Der Anklagevorwurf: Totschlag und schwere Misshandlung von Schutzbefohlenen. Dem 28-jährigen Vater droht eine lange Freiheitsstrafe. Er hat bislang noch keine Angaben zu den Vorwürfen gemacht, doch seine Verteidigerin Marion Faust ließ nach dem Prozessauftakt durchblicken, dass ihr Mandant zur Aufklärung beitragen möchte. Aber ein Geständnis wird es demnach nicht geben.
Mittwoch, 14 Uhr, Saal 128: Der 28-jährige Angeklagte wirkt schmächtig in seinem weißen T-Shirt. Als Staatsanwältin Katharina Teicher die schrecklichen Vorwürfe vorträgt, senkt er den Blick nach unten und hält sich die Hand vor Augen. Die kleine Mia G. (Name von der Redaktion geändert), die nur zwei Monate alt wurde, soll ein fröhliches Baby gewesen sein. Doch der Vater – so die Staatsanwältin – kam mit dem Kind nicht klar. Er hatte keine Geduld mit ihm. Am 3.Dezember – da war Mia erst 25 Tage alt – ging ihre Mutter kurz einkaufen und ließ das Baby beim Vater. An dem Nachmittag habe er das erste Mal zugepackt: Er soll die Nase des winzigen Kindes zugehalten und es sodann geschüttelt haben – bis es sich erbrach.
Zwei Wochen später sei er erneut überfordert gewesen. Am Tag habe es – wie so oft – Streitigkeiten mit der Mutter des Kindes gegeben. Doch man vertrug sich wieder. Spätabends – er saß mit Mia auf einem Gymnastikball – kritisierte die Mutter ihn, weil er das Kind falsch halten würde. Etwas später geschah wohl die schreckliche Tat. Danach folgten dramatische Stunden: Um 0.09 Uhr setzte die Mutter, die den schlechten gesundheitlichen Zustand bei ihrer Tochter festgestellt hatte, einen Notruf ab. Doch die herbeigeeilte Notärztin bemerkte keine Anzeichen bei Mia. Deswegen ließ sie das Baby in der Obhut der Eltern.
Der Zustand des Kindes verschlechterte sich jedoch rapide. Deswegen fuhren die Eltern mit dem Säugling ins Krankenhaus. Um 1.50 Uhr kamen sie dort an. Da war Mia bereits bewusstlos und musste reanimiert und beatmet werden. Ihr drohte der Hirntod.
Einen Monat später hat Mia den Kampf verloren – sie starb in einer Kinderklinik. Während der Untersuchungen hatten die Ärzte ältere Einblutungen im Schädel der Kleinen festgestellt. Warum die Staatsanwaltschaft davon ausgeht, dass der Vater die Kleine geschüttelt hat, das wurde zum Prozessauftakt noch nicht klar. Ein Anhaltspunkt könnte das Handy des Angeklagten sein. Das soll er am 3. Dezember intensiv dazu genutzt haben, sich über die Folgen von „Schütteln von Babys“ zu informieren. Verteidigerin Marion Faust kämpft für ihren Mandanten – das war bereits zum Prozessauftakt deutlich spürbar, als sie rund 50 Minuten mit dem Vorsitzenden Richter Reiner Rühmann um Verfahrensangelegenheiten diskutierte und nicht nachließ. Sie hat auch eine klare Begründung dafür parat: „Sein Kind ist tot. Das ist eine ganz schreckliche Situation für ihn – er leidet. Wenn man hört, wie diese Vorwürfe gemacht werden – da passiert etwas mit einem Menschen“, so Marion Faust. Unterstützung erhält ihr Mandant auch durch seine Familie, die beim Verlesen der Anklageschrift ihr Unverständnis äußerte. Im anschließenden Gespräch flossen beim Angeklagten bittere Tränen. Wir berichten weiter.