Neue Pfarrerin in Betzdorf
Andrea Bayer startet mit 64 Jahren nochmals durch
Mit viel Begeisterung hat Andrea Bayer ihren Dienst in Betzdorf angetreten. Sie freut sich auf die neuen Aufgaben.
Claudia Geimer

Die neue Pfarrerin evangelischen Kirchengemeinde in Betzdorf verrichtet schon seit Anfang Oktober ihren Dienst. Aber erst am Samstag, 16. November, 14 Uhr, wird Andrea Bayer in einem Gottesdienst offiziell ins Amt eingeführt

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„Alles was ihr tut, geschehe in Liebe“ – die Jahreslosung des Kirchenjahres 2024 an der Wand, fällt Besuchern der evangelischen Kreuzkirche in Betzdorf in der Nähe des Altarraums allein schon wegen des feuerroten Hintergrunds sofort ins Auge. Der Satz aus dem ersten Korintherbrief ist wie geschaffen, das Wirken von Pfarrerin Karin Andrea Bayer zu beschreiben. Dass die neue Seelsorgerin der evangelischen Kirchengemeinde in Betzdorf ihren Beruf mit Liebe und Hingabe ausübt, ist offensichtlich.

„Ich liebe meine Arbeit und ich liebe die Gemeinde“, sprudelt es aus der 64-Jährigen bei einem Gespräch auf einer Kirchenbank im Gotteshaus heraus. Sie ist schon angekommen in Betzdorf, obwohl sie erst seit Anfang Oktober da ist. Am Samstag, 16. November, 14 Uhr, wird sie in einem Gottesdienst ins Amt eingeführt. Mit 63 Jahren hat sie sich für die Nachfolge von Pfarrer Heinz-Günther Brinken beworben – „Ich starte noch mal voll durch“, sagt sie und lacht. Bedenken, die sie bei den Bewerbungsgesprächen wegen ihres Alters spürte, habe sie schnell zerstreuen können. „Ich habe gesagt, ich möchte mindestens bis 75 Jahre arbeiten, wenn der Herrgott und die Gemeinde mich lassen“, erzählt sie und strahlt diese Zuversicht auch aus.

„Ich möchte mindestens bis 75 Jahre arbeiten, wenn der Herrgott und die Gemeinde mich lassen.“
Andrea Bayer möchte länger in der Betzdorfer Kirchengemeinde wirken.

Die Aufgabe in der Stadt an Sieg und Heller sei reizvoll, weil sie auf einer Einzelpfarrstelle als Seelsorgerin vor Ort die Verantwortung trage. „Leben mit Glauben füllen und Glauben mit Leben“, lautet ihre Losung. Und in Betzdorf, so ihre ersten Eindrücke im Bewerbungsprozess, findet sie bereits die passenden Rahmenbedingungen vor. Ein Beispiel sei der Reformationsgottesdienst bei der „Nacht der Entscheidung“, der von jungen Leuten gestaltet wird, der so viele Menschen erreiche und begeistere. „Das war eine tolle Atmosphäre“, sagt sie und fährt fort. „Wir haben eine begnadete Organistin, den CVJM, wir haben zwei Posaunenchöre, einen Gitarrenkreis, Bands und das Team Freizeichen für besondere Gottesdienste. Ich möchte lebendige und begeisternde Gottesdienste feiern“.

Musik soll als ein gestaltendes Element eine Rolle bei der Verkündigung des Evangeliums spielen. Auch die Technik in der Kirche, in der Pandemie von einem jungen Team aufgebaut, sodass sich Gottesdienste streamen lassen, hinterlässt Eindruck bei der neuen Seelsorgerin. „Der ehrenamtliche Einsatz in der Gemeinde und rund um die Gemeindezentren imponiert mir“, sagt sie. Denn nur mit helfenden Händen könne Gemeindeleben auch künftig funktionieren.

„So können die Besucher in der Kirche sehen, dass die Gemeinde wächst.“
Die Seelsorgerin freut sich über jede Taufe.

„Die Menschen müssen sich mit ihrer Kirche vor Ort identifizieren und sich beteiligen“, sagt sie, „das finde ich gut und wichtig.“ Die Hauptamtlichen im Team können nicht alles alleine stemmen. Die Kirchengemeinde zählt etwa 3000 Mitglieder und umfasst die Orte der alten Verbandsgemeinde Betzdorf plus Sassenroth. Wo früher zwei Pfarrer wirkten, ist Bayer nun allein zuständig. Doch sie packt es mit Elan an.

„Ich hatte schon sieben Taufen“, freut sie sich und zeigt auf einen Wandschmuck in der Nähe der Jahreslosung, worauf die Namen der Täuflinge als Blätter eines Baumes verewigt sind. „So können die Besucher in der Kirche sehen, dass die Gemeinde wächst“, sagt sie und lächelt. Der Kirchenbau beeindruckt sie insgesamt – „es wirkt fast schon wie ein Dom.“ Davon können sich auch Mitglieder ihrer bisherigen Gemeinde in Wassenberg an der niederländischen Grenze gelegen, überzeugen. Denn Freunde und Bekannte haben ihr Kommen zur Einführung in Betzdorf am 16. November zugesagt.

Bürgerlichen Beruf erlernt

Den Kontakt wollen Bayer und ihr Mann natürlich weiterhin auch pflegen, ebenso wie in ihre Heimat, Stolberg bei Aachen. Was Industrie, vor allen Dingen den Bergbau und auch die Geographie angeht, gebe es Parallelen zwischen ihrer Heimat und ihrer neuen Wahl-Heimat. Ihr Ehemann, der im Ruhestand ist, mache diesen Umzug bereitwillig mit. „Er hat beim Bewerbungsgespräch jedenfalls ein klares Ja gesagt, so wie bei unserer Hochzeit“, erzählt Bayer. Sie und ihr Mann haben eine Patchworkfamilie mit insgesamt fünf mittlerweile erwachsenen Kindern.

„Alles war ihr tut, geschehe aus Liebe“: Aus Liebe und Respekt den Wünschen ihrer Eltern gegenüber, hatte sich die 64-Jährige als junge Frau nach der Schule für einen bürgerlichen Beruf entschieden. Sie hat Industriekauffrau gelernt und in einem Unternehmen in verschiedenen Bereichen, unter anderem Personalwesen und Buchhaltung, gearbeitet. Daneben war sie für die Kirche ehrenamtlich tätig, engagierte sich als Laie im Kindergottesdienst, als Lektorin und in der Erwachsenenbildung. Immer mehr spürte sie, dass dies ihre eigentliche Berufung ist. Sie holt das Abitur nach und studiert schließlich Theologie in Bonn.

„Gott gibt einem Talente und irgendwann ruft er einen in seinen Dienst.“
Andrea Bayer

„Gott gibt einem Talente und irgendwann ruft er einen in seinen Dienst“, sagt sie voller Überzeugung. Sie erzählt vom Studium, von den Kommilitonen, die im Alter ihrer Kinder waren und anerkennende Worte fanden, wie „schön, dass du mit so viel Energie dabei bist.“ Und diese Energie, diese Freude, ja Liebe, mit Menschen als Seelsorgerin zu arbeiten und sie zu begleiten im Leben, ob Konfirmanden oder Senioren, das spürt man im Gespräch: „Ich möchte für alle da sein.“ Der Beruf der Pfarrerin ist ihr Beruf. Denn so hat sie die Möglichkeit, zu taufen, zu konfirmieren, zu beerdigen und so an Wendepunkten im Leben der Gemeindemitglieder teilzuhaben – „mich mit ihnen zu freuen oder zu trauern.“ Kraft tankt die neue Seelsorgerin bei gemeinsamen, gern auch mehrtägigen Radtouren, mit ihrem Ehemann.

Die Pfarrerin weiß auch, dass auf die Kirchengemeinde Herausforderungen zukommen. Manches müsse gebündelt werden. So wird es beispielsweise am Ewigkeitssonntag (24. November) nur einen Gottesdienst in der Kreuzkirche geben. Die Besuche auf den Friedhöfen fallen dagegen weg. In Zukunft werde es im Wechsel drei Regionalgottesdienste pro Jahr geben, bei denen sich Protestanten jeweils in Kirchen, Wissen oder Betzdorf besuchen. „Wir müssen uns Konzepte überlegen, um Strukturen beibehalten zu können“, sagt sie. Hier wird die neue Pfarrerin als Managerin gefragt sein. Kopfzerbrechen bereitet ihr das nicht. Wozu hat sie Erfahrungen in der Wirtschaft gesammelt? „Ich kann Baupläne lesen und mit Handwerkern umgehen“, sagt sie zum Abschluss des Gesprächs und der Blick fällt beim Hinausgehen auf die Jahreslosung „Alles was ihr tut, geschehe in Liebe“. Hingabe schließt Pragmatismus nicht aus.

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