Apotheker sorgen sich um Gesundheit und Versorgungder Patienten
Apotheker-Protest in Betzdorf: Zu viele bittere Pillen
Geschlossenheit demonstrieren Apotheker beim Protesttag imOberkreis. Die Geschäfte blieben zu, als deutliches Signal, dass es sonicht mehr weitergehen darf.
Claudia Geimer

Sie sind zunehmend unzufrieden mit den Bedingungen ihrer Arbeit, und deshalb protestieren sie bundesweit: die Apotheker. Auch in Betzdorf demonstrierten sie Einigkeit.

Die Apotheken blieben am Mittwoch komplett geschlossen, lediglich die Löwen-Apotheke in Betzdorf versah ihren regulären Notdienst. Dass sie geschlossen auf die Straße gehen und Bürger über ihr Anliegen mit Informationsmaterial aufklären wollen – das sei schon ungewöhnlich, sagen die Frauen und Männer in den weißen Kitteln. „Unser Berufsstand ist ja eher zurückhaltend in diesen Dingen“, meint Annina Stimming, stellvertretende Leiterin der Gertruden-Apotheke in Kirchen, „keine andere Branche würde sich das bieten lassen“.

Einen Protesttag in dieser Form habe es tatsächlich so noch nicht gegeben, bestätigt Stephan Link, Inhaber der Druiden-Apotheke in Kirchen. Die große Solidarität der Kollegen untereinander, die gemeinsam am Mittwoch nach Betzdorf gekommen waren, sei bemerkenswert und „zeigt, dass es brennt“, so Link. Den Apotheken bundesweit und auch im Oberkreis brennen viele Themen auf den Nägeln: Honorarkürzungen, Onlinehandel, Abrechnungswesen, Lieferengpässe, Bürokratie, Fachkräftemangel, Apothekensterben – die Mängelliste ist lang, zu viele bittere Pillen mussten geschluckt werden, der Frust ist groß, denn darunter leiden, so die Aussage, zunehmend ihre Aufgaben.

„Es wird auf jeden Fall von Tag zu Tag schwieriger, die Qualität der Patientenversorgung aufrechtzuerhalten“, sagt Sabine Alberts-Wingenfeld, Inhaberin der Löwen-Apotheke in Betzdorf. Den Apothekern reicht es. Sie möchten endlich mit ihren Anliegen von der Politik wahrgenommen werden. „Sie hören uns nicht zu und ignorieren uns“, kritisiert Kord-Henrich Wolff, Inhaber der Westerwald-Apotheke in Gebhardshain und der Hildburg-Apotheke in Elkenroth. Manche Probleme treffen den ländlichen Raum besonders hart.

Apotheken schließen nicht wegen Reichtum.

Peter Merzhäuser, Inhaber Adler-Apotheke Niederfischbach

„Die Apothekendichte schrumpft, dabei haben wir immer mehr ältere Menschen zu versorgen“, legt Anna Maria Grimm, Inhaberin der einzig verbliebenen Markt-Apotheke in Daaden, den Finger in die Wunde. Sie spricht offen von Mehrbelastung und Überforderung. Die Kollegen pflichten ihr bei. „Die Intervalle im Notdienst werden immer kürzer“, erklärt beispielhaft Peter Merzhäuser, Inhaber der Adler-Apotheke in Niederfischbach. Macht eine Apotheke zu, fährt er fort, bleibe zumeist ein weißer Fleck. „Apotheken schließen nicht wegen Reichtum“, drückt er es, vorsichtig formuliert, ironisch aus. Fachkräfte wanderten nach der Ausbildung zunehmend in die Pharmaindustrie ab.

Die gestandenen Apotheker können es ihnen nicht verdenken. Sie fordern Veränderungen, unter anderem: Abbau von Bürokratie, Bessere Bedingungen für die Ausbildung und anstelle der Hersteller, so Merzhäuser, sollte der Apothekerverband wieder mit den Krankenkassen verhandeln. Diese wiederum sollten ihre Ausgaben überdenken – „4,1 Prozent für Verwaltung, 1,9 Prozent Wertschöpfungsanteil für die Apotheken“, verweist Kollege Link auf konkrete Zahlen. Die Unzufriedenheit wächst, und auch die Sorgen der Apotheker werden größer – deshalb sind sie geschlossen an die Öffentlichkeit gegangen, als Rezept, um Gehör zu finden: „Es geht um die Gesundheit.“

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