Hotel "Klein und Fein" aus Bad Breisig kämpft gegen Corona-Krise - Neue Geschäftsidee am Rhein verwirklicht
Zimmer frei im Breisiger Hotel „Klein und Fein“: Wenn Könige daheimbleiben
Seit 2012 mit dem Hotel „Klein und Fein“ in Bad Breisig: Maria Petrakakis will sich die gute Laune trotz Corona nicht verderben lassen. Foto: Nicolaj Meyer
Meyer

Bad Breisig. Der König schläft im Boxspringbett, das ist das Logo des Hotel „Klein und Fein“ aus Bad Breisig. Der Gast ist König. Oftmals ein hochzufriedener: Die Bewertungen in führenden Hotelportalen im Internet sind ausgezeichnet: 9,3 von 10 Punkten gibt es bei booking.com oder 4,9 von 5 Sternen bei Google. Doch die Könige bleiben im Frühjahr 2020 aus. Schuld ist das Coronavirus. Wie übersteht eine Hotelbesitzerin eine weltweite Pandemie?

Auch wenn Maria Petrakakis nicht zum Lachen zumute ist: Sie zeigt ihr gewinnendes Lächeln trotzdem. Hinter einer Plexiglasscheibe an der Rezeption strahlt es die ankommenden Gäste an – wenn denn welche kommen. Es ist nicht nur ihr Job, sondern ihre Berufung. „Man muss lächeln, wenn Gäste da sind. Man freut sich ja auch.“

Shutdown und Existenzängste

Als der Shutdown am 18. März beginnt, bleibt lediglich ein Langzeitgast im Haus. Der hatte schon Ende Oktober hier eingecheckt, fast wie Udo Lindenberg im Hotel Atlantik. Außerdem kommen vereinzelnd Geschäftsreisende. Für die 51-Jährige ändert sich alles.

„Am Anfang ging es mir ziemlich schlecht damit“, sagt sie. Wegen eines Seminars in der Nähe war ihr Hotel Mitte März eigentlich gut gebucht, doch dann der erste Schock: Eine Stornierung nach der anderen prasselte herein. „Ich wusste zunächst nicht, damit umzugehen, war zwei Wochen niedergeschlagen.“ Für sie und Ehemann Alfons Petrakakis war klar: „Das wird massiv ans Geld gehen.“

Die Räumlichkeiten sind wie der Name „Klein und Fein“ es verspricht. Verlaufen kann man sich in dem kleinen Gebäude in der Schmittgasse nicht. Neben hochwertigen Betten sind die Schränke alle geschreinert – keine Möbeldiscounterware. Die Bettwäsche haben die Petrakakis aus Italien einfliegen lassen, weil es die einzige gewesen sei, die ihnen farblich gepasst habe. Der feine rote Faden zieht sich bis zum Frühstück, bei dem der Aufschnitt stets frisch vom Metzger kommt. Doch all die Feinheiten, was bringen sie, wenn keine Gäste sie nutzen?

Das „Klein und Fein“ ist ein Frühstückshotel. Morgens zwischen 7 und 9.30 Uhr gibt es hier ein Büfett zentral im Frühstücksraum – eigentlich. Corona machte für Petrakakis alles komplizierter. Stattdessen pflegte sie bis Juli Listen für jeden einzelnen Gast. Die Gastronomin brachte das individuelle Frühstück auf die Zimmer – für sie ein erheblicher Mehraufwand. Mittlerweile ist unter Auflagen auch wieder das Dejeuner im dafür vorgesehenen Raum möglich.

Ebenso für viel Arbeit sorgen die notwendigen Hygienemaßnahmen. In dem dreistöckigen Hotel desinfiziert Petrakakis alle Handläufe und Türknöpfe täglich, zusätzlich zur normalen Reinigung. Und in jedem Raum und nach jedem Check-out reinigt sie Kleinigkeiten, damit das Virus keine Chance hat: etwa den Föhn und die Fernbedienung.

Finanziell hat das auch Auswirkungen. Da schlugen die Zukäufe an Masken, Handschuhen und Desinfektionsmitteln zu teils überteuerten Preisen zu Buche – vor allem, da wegen der hohen Nachfrage die Preise dafür stark angezogen haben.

Starke Umsatzeinbrüche

Dann der Mai: Das ist eigentlich für die Hotelbesitzerin der wertvollste Monat. Mit seinen vielen Feiertagen lockt er zahlreiche Touristen an, die in Bad Breisig und der Region Ferien machen wollen. 85 Prozent weniger Umsatz als noch 2019 waren es dann 2020 wegen des Coronavirus. An den vergangenen April möchte Petrakakis gar nicht denken: 225 Prozent weniger Umsatz als im Vorjahr machte ihr Hotel bei einer nicht mal 10-prozentigen Auslastung.

Von Mitte März bis Mitte Mai blieben auch zehn von zwölf geringfügig Beschäftigten zu Hause – es gab einfach nichts mehr zu tun für sie. Eine Mitarbeiterin ging in Kurzarbeit.

Genug Arbeit hatte Petrakakis daraufhin dennoch. Köchin, Hausdame, Concierge, Rezeptionistin und Managerin. Sie macht einen Knochenjob von 6 Uhr morgens bis mindestens 8 Uhr abends. Jammern will sie nicht. „Das Hotel ist eben mein Baby“ – ein Kind, das es seit 2012 in Bad Breisig gibt. Vor dieser Zeit leitete Petrakakis einen ambulanten Pflegedienst. Und das „Klein und Fein“ sollte ursprünglich ein betreutes Wohnen werden, doch es kam anders. „Ich wollte immer ein Hotel haben. Dabei dachte ich eigentlich an 5 oder 6 Zimmer am Meer, jetzt habe ich 18 Zimmer am Rhein“, sagt Petrakakis und lacht.

Denn gebürtig kommt sie vom Meer, genauer: aus Kreta. Von der Mittelmeerinsel habe sie auch ihre temperamentvolle Art. Ganz normal sei es im „Klein und Fein“ so, dass „viele als Fremde kommen und als Freunde gehen“. Normalerweise drücke sie die Gäste zum Abschied gern, doch nun wisse sie gar nicht recht, wie man sich verabschieden solle. „Ich fühle mich gehemmt.“ Nun sage sie oft mit einem Ellbogencheck Auf Wiedersehen.

Die Faszination für ihren Beruf nimmt die Geschäftsfrau aus dem Umgang mit verschiedenen Menschen: „Ich liebe es einfach, Gäste zu bedienen, Späße zu machen und sie zu verwöhnen.“ Mehr Gedanken als der tägliche Umgang mit den Menschen macht ihr eine große Sorge: die einer zweiten Corona-Welle und eines flächendeckenden Lockdown. „Das wäre der Genickbruch, nicht nur finanziell, sondern auch die Reiselust der Menschen wäre dann vollends weg.“

Not macht erfinderisch

Doch Herausforderungen nimmt die studierte Betriebswirtschaftlerin und Fremdsprachenkorrespondentin am liebsten mit Kreativität an: Während einige Gastronomiebetriebe der Region in der Krisenzeit auf Essen zum Mitnehmen umstellten und Onlineshops einführten, war das für eine Hotelübernachtung nicht denkbar.

Damit das „Klein und Fein“ noch lange nicht aus Bad Breisig auschecken muss, hatten die Petrakakis eine Idee: den mobilen Eisstand „Eismariechen“ am Rhein zu eröffnen. Wie ein kleiner italienischer Platz soll der Stand aussehen mit kleiner Terrasse und Schirmen. Der Standort ist gegenüber dem alten Zollhaus. Da möchte Petrakakis ihre Gäste ebenso verwöhnen wie im Hotel, nur eben mit Eis.

Von unserem Redakteur
Nicolaj Meyer

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