„Ich dachte, euch Grüne hätten sie schon alle erschossen.“ Mit diesen Worten wurde Rainer Stockschläder laut eigener Aussage vor etwa einer Woche beim Einkaufen in Herdorf von einem stadtbekannten AfD-Anhänger begrüßt. Als der Sprecher der gemeinsamen Fraktion aus Grünen und Linkspartei davon im Ratssaal berichtet, herrscht absolute Stille unter den Anwesenden.
Der Stadtrat Herdorf ist zusammengekommen, um den Haushalt für das laufende Jahr zu verabschieden. Zuvor hatten bereits Stadtbürgermeister Uwe Geisinger sowie die Fraktionen von CDU und SPD ihre Stellungnahmen zum aktuellen Zahlenwerk abgegeben. Stockschläder geht in seinem kurzen Wortbeitrag zwar ebenfalls auf den Haushaltplan für das aktuelle Jahr ein, doch dies bleibt auf die Einleitung und eine Zwischenbemerkung beschränkt.
„Es ist nicht fünf vor zwölf, sondern eine Minute vor zwölf.“
Rainer Stockschläder, Sprecher der Grünen-Linkspartei-Fraktion im Herdorfer Stadtrat, über den Erfolg der AfD
Was folgt, ist ein mit Bedacht vorgetragener Appell. Demnach wühlen die politischen Entwicklungen den Grünen bereits seit der Bundestagswahl im Februar auf. Er erinnert daran, dass die AfD in der Verbandsgemeinde Daaden-Herdorf mehr als 20 Prozent der Stimmen einfahren konnte. Seine Forderung: Die Ratskollegen in den anderen Fraktionen sollen in ihren Parteien auf eine Beschleunigung des Verbotsverfahrens der AfD hinwirken. „Diese Partei versucht, unsere demokratische Gemeinschaft in eine Diktatur zu führen. Wenn wir das mit uns machen lassen, dann gelingt ihnen das“, so seine Befürchtung. Stockschläder zieht in Zweifel, ob den Ernst der Lage alle mitbekommen hätten. „Es ist nicht fünf vor zwölf, sondern eine Minute vor zwölf“, warnt der Kommunalpolitiker.

Eine Alternative zu einem AfD-Verbot sieht Rainer Stockschläder nicht. „Ich weiß nicht, wie wir konsequenter werden.“ Er sei davon ausgegangen, dass in Herdorf Offenheit und die Menschen mitzunehmen, eine besondere Priorität genieße. Die Initiative „Schönes Herdorf“, bei der Ratsmitglieder über Fraktionsgrenzen hinweg für ihre Stadt aktiv anpacken, führt er als Beispiel dafür an. „Trotz alledem: AfD über 20 Prozent.“
Stadtbürgermeister Uwe Geisinger dankt für die Haushaltsrede und die „ermahnenden Worte Stockschläders. „Ich gebe dir an vielen Stellen recht.“ Geisinger betont ebenfalls die Wichtigkeit von „Transparenz“ und die Bemühungen, Bürger in Entscheidungsprozesse sowie bei der politischen Willensbildung mitzunehmen. Zu diesem Zweck habe man kürzlich die Aktivitäten in Neuen Medien ausgebaut. Herdorf ist nun stärker im Internet vertreten. Regelmäßige Beiträge erscheinen auf Facebook und Instagram. Zudem wurde eine Whatsapp–Gruppe ins Leben gerufen. Außerdem zielten zahlreiche Ansätze im Haushalt darauf ab, „das Leben der Bürger zu verbessern“. Das Thema solle weiterhin auf der Agenda bleiben, kündigt Geisinger an.