Friedhof, Freizeitanlage und Privatgrundstücke betroffen: Was führte Rotte in bewohntes Gebiet in Alsdorf?
Auch Friedhof betroffen: Wildschweine hinterlassen Kraterlandschaften in Alsdorf
Dank der Wildschweine sind auch Teile des Friedhofsgeländes in Alsdorf komplett umgepflügt worden, wie Ortsbürgermeister Rudolf Staudt demonstriert.
Daniel-D. Pirker

Eine Wildschwein-Rotte hat in Alsdorf Wiesen auf dem Friedhof, einer Freizeitanlage und Privatgrundstücken verwüstet. Was trieb die Tiere in bewohntes Gebiet in Alsdorf? Und wie kann das Problem gelöst werden? Das sagen der Ortsbürgermeister und zuständige Jagdpächter.

Dank der Wildschweine sind auch Teile des Friedhofsgeländes in Alsdorf komplett umgepflügt worden, wie Ortsbürgermeister Rudolf Staudt demonstriert.
Daniel-D. Pirker

Auf einer „Wiese“ der Freizeitanlage in Alsdorf findet sich kaum noch ein Quadratzentimeter, der nicht umgepflügt wurde. Aufnahmen von Wildtierkameras lassen auf acht bis zehn Wildschweine schließen, die den Schaden vor wenigen Tagen angerichtet haben müssen. Die Tiere haben auch ganze Arbeit hangaufwärts geleistet: Weite Teile des hinteren Bereichs des Friedhofs gleichen einem Trümmerfeld. Wie Ortsbürgermeister Rudolf Staudt vor Ort erklärt, hätten sich die Wildtiere in der Vergangenheit bislang nicht in den Friedhof getraut. Immerhin: Die Gräber blieben verschont.

Wohngebiet ebenfalls betroffen

Doch der Schaden ist nicht zu vernachlässigen. Der Bauhof wird sich den Folgen annehmen müssen, wahrscheinlich in Zusammenarbeit mit einem Gartenbauunternehmen. Auch im Wohngebiet Au haben die Wildschweine gewütet. Versicherungen greifen sowohl für die Privatleute wie die Ortsgemeinde nicht. Wie Staudt und Jagdpächter Jörg Doege vermuten, könnte die Rotte den Weg vom gegenüberliegenden Hang aus dem Wald über Privatgrundstücke runter zum Wohngebiet Au genommen haben, und von dort zum ehemaligen Hartplatz und schließlich über die Heller zur Freizeitanlage.

Wahrscheinlich sind Tiere verantwortlich, die eine Wildtierkamera vor einem Monat in der Nähe aufnehmen konnte.
Jörg Doege

Die Wildschweine abzuschießen liegt für den Laien nahe, ist aber kaum praktikabel, zumindest innerhalb der dicht besiedelten Wohngebiete. Es handelt sich nämlich um einen befriedeten Bezirk. Bei landwirtschaftlich genutzten Flächen hätten die Jäger mehr Möglichkeiten, die Rotte zu dezimieren, wären gesetzlich sogar dazu verpflichtet. Doch wie Staudt betont, gibt es in seinem Ort solche Gebiete nicht mehr.

Laut Jagdbezirkspächter Doege waren Wildschweine auch vor rund drei Monaten in Kontakt mit Anwohnern des betroffenen Wohngebiets. Daraufhin unternahmen er und sein Mitpächter Kontrollfahrten im Wald und hielten von Hochsitzen Ausschau. Doch Wildschweine ließen sich ihm zufolge nicht blicken.

Wildschwein-Routen schwer vorhersehbar

Doege weist darauf hin, dass es sich bei Wildschweinen um hochgradig clevere Tiere handelt, deren Routen sich kaum vorhersagen lassen. Immerhin kann man Regelmäßigkeiten im Verhalten ableiten dank Aufnahmen von Wildtierkameras, von denen etwa 15 im Revier verteilt installiert sind. Wildschweine auch tatsächlich an Ort und Stelle anzutreffen, hat auch immer mit Glück zu tun – oder eben je nach Betroffenheit Pech.

Doege und sein Partner können den Ärger über die Wildschweine gut nachvollziehen. Am Wochenende werden sie wieder im Revier Ausschau halten und den Versuch unternehmen, den Bestand in der Rotte zu reduzieren. „Wenn wir das erste Tier schießen, dann ist sicher relativ schnell für vier bis sechs Wochen Ruhe“, so Doege. Die Rotte merkt sich nämlich ganz genau, wo eines ihrer Mitglieder geschossen wurde und meidet dann dieses Gebiet.

Geduld gefragt

Sofern die Wildschweine also nicht von alleine in einen anderen Bereich weiterziehen oder wieder im Wald auf der Suche nach Nahrung fündig werden, ist das Problem nicht einfach zu lösen, wie Doege herausstellt. Zuletzt wurde vor rund drei Wochen ein Tier geschossen, das allerdings nicht der gleichen Rotte angehört. Die Gesamtzahl der Gruppen schätzt der Freizeitjäger auf zwischen vier und fünf.

Ganze Arbeit haben die Wildschweine auf einem großen Wiesenbereich der Alsdorfer Freizeitanlage geleistet.
Daniel-D. Pirker

Aufgehalten hatte sich das zuletzt geschossene Tier auf den Wiesen vor Schutzbach, zwischen Daadenbach und L 280. Hier sind regelmäßig Wildschweine auf der Suche nach Nahrung im Erdreich. Aber da die betroffenen Wiesen außerhalb liegen und unbebaut sind, stellt dies laut Doege kaum ein Problem dar. Diametral anders sieht die Lage Richtung der bebauten Ortschaft aus. Unabhängig von einem Weiterziehen in ein anderes Revier und möglichen Abschüssen in Alsdorf oder einem Nachbarrevier: Dass die Wildschweine überhaupt bis in ein bewohntes Gebiet vorgedrungen sind, könnte der Einschätzung Doeges nach auch an den damaligen Witterungsverhältnissen liegen.

Trieb Witterung Rotte aus Wald?

Der Boden im betroffenen Zeitraum war großflächig mit Schnee oder gar Eis bedeckt, das Wühlen nach Nahrung unergiebig. Auch getrieben von einem kältebedingten höheren Energiebedarf, wagten sich die Tiere auf der Suche nach weiterem Futter dann in einem möglichen Szenario aus dem Wald. Gartenabfälle, wo auch bei kühlen Temperaturen Würmer und Larven überleben, können da sehr verlockend auf die Tiere wirken. Deshalb auch der Appell Doeges, Schnittgut und ähnliches nicht offen zugänglich zu sammeln. Er schließt ebenfalls nicht aus, dass die Rotte vor einer Drückjagd in einem Nachbarrevier nach Alsdorf ausgewichen war.

Klar ist: Die für Alsdorf zuständigen Jäger behalten den Wald über dem Friedhof verstärkt im Blick, wie Doege betont. Er weist gleichzeitig auf einen Umstand hin, der vielen Außenstehenden so gar nicht bewusst ist: Es handelt sich um keine hauptberuflichen Jäger. Die Arbeit konzentriert sich also vor allem auf das Wochenende.

Folgen der Futtersuche auf der Freizeitanlage in Alsdorf.
Daniel-D. Pirker

Top-News aus der Region