Es wurde viel Klartext gesprochen am Donnerstagabend in der Adenauer Hocheifelhalle. Vor allem Christian Menzel (rechts), Wilhelm Hahne (2.v.r.) und CDU-Mann Alexander Licht (links) kritisierten die Landesregierung und ihre Vertreter Marc Ruland (2.v.l.) und Nils Wiechmann (3.v.l.) scharf.
Von unserem Redakteur Jan Lindner
Neue Erkenntnisse brachte die zweistündige Diskussion aber nicht. Zu sehr arbeiteten sich die Protagonisten auf dem Podium und im Publikum an der Vergangenheit ab. Zu wenig blickten sie in die Zukunft. Das fällt zugegebenermaßen recht schwer, da man zwar weiß, dass der Russe Viktor Charitonin nun neuer Mehrheitseigentümer der legendären Rennstrecke ist. Wer aber hinter seiner Nürburgring Holding AG steckt, was genau er in der Eifel vorhat, das alles ist völlig ungewiss und offen.
So blieb den Vertretern der verschiedenen Interessengruppen auf dem Podium, nur ihre – bereits bekannte – Sicht der Dinge darzustellen. Sie gebetsmühlenartig zu wiederholen wie auch vermeintliche Fakten, Beweise sowie Anschuldigungen. Die eine Seite – die Regierungsvertreter Marc Ruland (SPD) und Nils Wiechmann (Grüne) – wurde dabei heftig attackiert von den anderen Parteien: Christian Menzel (Rennfahrer und Mitgründer der Initiative Wir sind Nürburgring), Wilhelm Hahne (Journalist und Ring-Experte) und Alexander Licht, stellvertretender Vorsitzender der CDU-Fraktion im Mainzer Landtag. Dazu kamen teils sehr kritische Wortmeldungen aus dem Publikum, Pfiffe, Gelächter, Buhrufe, mit denen sich Ruland und Wiechmann ebenfalls auseinandersetzen mussten. Meist blieb es bei einem Versuch. Nachzuhören ist das in der Aufzeichnung:
Zwar wollten die Regierungsleute wiederholt „gemeinsam mit Ihnen allen in der Region nach vorne schauen und hoffen, dass die Veranstaltungen 2015 gut besucht sind“, dass der neue Eigentümer die Region einbindet. Allerdings: Außer den beiden hatte keiner Lust auf einen Blick in die Glaskugel.
Alexander Licht, der in Sachen Ring seit Jahren die Abteilung Attacke der CDU darstellt, sagte: „Es ist nichts anderes als schlechtes Theater. Wie viele Versprechen wollen die SPD und Ministerpräsidentin Frau Dreyer noch brechen?“ Zuletzt sei mehrfach versprochen worden, dass kein Oligarch den Ring kaufe. Was aber einige Wochen später wieder hinfällig war.
Wilhelm Hahne, der sich seit Jahren akribisch mit dem Nürburgring-Skandal auseinandersetzt, dazu Bücher veröffentlicht hat und regelmäßig bloggt, sagte: „Wir werden hier seit zehn Jahren belogen. Es weiß ja keiner, was derzeit passiert.“ Daher könne man heute auch nicht abschätzen, was die Zukunft bringen werde. Bislang sei immer „alles viel schlimmer gekommen als es die schlimmsten Befürchtungen ohnehin schon gewesen sind“.
Rennfahrer und Verkaufsgegner Christian Menzel: „Wir müssen seit Jahren mitansehen, wie wir belogen und betrogen werden.“ In Mainz interessiere niemanden, was mit den Menschen in der Ring-Region passiere: „Hier gibt es einfach zu wenige Einwohner und damit auch Wähler.“ Unfassbar ist für ihn, dass die ganze Welt Sanktionen gegen Russland verhängt, aber ausgerechnet die Landesregierung ihr Denkmal und Aushängeschild an einen Oligarch verkauft habe. Menzel: „Sie sind dabei, den Motor einer strukturschwachen Region zu vernichten. Hier gibt es nur den Ring.“ Fortan sei die ganze Region von einem einzigen abhängig.
Uli Adams, Redaktionsleiter der Rhein-Zeitung in Bad Neuenahr und damit seit Jahren ebenfalls thematisch ganz nah dran am Ring, sagte: „Man ist hier ohnmächtig, weil die Politik in Mainz gemacht wird.“ Er habe schon oft erlebt, dass er Anfragen an Politiker und Ring-Manager gestellt habe, deren Antwort keine 24 Stunden später bereits wieder überholt waren.
Für Wiechmann, der wie Licht und Ruland im Landtag sitzt, ist klar: „Die EU hat entschieden, dass der Verkaufsprozess rechtsgültig und damit abgeschlossen ist.“ Die Regierung habe gesetzliche Grundlagen geschaffen, dass der Ring weiterhin für die Öffentlichkeit zugänglich sei. Er sei sicher, dass weitere Arbeitsplätze geschaffen würden und die Region von den Geschäften um die Rennstrecke auch in Zukunft profitieren werde.
SPD-Mann Ruland ergänzte: „Entscheidungsträger meiner Partei haben große Fehler gemacht und dafür Verantwortung übernommen.“ Für 2015 wünsche er allen zusammen eine erfolgreiche Saison mit vielen Besuchern.
Die Debatte hat auch Mike Frison in seinem Blog ausführlich aufgegriffen.