Friedhelm und Elisabeth Hermes aus Altenkirchen trauen ihren Augen nicht, als sie Post von der Verbandsgemeinde erhalten. Ein Abgabenbescheid im Zuge der neuen Grundsteuerreform ist ihnen am 11. Februar ins Haus geflattert. Die Summe, die darin bis zum 15. August fällig wird: 33 Cent. „Es handelt sich um ein kleines Waldstück in der Ortsgemeinde Volkerzen, das meiner Frau gehört“, erläutert Friedhelm Hermes im Gespräch mit unserer Zeitung. Dieses Grundstück sei bislang nie veranlagt worden, mittlerweile sei es von der Finanzbehörde mit 100 Euro bewertet worden. Die höchstrichterlich eingeforderte Neuregelung der Grundsteuer bedeutet im konkreten Fall, dass für dieses Grundstück in der Verbandsgemeinde Altenkirchen-Flammersfeld nun die besagten 33 Cent zu zahlen sind.
Ihr Kopfschütteln kleidet das Ehepaar Hermes postwendend in eine E-Mail an das Altenkirchener Rathaus. „Heute erhielt ich einen Abgabenbescheid (vier Seiten mit Anlagen) über eine Festsetzung von 0,33 Euro. Das Porto für den Versand betrug 1,10 Euro. Sollte sich durch den Dauerbescheid in den nächsten vier Jahren keine Änderung ergeben, würden sich die Einnahmen bis dahin einigermaßen amortisieren“, ist darin zu lesen. „Wiehert hier der Amtsschimmel oder wurde eventuell eine Kleinstbetragsregelung in Rheinland-Pfalz nicht angewendet?“, so die anschließende Frage. Die Eheleute argumentieren damit, dass das amtlichen Handbuch zur Abgabenordnung, herausgegeben vom Bundesfinanzministerium, besagte Kleinstbetragsregelung im Erhebungsverfahren vorsehe, wonach Beträge von weniger als einem Euro nicht erhoben würden. „Diese Vorschrift könnte man doch aus ökonomischen Gründen bei der Abgabenfestsetzung zugrunde legen, soweit es in Rheinland-Pfalz eine Kleinstbetragsregelung (in anderen Bundesländern schon) nicht geben sollte“, so die Familie weiter.
Kleinstbetragsregelung greift nicht
Laut Friedhelm Hermes habe sich der zuständige Sachbearbeiter der Verbandsgemeindeverwaltung daraufhin telefonisch gemeldet und erklärt, dass von einer Bescheiderteilung kein Abstand genommen werden könnte. Es gäbe zwar eine Kleinstbetragsregelung für Rheinland-Pfalz, deren Anwendung jedoch im Ermessen der Verwaltung stände. Von dieser Regelung würde aber in diesem Fall kein Gebrauch gemacht. „Die genannten Gründe sind für mich nicht nachvollziehbar“, berichtet Hermes unserer Zeitung.
Wir haben uns im Altenkirchener Rathaus den Fall einordnen lassen. „Vor der Fusion der beiden Verbandsgemeinden Altenkirchen und Flammersfeld wendete die VG Altenkirchen eine Kleinbetragsregelung an und die VG Flammersfeld nicht. Bereits seit der Fusion wendet die neue VG Altenkirchen-Flammersfeld keine Kleinbetragsregelung mehr an“, erläutert Finanzfachmann André Feckler vom Fachbereich 2. Auch im Zuge der Grundsteuerreform habe sich die Verwaltung bewusst gegen die Anwendung einer Kleinbetragsregelung entschieden.
Verwaltung setzt auf Datenvollständigkeit
Als Hauptgrund dafür nennt er die Datenvollständigkeit. „Insgesamt werden in der Verbandsgemeinde etwa 1540 Grundstücke mit Kleinbeträgen bis zu 1,30 Euro veranlagt. Nach Abzug der Grundstücke, die zusammen mit anderen Grundstücken des gleichen Eigentümers in einem gemeinsamen Bescheid veranlagt werden, verbleiben davon noch rund 420 Grundstücke, die mit einem einzelnen und unwirtschaftlichen Bescheid versendet werden“, ordnet Feckler auch den konkreten Bescheid für Elisabeth Hermes ein. „Die Steuereinnahmen aus den anderen rund 1120 Grundstücken überkompensieren die Aufwendungen der etwa 420 einzeln zu versendenden Bescheide“, rechnet der Finanzmann vor.
Die Eheleute Hermes, so versichern sie, wollen jetzt aber nicht auf stur schalten und ihre „0,33-Cent-Schuld“ nicht schuldig bleiben. „Das werden wir über eine Einzugsermächtigung regeln“, sagt Friedhelm Hermes auf Nachfrage. Gewundert haben er und seine Frau sich allerdings schon über die Post aus dem Rathaus.