In der derzeit laufenden städtebaulichen Voruntersuchung, die in ein integriertes Stadtentwicklungskonzept münden soll, wird das Szenario eines Abrisses der 1984 errichteten „Guten Stube“ der Kreisstadt berücksichtigt.
Die Notwendigkeit zur Schließung ergibt sich aus der Entscheidung des Gremiums, einen Auftrag zur Erstellung einer Gefährdungsbeurteilung (GBU) nicht zu erteilen. Eine solche wäre vor einer Prüfung der Lüftungsanlage notwendig gewesen, in deren Brandschutzklappen der Einbau asbesthaltiger Dichtungen festgestellt wurde (die RZ berichtete). Und ohne diese Prüfung wiederum verfällt die Betriebserlaubnis der Stadthalle, wie Stadtbürgermeister Matthias Gibhardt erneut erklärte.
Obwohl schon in der Sitzung des Stadtrats Mitte März die klare Tendenz erkennbar geworden war, kein weiteres Geld mehr in die stellenweise marode und zu großen Teilen ungenutzte Stadthalle zu investieren, hatte die Verwaltung Angebote über die Erstellung einer GBU eingeholt.
Mehr als 16.500 Euro wären dafür beim günstigsten Anbieter fällig geworden, was – so Gibhardt – aber einen „Rattenschwanz an Sanierungsmaßnahmen“ nach sich gezogen hätte. Allein 332.000 Euro würde die Sanierung der Lüftungsanlage kosten, mit dem weiteren notwendigen Sanierungsbedarf kämen Kosten in Höhe von insgesamt 670.000 Euro zusammen.
„Sie wäre dann immer noch nicht in einem besseren Zustand und zukunftsfähig“, sagte Gibhardt mit Blick auf den energetischen Standard und die überdimensionierte Anlage der Stadthalle. Stattdessen kann die Stadt durch wegfallende Unterhaltungskosten ab 2022 120.000 Euro pro Jahr einsparen. Schließlich sei laut Verwaltung das Ergebnis der GBU im Hinblick auf das Asbestproblem offen. „Diese Baujahre sind gerade die empfindlichsten“, zitierte Gibhardt die mündliche Aussage eines Sachverständigen dazu.
„Das Asbestproblem haben wir nur, wenn wir den Test machen“, kommentierte das Ralf Lindenpütz (CDU). Bei normaler Nutzung gebe es ein solches nicht, so der Fraktionssprecher, der den jahrzehntelangen Sanierungsstau monierte und zugleich die Befürchtung äußerte, dass bis zur Fertigstellung eines Nachfolgerbaus der Stadt für viele Jahre ein Veranstaltungsort fehlen könnte.
Er würde die Gefährdungsbeurteilung beschließen, wolle aber nicht die Verantwortung für die möglicherweise immensen Folgekosten tragen, schilderte er das Dilemma, das die CDU-Fraktion sehe und das zur Stimmenthaltung führe.
Durch die Erkenntnisse des TÜV sei eine neue Situation eingetreten, stellte Daniela Hillmer-Spahr (SPD) fest. „Es macht ab jetzt keinen Sinn mehr, die Stadthalle weiterzuführen, indem man immer mehr Geld hineinsteckt.“ Bei den Überlegungen zu einem neuen Versammlungsort müsse berücksichtigt werden, dass sich das Freizeitverhalten nach der Corona-Pandemie vermutlich ändere.
Auch Achim Gelhaar (FWG) sah mit der Asbestbelastung den Punkt für einen Schlussstrich erreicht. Sein Fraktionskollege Jürgen Kugelmeier fügte hinzu, dass dieser Schritt bei einem Gebäude, das viele Altenkirchener mit Erinnerungen an rauschende Feste verbinden, nicht leicht falle. Aber mittlerweile sei die Stadthalle „ein Fass ohne Boden“, bemerkte er – ähnlich wie ein überaltertes Auto, in das man unaufhörlich neues Geld stecke.
„Wir sollten das Geld lieber in Kreativität stecken“, forderte Peter Müller (Grüne). Er sehe auf jeden Fall Möglichkeiten, in der Stadt Räume für Kultur zu finden.
Auch Thomas Roos (FDP) stellte es als unsinnig dar, weiteres Geld in die Stadthalle zu investieren. Man müsse mit der vorhandenen Situation umgehen und das Beste daraus machen.
Auch zu einem weiteren öffentlichen Gebäude fällte der Ausschuss eine Grundsatzentscheidung. Fassade, Erdgeschoss und Keller des Postgebäudes sollen saniert und mit 70-prozentiger Förderung aus dem Leader-Programm zu einem „Ort der Teilhabe“ für alle Bürger der Stadt umgebaut werden. Ein weiterer Bericht dazu folgt.