Fällarbeiten sollen wieder beginnen
Zutritt verboten: RheinRuhe bleibt Gefahrenzone
Weil Sicherheit vorgeht: Weiterhin dürfen Angehörige die RheinRuhe nicht betreten. Die Stadt will zeitnah Gefahren beseitigen lassen. Foto: Uli Adams
Uli Adams

Bad Breisig. Nur durch einen Nachbarn hatte Hans-Georg Marx es erfahren. Der Baum, unter dem seine Frau Ilse bestattet wurde, wurde still und heimlich gefällt. Mit keinem Wort hatte die Verwaltung der Verbandsgemeinde Bad Breisig die sogenannte Verkehrssicherungsmaßnahme innerhalb der RheinRuhe Angehörigen mitgeteilt. Nach öffentlicher Empörung über dieses Vorgehen plant die Quellenstadt nun ihre nächsten Schritte ganz genau. Eines ist bereits jetzt gewiss. Weitere Bäume werden in der RheinRuhe fallen.

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„Baum 726“ war der letzte große Wunsch von Marx' Gattin, die 2010 dem Krebs erlag. Dieser letzte große Wunsch lag dann im Juni 2020 von Motorsägen gefällt „wahllos und unsensibel hingeworfen“ da, wie Marx seinen Ärger der RZ schilderte. Nachdem deutlicher Unmut und Trauer auch über Betroffene von Baumfällungen wie Nummer 726 laut wurden, verkündete Stadtbürgermeister Udo Heuser, sich bei allen Geschädigten schriftlich entschuldigen zu wollen. Die Stadt ging weiter: Sie erkundigte sich per Rundschreiben bei allen Angehörigen, wie diese sich eine Wiedergutmachung vorstellen könnten.

In der Beschlussfassung des gemeinsamen Haupt- und Finanzausschusses, der Wirtschaftsförderung der Stadt Bad Breisig und der des Ausschusses für Umwelt, Natur und Klimaschutz vom vergangenen Mittwoch will man dieses Mal alles richtig machen. Mit deutlichem positiven Votum wurde abgestimmt, dass, vor allen weiteren Maßnahmen, zuerst individuelle Benachrichtigungen an alle Besitzer von Urnengräbern in der RheinRuhe erfolgen sollen, unmittelbar danach dann eine Pressemitteilung.

Bereits am 9. Juli beschlossen die beiden Ausschüsse in einer gemeinsamen Sitzung, dass in der RheinRuhe keine Bäume mehr gefällt werden sollen. In Abstimmung mit der Versicherung der Stadt wurde die RheinRuhe durch Schilder und Sperrvorrichtungen für Besucher gesperrt. Auch Bestattungstermine vergab die Stadt nicht mehr.

Nach neustem Beschluss ändert sich das: Es sollen zunächst die bereits gefällten Bäume entfernt werden, dann ebenso Totholz in den Bäumen, und dann soll es auch zur Fällung weiterer als Sicherheitsgefahr ausgemachter Bäume kommen – nur dieses Mal mit persönlicher Benachrichtigung der Betroffenen.

Für diese Entscheidung hat sich die Stadt Rat geholt. Die GVV-Versicherung, eine Mitgliederversicherung für Kreise, Gemeinden und etwa Städte – wie Bad Breisig –, empfahl der Quellenstadt den Garten- und Landschaftsarchitekten Rolf Lambrecht als Sachverständigen und Gutachter für die Lage in der RheinRuhe. Aus dem 17-seitigen Bericht des Experten, welcher der RZ vorliegt, geht hervor, dass die bereits gefällten Bäume, die er noch an Ort und Stelle vorfand, ausnahmslos als „Gefahrenbäume“ gefällt werden mussten. Er bekräftigt also die getätigte Maßnahme an sich. Denn diese Bäume wiesen Schäden auf: Morschungen am Stamm, Kronenbrüche oder Holz zersetzende Pilze. Aus Sicht des Sachverständigen war die Stand- und Bruchsicherheit der Bäume nicht mehr gegeben. Rücksicht auf bereits beigesetzte Urnen an den Bäumen dürfe laut ihm auch nicht Vorrang haben.

„Es geht nicht an, dass da eine Zeitbombe tickt“, wird Lambrecht bei seinen Ausführungen im gemeinsamen Haupt- und Umweltausschuss sehr deutlich. Doch handelt es sich nicht um einen Wald? Um einen Wald, auf dem eben auch waldtypische Gefahren hinzunehmen sind? „Nein“, sagt Lambrecht. Nach ihm ist die RheinRuhe eben ein Friedhof – ein wichtiger Unterschied. Denn dort sei man, in diesem Fall die Stadt Bad Breisig, in anderem Maße, verkehrssicherungspflichtig.

Versprechen sollte man nicht brechen. Was jedes Kind lernt, hat in juristischer Form noch deutlichere Auswirkungen: Wem die Stadt die Totenruhe durch einen Vertrag verspricht, dem verspricht sie, laut aktueller Satzung, dass dort 50 Jahre nichts passiert – die Ruhe nicht von Bäume fällenden Motorsägen gestört wird. Doch weil die Frage drängt, ob eine Stadt ein solches Versprechen unter Beachtung der Verkehrssicherung überhaupt einhalten kann, hat der Ausschuss ebenfalls dafür votiert, dass die Satzung so bearbeitet wird, dass Bäume unter Umständen gefällt werden dürfen. Dafür und für die Problematik, wie man dann mit laufenden Verträgen umgeht, möchte sich die Politik juristische Unterstützung holen. Neben den bereits gefällten Bäumen sollen, so ist sich Lambrecht mit dem Forstassessor Udo Einig einig, auch weitere dafür markierte Gewächse gefällt werden. Diese seien aber erst in der nächsten Zeit fällig. Man könne die RheinRuhe derzeit wieder öffnen und wieder bestatten, erklärte Lambrecht im Ausschuss.

An dieser Stelle schritt Bernd Hoffmann, Revierleiter des Forstreviers Bad Breisig, entschlossen ein: „Ich sehe derzeit keine Sicherheit in der RheinRuhe gegeben. Die muss zuerst da sein. Dort aktuell eine Beisetzung durchzuführen, könnte ich nicht verantworten.“ Dem schloss sich der Ausschuss letztlich an.

Ein Nebenschauplatz: Aus akustischen Gründen enthielten sich Mitglieder der FWG bei der Abstimmung zu Teilen. Der Unmut war Robert Hoß (FWG) anzumerken. Corona-bedingt waren die Abstände in der Jahnhalle weitläufig gewählt. Michael Matern (SPD) schritt nach eineinhalb Stunden des Ausschusses beherzt ein, um die technischen Mängel zwischen Mikrofon und Lautsprecher zu beseitigen. Das Drehen eines Lautstärkereglers genügte.

Von unserem Redakteur Nicolaj Meyer

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