Es gilt, das neue Grundsatzprogramm der Bevölkerung und der Parteibasis zu verkaufen, den CDU-Kandidaten im Europa- und Kommunalwahlkampf den Rücken zu stärken und gleichzeitig aufzuzeigen, was eine von der Union geführte Bundesregierung besser machen würde. Zumindest anhand der Reaktionen der rund 200 Besucher im vollen Veranstaltungssaal lässt sich schlussfolgern: Mission geglückt.
Der Ort der Veranstaltung passt zum Gast und dem Thema seiner Rede: „Eine Wirtschaft, die Wohlstand schafft.“ Denn das ehemalige Hotel Sonnehof steht beispielhaft dafür, wie wirtschaftlicher Wandel gestaltet werden kann. Das Software-Unternehmen Hottgenroth hat das Gebäude übernommen. Die Programme der IT-Firma werden zum Beispiel deutschlandweit von Schornsteinfegern eingesetzt.
Mehr Eigenverantwortung des Einzelnen
Insbesondere solche Beispiele hatte der CDU-Politiker offensichtlich im Blick, wenn er dafür plädierte, die Eigenverantwortung des Einzelnen zu stärken, Bürokratie abzubauen sowie schneller und pragmatischer im Gesetzgebungsverfahren zu werden. In dem Zusammenhang kritisierte er etwa das Verbandsklagerecht sowie Statistikpflichten für Unternehmen und setzte sich für Vorabtests von Gesetzen für den Mittelstand ein.
Insbesondere dann, wenn er forderte, für wirtschaftlichen Erfolg nötige Tatkraft zu unterstützen beziehungsweise nicht zu behindern, brandete Applaus im Publikum während seines kurzweiligen Vortrags und der anschließenden Fragerunde auf. Auf Spitzen gegen den politischen Gegner verzichtete er dabei. Die Umfrage zu der Onlineabstimmung zum Verbrenner-Aus, die von der Partei aufgrund von Manipulation abgebrochen werden musste, streifte er in dem Zusammenhang nur kurz, verurteilte erneut die „Kaperung“ der Umfrage – und betont, dass die CDU für einen fairen Wahlkampf stehe.
Die Schlagzeilen rund um die Erhebung veranlassen Linnemann allerdings nicht dazu, mit seiner Überzeugung zu dem Thema hinterm Berg zu halten. Statt auf ein Verbrenner-Aus zu setzen, will er, dass bei der Technik voll auf Innovation Richtung Klimaneutralität gesetzt wird. Elektromobilität werde zwar ein Teil der Verkehrswende sein, doch aus Sicht des selbst in der Provinz lebenden Politikers vor allem in ländlichen Regionen nicht realisierbar sein.
Werben für wachstumsorientierte Politik
Wenn er sich mit dem politischen Gegner beschäftigte, dann programmatisch, so wie im Fall der SPD. Statt mehr Umverteilung wirbt der ehemalige Vorsitzende der Mittelstands- und Wirtschaftsunion für eine wachstumsorientierte Politik: „Der Kuchen muss größer werden, damit alle mehr haben.“ So fordert Linnemann etwa, Überstunden, insbesondere für höhere qualifizierte Arbeitnehmer, finanziell attraktiver zu machen.
Als Positivbeispiel nannte er hier Zuschläge, die im Rahmen der Corona-Pandemie gezahlt wurden, und steuer- sowie beitragsfrei waren. Linnemanns Credo, das sich sinngemäß durch seine gesamten programmatischen Ausführungen wie ein roter Faden zog: „Lasst uns einfach machen.“ Das gilt insbesondere für die Rentenpolitik. Auch hier setzt sich der CDU-Politiker dafür ein, Arbeitskräftepotenzial freizusetzen. Die ersten verdienten 2000 Euro im Monat sollten für jeden, der das gesetzliche Rentenalter erreicht habe, steuerfrei sein.
Sehr konkret müsse die CDU den Wählern in einem Zehn-Punkte-Programm, was sie nach der kommenden Bundestagswahl vorhabe. Dabei gehe es auch darum, von der Ampel beschlossene Gesetze in der bestehenden Form zurückzunehmen, zum Beispiel das Bürgergeld oder das Heizungsgesetz.
“Keine Frage der Beliebtheit"
Weniger konkret wurde der Generalsekretär bei der Frage, wer CDU-Kanzlerkandidat werden soll. Nicht der Beliebteste solle zum Zug kommen, sondern „derjenige, der Deutschland voranbringt“und eine langfristige Perspektive biete.
Er selbst werde im Fall eines CDU-Siegs vielleicht ein, zwei Bier trinken, „um runterzukommen“, aber: „Ich werde da nicht groß feiern.“ Der „Rucksack an Verantwortung“ wiege zu schwer. Und bis dahin solle sich die Partei nicht „kirre“ machen lassen, sondern sich auf die eigenen Werte und Stärken besinnen, so Linnemann. Programmatisch sei die Partei weit genug, um sofort mit der Regierungsarbeit loslegen zu können.
Und mit Blick auf die kommende Europawahl räumte er zwar ein, dass er sich ebenfalls über ein zu viel an Bürokratie auf EU-Ebene aufrege, doch mit Blick auf autokratische Staatsführer wie Putin rief er das Credo aus, Europa zu stärken und „nicht so einen Quatsch zu machen wie die AfD“.