschaft basiere auf gegenseitigen Respekt, Verständnis und gemeinsamen Werten. „Das ist in der heutigen Zeit sicherlich nicht mehr selbstverständlich.“

Bunter Abend der grenzübergreifenden Freundschaft. Über 70 Gäste aus Decize sind nach Betzdorf gereist, um das 60-jährige Bestehen der Städtepartnerschaft zu feiern.
Daniel-D. Pirker

In den vergangenen 60 Jahren habe man gemeinsam viele Projekte realisiert, Austauschprogramme durchgeführt und Feste gefeiert, „die unsere Gemeinschaft näher zusammengebracht haben“. In die gleiche Kerbe schlug Behners Amtskollegen Justine Guyot: „In einer Welt, in der Spannungen anhalten, nehmen die gemeinsamen Werte eine besondere Bedeutung ein. Mehr als je zuvor ist es wesentlich, das gegenseitige Verständnis zu fördern.“ 

Und dafür sind wiederum Personen notwendig, die die Partnerschaft am Leben halten. Ihnen wird gesondert auf der Bühne gedankt, allen voran etwa Oliver Brato, dem Vorsitzenden des Fördervereins der Feuerwehr. „Wir wissen, dass du für die Stadt unverzichtbar bist”, betont Stadtbürgermeister Behner, um zu ergänzen: „Aber für die Städtepartnerschaft eben auch.“

Das diesjährige Geschenk Betzdorfs an Decize symbolisiert das seit Jahrzehnten bestehende Band der Freundschaft zwischen den Städten.
Daniel-D. Pirker

Die Feuerwehr ist seit Langem ein wichtiger Faktor für den Fortbestand der Freundschaft zwischen Betzdorf und Decize. Und das gilt ebenfalls für den Budo-Club Betzdorf, der erneut die größte Delegation stellt und auf der Bühne von einem Veteranen der Partnerschaft, Johnny Höhmann, vertreten wird. Doch 1965, als die Freundschaft in Decize begründet wurde, war er selbst noch nicht geboren. Annette Schnabel hingegen erlebte die Geburt der Partnerschaft nicht nur hautnah mit, sondern legte die Grundsteine mit. Damals war sie als junge Frau in Decize Assistentin für deutsche Sprache in der Erwachsenenbildung. 

Als sie die Nachricht bekam, dass ihr Wirkungsfeld Decize und nicht Paris sei, sei sie bitter enttäuscht gewesen, erinnert sie sich am Rednerpult in französischer Sprache. „Aber nach einem Jahr in Decize habe ich dem lieben Gott gedankt.“

Die Vertreter des Jugendstadtrats von Decize als Garanten für den Fortbestand der Städtepartnerschaft: Die jungen Franzosen übergaben Stadtbürgermeister Johannes Behner ein Baum-Deko-Element, das die wachsende Freundschaft zwischen den Städten repräsentiert.
Daniel-D. Pirker

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