e seit einigen Wochen bestürzt feststellen muss. Seit Beginn der Energiekrise hat sich die ohnehin kritische wirtschaftliche Situation im Einzelhandel noch einmal verschärft. Diese Entwicklung beobachten zum Teil auch andere Altenkirchener Geschäftsfrauen, wie die RZ im exemplarischen Gespräch mit Nadine Grifone, Tanja Iserlohe (Herrenmoden Iserlohe), Ramona Schumacher („Rock`n Hose“) und Ulrike Kroppach („Wein/Gut“) erfahren hat.
Ein Jahr ist es her, dass Nadine Grifone mit ihrem Feinkostladen von der Kölner Straße in die ehemaligen „Petz-Stuben“ am Bahnhof umgezogen ist. Hier gibt es gibt ausreichend Parkplätze, der Laden ist endlich ebenerdig, und eigentlich könnten die Geschäfte blendend laufen. „Dieses Jahr ist das krisenhafteste seit Beginn der Pandemie“, stellt Nadine Grifone jedoch ernüchtert fest.
Angst an der Kasse ablesbar
„Corona ist wirklich kein Thema mehr, die meisten Befürchtungen in Sachen Schließungen haben sich nicht bewahrheitet. Das ist alles nicht vergleichbar mit dem, was gerade passiert.“ Seit die Bundesregierung zu Sparmaßnahmen aufgerufen und eine Bevorratung empfohlen habe, gehe die Angst in der Bevölkerung um. „Das kann ich an der Kasse ablesen. Wir haben deutlich weniger Kunden und mussten unter anderem den Mittagstisch einstellen.“
Es sei ihr bewusst, dass sie Luxusgüter verkaufe, an denen die Menschen nun sparen würden. „In der Pandemie gab es nicht viel, da haben sie sich etwas gegönnt. Jetzt geht es darum, die Gasrechnung zu bezahlen.“ Die verlässlichen vorweihnachtlichen Bestellungen der Stammkunden seien extrem zurückgegangen. Auch die internationalen Lieferketten würden nicht mehr wie gewohnt funktionieren. Nadine Grifone macht sich ernsthaft Sorgen um ihren Laden, hofft aber auf eine Belebung des Geschäfts in den nächsten Wochen. „Meine Devise ist ,Augen zu und durch`“, sagt sie traurig.
Tanja Iserlohe von Herrenmoden Iserlohe bestätigt, dass die Pandemie und die Energiekrise viele Unsicherheiten mitgebracht haben. „Ich kann aber für uns als Familie sprechen, dass wir die letzten beiden Jahre gut durchgestanden haben. Es gab natürlich Planungsschwierigkeiten. Gerade wir, die wir gerne und viel Kundenevents anbieten, konnten die Türen nicht mehr öffnen. Das war ein herber Einschnitt, der uns herausgefordert hat. Die Stammkundschaft hat uns letztlich gerettet, denn sie schätzt nach wie vor die persönliche Beratung.“ Das habe sich auch in diesem unwegsamen Jahr bewährt. Wenn es auch manchmal Probleme mit Lieferengpässen gibt und der Laden deutlich energiebedingt weniger Dekoration aufweist, Tanja Iserlohe und ihre Eltern geben sich viel Mühe, um ihren Kunden ein weihnachtliches Flair zu vermitteln. „Der Zusammenhalt ist unabdingbar. Es wird sich alles regulieren“, da ist sich die junge Mode-Expertin sicher.
Bei „Rock`n Hose“ gleich nebenan sind die Bestände an Kleidung und Accessoires überwältigend. Aber auch Inhaberin Ramona Schumacher bestätigt, dass sich das Jahr 2022 viel schwieriger darstellt als die Corona-Jahre. Sie vermutet, dass die seit Wochen ausbleibenden Kunden ihr Geld für die gewaltigen Haushaltsausgaben zurückhalten. „Die Freude am Shoppen war durchaus da, als wir nach den Lockdowns wieder mit Termin öffnen durften. Jetzt ist das anders. Es wird eher nach Anlass eingekauft, kaum noch spontan.“
Einzelteile statt ganzer Outfits
Dabei würden sich viele Kunden auf einzelne Teile beschränken, statt sich komplette Outfits zuzulegen. Punkten würde ihr Laden mit einer besonders umfangreichen Hosenauswahl. „Dafür haben wir ein Händchen, und dafür geben die Leute auch nach wie vor Geld aus“ sagt Ramona Schumacher. Die von vielen Einzelhändlern beklagten Lieferengpässe seien bisher bis auf wenige Ausnahmen ausgeblieben. Allerdings seien in den Sortimenten etliche Modelle gestrichen worden. Die Geschäftsfrau lässt sich von der vielfach verlautbarten Prognose, das nächste Jahr würde noch schlimmer, nicht entmutigen. Sie setzt vielmehr auf die zahlreichen Events, die für 2023 in der Stadt geplant sind.
Ulrike Kroppachs „Wein/Gut“ am Marktplatz hat im September den ersten Geburtstag gefeiert und kann bereits einen festen Kundenstamm verzeichnen. Die Weinhändlerin ist mit der Wahl der Immobilie in der Marktstraße sehr zufrieden und freut sich, dass ihre erlesenen, vorwiegend in Deutschland erzeugten Weine, Spirituosen und Essige den Geschmack der Kundschaft treffen. Neu im Bestand sind sehr vielversprechende Weine von der Loire. „Bisher sind keine Lieferschwierigkeiten auftreten. Zu den meisten Winzern fahre ich aber auch persönlich zum Einkaufen“, berichtet Ulrike Kroppach. Die schlechten Nachrichten in den Medien würden sich zwar auf das Kaufverhalten der Kunden auswirken, es sei ihr aber wichtig, nicht zu jammern. „Das ist alles sehr heftig, aber die Stimmung wird sich wieder ändern.“
Die Lage ist überall angespannt, und keine der vier Einzelhändlerinnen kann mit Bestimmtheit sagen, wie und ob es im nächsten Jahr weitergeht. Die Umfrage unserer Zeitung hat aber zweifelsfrei ergeben, dass die Altenkirchener Geschäftsfrauen trotz aller Widrigkeiten nicht aufgeben.