Kreisausschuss legt Neuausrichtung des Stipendiums für künftige Mediziner fest
Ärztenachwuchs wird im Ausland ausgebildet: Kreisausschuss legt Neuausrichtung des Medizinerstipendiums fest
Das Angebot an Studienplätzen für Mediziner ist an deutschen Universitäten weitaus kleiner als die Zahl der Bewerber. Deshalb richtet der Kreis Altenkirchen sein Medizinerstipendium neu aus. Foto: dpa
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Gerade ein einziges Mal hat der Kreis Altenkirchen zu Jahresbeginn sein Ende 2019 beschlossenes Medizinerstipendium an zwei junge Medizinstudentinnen vergeben. Nun hat der Kreisausschuss in seiner gestrigen Sitzung bereits einstimmig eine Neuausrichtung des Instruments beschlossen, das zur Sicherstellung des medizinischen Nachwuchses beitragen soll.

Und zwar indem sich die Stipendiaten verpflichten, nach ihrem Abschluss zehn Jahre lang als Allgemeinärzte im AK-Land tätig zu sein.

Zwei weitere Stipendien sollen im kommenden Jahr nicht an Studenten mit Studienplatz an einer deutschen Universität vergeben werden, sondern über das Programm Medistart, das angehenden Medizinern einen Studienplatz an einer ausländischen Hochschule vermittelt. Der Vorteil: Für ein solches Stipendium kommen auch Interessenten infrage, deren Abiturschnitt für ein Medizinstudium in Deutschland aufgrund der begrenzten Studienplätze nicht ausreicht.

Die Förderung kann insgesamt für die sechs Jahre des Studiums gewährt werden, die anschließende Facharztausbildung soll nicht gefördert werden, da die Studenten hier bereits Geld verdienen. Sie verpflichten sich neben der späteren Niederlassung im AK-Land die Facharztausbildung – wenn möglich – im Westerwald und den angrenzenden Regionen zu absolvieren. Die Kosten für das Stipendium ergeben sich je nach Studienort und belaufen sich durchschnittlich auf etwa 6000 Euro pro Semester.

Hinzu kommt ein Erfolgshonorar für Medistart sowie die Studiengebühr und Bewerbungskosten. Bei einer Förderzeit von sechs Jahren fallen pro Student circa 80.000 Euro an. Der Rechtsanwalt und Initiator von Medistart, Dirk Naumann zu Grünberg, stellte – per Video zugeschaltet – den Ausschussmitgliedern das Programm vor, dessen Hauptzweck es sei, die ärztliche Versorgungslücke durch heimische Absolventen zu schließen.

Medistart biete dabei sowohl den Stipendienpartnern als auch den Studenten eine umfassende Begleitung vom Auswahlverfahren bis hin zur Betreuung am Studienort. Infrage kommen dafür Universitäten in elf überwiegend ost- und südosteuropäischen Ländern, die allesamt der Europäischen Union angehören. „Der Abschluss ist das gleiche wert wie ein Staatsexamen in Frankfurt, Mainz oder Köln“, betonte Naumann zu Grünberg. Es gebe eine 100-prozentige Anerkennungssicherheit.

Mit Blick auf den deutschen Hochschulmarkt stellte er fest, dass die Zahl der Bewerber die der Studienplätze in der Humanmedizin um das Vierfache übersteigt. Auch durch das Abschaffen der „Wartesemester“ sei die Ausbildungskapazität nicht erhöht worden – und das bei steigendem Bedarf aufgrund des demografischen Wandels.

Seit der Gründung 2013 habe Medistart Partner wie Kommunen und Krankenhäuser durch mehr als 12.000 Beratungen und mehrere Hundert Vermittlungen pro Jahr darin unterstützt, sich diesem Problem entgegenzustellen. Einer Stärkung der regionalen Bindung diene es dabei, dass praktische Anteile möglichst an Lehrkliniken aus einem Krankenhauspool absolviert werden. „Somit kehren die Stipendiaten jedes Jahr für eine gewisse Zeit zurück in ihre Region“, erklärte Naumann zu Grünberg.

Landrat Enders betonte wie in ähnlichen Worten auch Benjamin Geldsetzer (SPD), es sei unwahrscheinlich, dass es dem Kreis auf Dauer gelinge, angehende Mediziner mit „einem super Abitur“ für ein Stipendium und damit für eine regionale Bindung zu gewinnen „Es ist eine Chance, das jetzt zu versuchen“, so Enders.

Auf mehrfach geäußerte Bedenken, Stipendiaten könnten vertragsbrüchig werden, nachdem sie einen Studienplatz ergattert haben, verwies Naumann zu Grünberg auf die Vertragsgestaltung, die in diesem Fall eine Rückzahlung mit Zinsen vorsieht. Zudem werde bereits im Auswahlverfahren auf eine starke regionale Verwurzelung geachtet.

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