Weit mehr als 200 Kräfte der Feuerwehren, der Schnelleinsatzgruppe (SEG) des Kreises, die federführend vom DRK getragen wird sowie von THW und DLRG aus allen Verbandsgemeinden des Kreises sind laut dem Kreishaus als Unterstützung in den Katastrophengebieten im Einsatz – zum einen im Landkreis Ahrweiler und zum anderen im benachbarten Oberbergischen Kreis.
Auf den Weg ins Ahrtal machten sich noch am Mittwochabend und in der darauf folgenden Nacht Feuerwehrkräfte aus allen Verbandsgemeinden des Kreises. Ein erster Konvoi mit 30 Fahrzeugen aus vier Landkreisen sammelte sich am Mittwoch um circa 21 Uhr auf dem Gelände des THW in Neuwied, um weiter ins Katastrophengebiet zu fahren.
Am Donnerstagmorgen erreichte den Brand- und Katastrophenschutz des Kreises dann eine Anfrage aus dem Oberbergischen Kreis, wo im Nordkreis Talsperren überliefen und mehrere Ortschaften evakuiert werden mussten. Kräfte aus den Verbandsgemeinden Kirchen, Wissen, Betzdorf-Gebhardshain, Daaden-Herdorf und auch Selters sammelten sich in Kirchen, um sich in Kolonne auf den Weg zu machen. Ihr Einsatzschwerpunkt lag im Bereich von Hückeswagen, wo sie im Lauf des Donnerstagabends von Kräften aus NRW abgelöst wurden.
Im noch schwerer getroffenen Landkreis Ahrweiler sind alle SEG-Einheiten im Einsatz und unterstützen bei Versorgung, Patiententransport, bei Verpflegung und leisten technische Unterstützung. Nach Informationen des stellvertretenden Brand- und Katastrophenschutzinspekteurs Florian Jendrock bereiten sich aktuell weitere Kräfte aus dem Kreis auf einen Einsatz in Ahrweiler vor, um die Kameraden abzulösen, die teilweise seit Mittwoch vor Ort sind. Auch Führungskräfte der heimischen Wehren übernehmen derzeit entsprechende Funktionen beim Einsatz in Ahrweiler.
Unter den dort eingesetzten Feuerwehrleuten aus dem Kreis stellt mit 10 Fahrzeugen und etwa 100 Kräften die Feuerwehr der Verbandsgemeinde Altenkirchen-Flammersfeld den Löwenanteil. Laut Wehrleiter Björn Stürz, der selbst die Stellung in der Heimat hält, lösen sich dabei jeweils 50 Feuerwehrleute aus der Verbandsgemeinde in Zwölfstundenschichten ab. „Nach derzeitigem Stand ist der Einsatz noch auf zweieinhalb Tage angelegt“, sagte Stürz am Donnerstagnachmittag. Erst am späten Samstagabend werden sie entsprechend wieder im Raiffeisenland zurückerwartet.
Der Einsatzschwerpunkt der Altenkirchener Kräfte liegt Stürz zufolge im Gebiet der Kreisstadt Bad Neuenahr-Ahrweiler sowie in Altenahr. Der Wehrleiter war allerdings gestern nicht in der Lage, die Situation im Einsatzgebiet genauer zu schildern, da die Kommunikation mit den Einsatzkräften schwierig war. Das Handynetz in der Katastrophenregion war zumindest zeitweise ausgefallen. Mitbekommen hat Stürz über einige Verlustanzeigen aber, dass neben den Kräften der Wehrleute auch die Ausrüstung stark beansprucht wird. „Wenn die Kameraden alle heil nach Hause kommen, dürfen sie so viel Material verlieren, wie sie wollen“, kommentiert der Feuerwehrchef das.
Natürlich bleibt der Brand- und Katastrophenschutz im AK-Land dennoch sichergestellt. So stellte die Feuerwehr Weyerbusch noch in der Nacht zum Donnerstag die Bereitschaft im Gerätehaus, um in der VG Altenkirchen-Flammersfeld den Grundschutz der Bevölkerung zu gewährleisten. „Das Gerätehaus in Weyerbusch und die Feuerwehreinsatzzentrale in Flammersfeld sind dauernd besetzt“, so Stürz.
Bereits am Mittwochabend gegen 22 Uhr brachen auch 18 Einsatzkräfte aus dem Ortsverein Betzdorf des Technischen Hilfswerks in drei Fahrzeugen nach Sinzig und Bad Neuenahr-Ahrweiler auf, wie der Ortsbeauftragte Ulrich Weber berichtet. „Ihre Aufgaben sind die Bereitstellung von Strom und Beleuchtung sowie Menschenrettung“, so Weber, der selbst nicht mit ausrückte und der ebenfalls zeitweise den Kontakt zu seiner Truppe verlor. Für Donnerstagabend wurden die THW-Leute zurückerwartet. Ob sie noch mal im Ahrtal gebraucht werden, sei unklar, so Weber. „Die Situation ist noch dynamisch.“ Möglicherweise könnte die Pumpengruppe des Ortsvereins noch angefordert werden – wenn es irgendwann ans Aufräumen gehen kann.
Landrat Peter Enders sprach unterdessen den heimischen Einsatzkräften mit Brand- und Katastrophenschutzinspekteur Ralf Schwarzbach an der Spitze schon am Donnerstag seinen Dank aus für die wichtige Arbeit, die sie an den Einsatzstellen leisten. „Das zeigt die hohe Einsatzbereitschaft unserer Aktiven. Wir sind froh und dankbar, dass es im Kreis Altenkirchen bisher keine Schäden gegeben hat, die die Einsatzkräfte fordern“, betonte Enders.
Dass die Wassermassen über der Eifel niedergegangen sind und nicht im Westerwald, das war Zufall, sagt dazu der Diplom-Meteorologe Björn Goldhausen aus dem Unterwesterwald. „Es hätte auch anders kommen können. Wir Westerwälder hatten Glück, ganz viel Glück. Diese Katastrophe hätte auch bei uns passieren können, weil wir eine ähnliche Geländetopografie haben. Wären diese unvorstellbaren Wassermassen von bis zu 150 Litern pro Quadratmeter bei uns heruntergekommen, dann hätten wir ähnliche schlimme Bilder gehabt, wie wir sie jetzt in der Eifel sehen“, betont der Wetter-Online-Experte.
Denn die Eifel wie auch der Westerwald sind typische Mittelgebirgsregionen mit Hügeln und Tälern. „Das Wasser sammelt sich in den Tälern, Bäche und Flüsse schwellen an und treten über die Ufer“, sagt er. Ursache der Katastrophe war ein Tiefdruckgebiet über ganz Deutschland. „Drumherum gab es ein etwa 100 Kilometer breites, extremes Starkregenband, das aus dem Ruhrgebiet über das Bergische Land, die Kölner und Bonner Region und schließlich über die Eifel zog. Das Band hat den Westerwald lediglich am nordwestlichen Zipfel erwischt. Das war von uns nicht weit weg“, erklärt Goldhausen.
Damit ist der Westerwald haarscharf selbst einer Katastrophe entgangen. Besonders getroffen hätte es das Gelbachtal, das Wiedtal, das Saynbachtal, das Nistertal und das Brexbachtal, sagt Goldhausen. „Auch für den Westerwald galten die Unwetterwarnungen. Am Morgen war noch nicht klar, ob es uns treffen würde, es zeichnete sich erst am frühen Nachmittag ab, dass wir weitgehend verschont bleiben“, betont er. Sein Appell: „Die Katastrophe war absehbar. Die Meteorologen haben sehr früh vor dem Starkregenereignis gewarnt. Das muss auch wahrgenommen werden.“
Für die kommenden Tage gibt Björn Goldhausen Entwarnung: „Jetzt kehrt im Westerwald Ruhe ein. Hier und da sind noch stärkere lokale Schauer und Gewitter möglich, aber die immense Unwettergefahr ist vorbei. Es geht wieder bergauf. Es wird sommerlich, zwar nicht brüllend heiß, aber warm“, sagt der Wetter-Online-Pressesprecher.