Ausflugslokal an der Nister
Beliebte Wissener Gaststätte „Zum Hahnhof“ geschlossen
Victoria und Robert Ortheil ist der Entschluss nicht leicht gefallen, die beliebte Gaststätte Hahnhof zu schließen.
Elmar Hering

Das Gaststättensterben überall im Land legt Zeugnis davon ab, wie sehr diese Branche zu kämpfen hat. In diesem Kampf haben die Betreiber eines beliebten Lokals in Wissen jetzt eine finale Entscheidung getroffen.

Die Stadt Wissen ist um eine Gaststätte ärmer. Und was für eine. Der beliebte Traditionsgasthof „Zum Hahnhof“ im Tal der Nister hat seine Pforten geschlossen. Aber es gibt auch eine gute Nachricht: Für Freunde einer schattigen Rast wird der große Biergarten weiterhin zur Verfügung stehen, sobald der bereits bestellte Getränkeautomat geliefert und befüllt ist.

Seit 1910 ist der Hahnhof in Besitz der Familie Ortheil, schon vorher war er ein Bauernhof mit angeschlossener Kneipe. Victoria und Robert Ortheil sind Betreiber des Hahnhofs in vierter Generation; Schankraum, 50-Plätze-Saal und vor allem der Biergarten machten den Hahnhof zu einem bekannten Ausflugslokal in herrlicher Umgebung. Die Verantwortung für den landwirtschaftlichen Betrieb liegt derweil bei Roberts Bruder Johannes Ortheil jr. und dessen Familie. Zu Jahresbeginn hatten die Eltern Sigrun und Johannes Ortheil den Hof an die nächste Generation übergeben. „Wir wollten die Gaststätte eigentlich weiter betreiben, denn wir haben das immer gerne gemacht“, sagt Robert Ortheil, „aber angesichts der vielen Arbeit mussten wir jetzt irgendwann feststellen: Wir kriegen das nicht mehr hin.“

Campingplatz bleibt

Diese Entscheidung haben die Ortheils zwar halbwegs spontan gefällt, aber keineswegs leichtfertig. „Das tut schon ein bisschen weh“, sagt Robert Ortheil, der als selbstständiger Schornsteinfegermeister mit Kehrbezirk im Raum Gebhardshain einem anstrengenden Hauptberuf nachgeht. Derweil bleibt Victoria Ortheil (30), die bislang vor allem in der Restaurantküche wirkte, mehr Zeit, sich um den Campingplatzbetrieb „Hahnhof“ zu kümmern. Denn dieser bleibt weiterhin bestehen und umfasst neben 15 Parzellen für Dauercamper und fünf befestigten Stellplätzen für Wohnmobile auch zwei Zeltwiesen direkt an der Nister. Der Campingboom seit Corona ist auch hier feststellbar. „Es kommen sogar wieder Familien mit Zelten“, freut sich der 37-jährige Robert Ortheil. Darüber hinaus, da ist sich das Paar einig, sollen auch die beiden Kinder von der gewonnenen Zeit profitieren.

Apropos Corona: Seit der Pandemie hatte die Gaststätte ihre Öffnungszeiten reduziert – nur noch von Ostern bis Oktober und nur noch freitags bis montags. Serviert wurden nicht nur Getränke und Hauptmahlzeiten, sondern nachmittags auch selbst gemachter Kuchen und Kaffee. Etwa sieben Mitarbeiter waren nötig, um die Gaststätte bei vollem Betrieb zu managen. Generell allerdings teilte der Hahnhof das Schicksal vieler Gastronomiebetriebe, dass es immer schwerer wird, gerade für die Arbeitszeiten an Wochenenden und abends gutes Personal zu finden. „Zwar hatten wir einen zuverlässigen Stamm an Bedienungen, aber das reicht nicht. Erst recht nicht in der Küche“, sagt Victoria Ortheil. „Viele Leute haben gar nicht auf dem Schirm, wie viel Arbeit das ist“, fügt sie hinzu.

„Wir kriegen das nicht mehr hin.“
Das Arbeitspensum, so Robert Ortheil, sei nicht mehr zu schaffen gewesen.

Das heißt aber nicht, dass am Hahnhof jetzt sozusagen alle gastronomischen Lichter ausgehen. Erstens stehen im Buchungskalender bis Juni noch einzelne Familienfeiern, zweitens wollen die Ortheils den Biergarten weiter für Gäste offen halten. Robert Ortheil bezeichnet den gemütlichen Außenbereich als „Aushängeschild“ des Hahnhofs, spricht von einem „Versuch“ und erklärt: „Damit Wanderer und Radfahrer hier weiterhin eine Rast einlegen können, wollen wir einen Getränkeautomaten aufstellen, für Bier, Weinschorle, Wasser, Limonaden und ähnliches. Der ist bereits bestellt.“ Auch für die Campinggäste wäre das ein willkommener Mehrwert, im Gegenzug steht die Campingplatz-Toilette auch den Gästen des Biergartens zur Verfügung.

Und was wird nun zukünftig aus dem Lokal? „Das steht noch nicht fest. Wer weiß?“, grübelt Robert Ortheil, „die Gebäudesubstanz muss ja sowieso in Schuss gehalten werden.“ Von ihren Gästen haben sich die Ortheils via kurzem Hinweis auf der Internetseite verabschiedet und danken „für die jahrelange Treue“. Deren Reaktionen seien durchweg verständnisvoll gewesen, sagt Victoria Ortheil, auch wenn das Bedauern groß sein dürfte.

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