Jutta John-Schneider ist die Tochter von Artur John, der damals Mitinitiator der Städtepartnerschaft war und Zeit seines Lebens eine enge Freundschaft besonders zu Jean Lasalle pflegte, der eine ähnlich wichtige Rolle auf französischer Seite innehatte. Sylvie Dufourmentels Großvater war ein Freund von Lasalle und schnell kam die Idee, die beiden Mädchen, die beide 14 waren, beim Austausch zusammenzuführen. Dass sich daraus eine Freundschaft entwickeln würde, die weit über 40 Jahre bestand hat, hätten die Väter der deutsch-französischen Verständigung wahrscheinlich nicht zu träumen gewagt. Doch tatsächlich halten die beiden Frauen bis heute Kontakt.
Beide haben drei Kinder, die Mittleren und Jüngsten ebenfalls in einem Alter, obwohl sich zum Bedauern der Mütter die Freundschaft nicht bis in die nächste Generation ausdehnte. Dreimal besuchten sich die beiden im Rahmen des Schüleraustausches, da waren sie im Alter von 14 bis 17 Jahren. „Danach haben wir uns eher sporadisch gesehen, aber der Kontakt riss nie ab“, sagt Jutta John-Schneider. Sylvie war ihre Trauzeugin und umgekehrt, sie schreiben sich, telefonieren, tauschen sich übers Handy aus und halten sich so gegenseitig auf dem Laufenden.
Jetzt, wo die Kinder flügge sind, hat Sylvie endlich die Zeit gehabt, und ist zu einer kleinen Rundreise nach Deutschland gekommen. Natürlich durfte da auch ein Halt in Altenkirchen nicht fehlen. Zwar lebt Jutta John-Schneider eigentlich in Gründau (Hessen), ist aber derzeit beruflich viel im Westerwald und nutzt ihr Elternhaus dann auch als Ferienwohnung. Die beiden Frauen können hier auch so richtig in Erinnerungen schwelgen, denn das Büro von Juttas Vater ist ein wahres Museum. Fotos, Karten, Urkunden, Medaillen, Wimpel, Bücher und andere Andenken gibt es hier, die beweisen, wie ernst diese vom Krieg geprägte Generation die Aussöhnung und die Völkerverständigung genommen hat.
„Mein Vater wäre entsetzt, wenn er noch mitbekommen würde, was hier heute passiert“, sagt Jutta John-Schneider mit Blick auf die Ukraine. Sie selbst spielt auch mit dem Gedanken, später mal etwas aus diesem wichtigen Erbe zu machen, das ihr Vater ihr mitgegeben hat. „Noch ist es zu früh, noch bin ich beruflich sehr eingespannt, aber wir sind mit dieser Selbstverständlichkeit aufgewachsen, mit diesem Gedanken von Freiheit, von Frieden, von nie wieder Krieg, das würde ich gern ebenfalls irgendwie weitergeben.
Was mit den ganzen Andenken ihres Vater passieren soll, weiß John-Schneider noch nicht. Im Rahmen des diesjährigen Jubiläums hatte sie es der VG angeboten, doch letztendlich kam es nicht zu einer Übernahme der Sammlung. Ein paar Dinge seien im Historischen Quartier zu sehen, freut sich Jutta John-Schneider und ist sich sicher, dass auch der Rest dieser zusammengetragenen Belege deutsch-französischer Freundschaft noch irgendwo sinnvoll zum Einsatz kommen wird.
Sylvie Dufourmentel jedenfalls hat sich gefreut, hier noch einmal in die Vergangenheit reisen zu können. Sie wird nach ihrem Abstecher noch nach Dresden fahren, wo ein Teil ihrer Familie mütterlicherseits lebt. „Meine Großmutter hat sich damals in meinen Großvater verlibt, der französischer Kriegsgefangener war“, erzählt sie. Die Liaison blieb nicht folgenlos, doch der Großvater musste zurück nach Frankreich. „Meine Großmutter ist dann mit meiner Mutter im Kinderwagen allein von Dresden nach Tarbes gegangen.“ Es gab ein Happy-End, nicht nur in der Familie Dufourmentel. Auch die Bande, die dereinst zwischen Altenkirchen und der Pyrenäenstadt geknüpft wurden, haben Bestand, wie die Frauen mit ihrer Freundschaft beweisen.