„Achtung, jetzt wird es wuselig“, mit diesen Worten öffnet Katharine Heckmann ganz vorsichtig die Tür zum Wachtelgehege in ihrem Garten. „Raptorenpark – Betreten auf eigene Gefahr“ ist auf zwei Warnschildern an der Eingangstür der raumhohen und mehrere Quadratmeter großen Voliere angebracht. Unter diesem Warnhinweis zeigt, der stark an eine Szenerie aus den US-amerikanischen Dinoschockern der „Jurassic Park“-Reihe erinnert, sind zudem überblicksartig Jagderfolge der Gehegebewohner aufgelistet. Neben mehreren Würmern, Ameisen und Katzen ist auch ein Postbote als Opfer aufgeführt.
Dennoch, Gefahr im eigentlichen Sinne geht von den Gehegebewohnern nicht aus. „Es ist eher der Kuschel- und Niedlichkeitsfaktor, der Besucher darniederliegen lässt“, lacht Katharine Heckmann, während sie langsam durch die Anlage schreitet. Wie zum Beweis ist sie sogleich von kleinen federkugelartigen Tieren umringt. „Das sind meine Wachteln“, strahlt die Adenauerin und lässt dabei ihren Blick durchs Gehege streifen.

Rund zehn Tiere in weißem, grauem oder braunem Federkleid sind in der Voliere unterwegs, scharren übermütig auf dem trockenen Erdboden nach Insekten, nehmen ein Staub- oder Wärmebad oder picken an einer der vielen Futterstellen nach Essbarem. Eines der Tiere versucht sich gar in Musik während es in einer Ecke vor einem bunten Xylophon sitzt und neugierig die metallenen Plättchen anpickt.
Vor rund sechs Jahren hat die ausgebildete Erzieherin die ersten Tiere in ihren Garten einziehen lassen – und dies eigentlich nur aus der Not heraus, wie sie schmunzelnd zugibt. Denn eigentlich hatte im Kindergarten, in dem die Adenauerin tätig ist, im Rahmen eines pädagogischen Projekts ein Wachtelgehege entstehen sollen. Allerdings durchkreuzte ein zudringlicher Fuchs die Pläne, und ein neues, sicheres Zuhause musste für die nur rund 15 bis 20 Zentimeter großen und rund 100 Gramm schweren Tiere her. „So bin ich dann von jetzt auf gleich Wachtelmama geworden“, erinnert sich Heckmann, „Und das habe ich nie bereut. Die Tiere gehören inzwischen alle zur Familie.“

Aber was haben die Wachteln nun mit Dinosauriern und gar mit Ostern zu tun? Zur Beantwortung dieser Frage lächelt Katharine Heckmann nur und nimmt dabei einen der vielen kleinen umherwuselnden Hühnervögel behutsam auf den Arm. Ganz still und zutraulich lässt das Tier es mit sich geschehen und genießt einige Sekunden später die zarten Streicheleinheiten, die es von Katharine Heckmann erhält. „Sie sind alle handaufgezogen und kennen mich von klein auf“, erklärt selbige mit ruhiger Stimme und betrachtet ihren kleinen Schützling mit einem liebevollen Blick, bevor sie fortfährt: „Aber mit ihren genetischen Vorfahren wäre ein solches Miteinander wohl nicht möglich gewesen. Denn als Hühnervogel stammt die Wachtel vom Tyrannosaurus Rex ab.“
Anders als ihr Vorfahr sind die Wachteln höchst soziale und empathische Tiere, weiß Heckmann und deutet auf in die Mitte der Voliere, wo ein kleines hölzernes Häuschen steht. Untergebracht werden dort insbesondere kranke Tiere – und dies ganz bewusst an diesem Ort, wie die Wachtelmama erklärt: „Dieser Stall steht in der Mitte, damit die kranken Tiere, die während ihrer Genesung nicht bei ihrer Gruppe sein können, dennoch nicht allein sind. Vielmehr sind sie mitten im Geschehen und wenn sich ein Tier in dieser Krankenstation befindet, stehen immer Wachteln auf der anderen Seite der Einzäunung, um es zu besuchen und um ihm Trost zu spenden.“

Überhaupt seien Wachteln sehr gesellig, betont Heckmann und sagt, während sie mit einem verschmitzten Blick immer weiter in den hinteren Teil der Voliere geht: „Und die Geselligkeit gilt nicht nur tagsüber. Vielmehr kuscheln sich die Wachteln auch nachts zum Schlafen zusammen und auch das Brüten tun sie am liebsten in Gemeinschaft – und bevorzugt an versteckten Orten.“ Wie zum Beweis deutet sie in eine nicht auf den ersten Blick zu erkennende kleine Mulde auf dem Boden: Mehrere kleiner, braungesprenkelte Eier liegen dort. „Vermutlich von mehreren Tieren“, lächelt Heckmann, beugt sich über das kleine Nest und nimmt die Eier vorsichtig heraus. „Die Wachteln legen fast täglich Eier, aber oft ist es mit dem Einsammeln wie an Ostern. Man muss suchen“, lacht sie.
Obgleich sich die tägliche Suche nicht immer einfach gestalte, missen möchte Katharine Heckmann die tägliche Zeit mit ihrer gefiederten Familie nicht. „Der Besuch bei meinen Wachteln hat so etwas Beruhigendes“, sagt sie und beobachtet dabei das wuselige Treiben im Stall. „Gerade nach einem stressigen Tag ist es hier die totale Erholung.“

Gleichzeitig bringt dieses tierische Hobby der Adenauerin auch jede Menge Eier ein. „Es sind oft so viele, die können wir in der Familie gar nicht allein verwerten und deshalb verschenke ich sie oft“, so Heckmann weiter und lächelt: „Und gerade an Ostern sind die Eier besonders beliebt. Viele nutzen die Schalen als Deko, aber die Wachteleier schmecken auch sehr gut und sind wegen ihres hohen B12-Gehalts auch sehr gesund.“
Den Umrechnungskurs von Wachtel- zu Hühnerei beschreibt die Adenauerin mit 5:1. „Gerade im Kuchen sind die Eier super. Und jetzt in der Osterzeit sind sie die perfekte Zutat für eine Grüne Soße“, schwärmt sie von dem gesunden, frühlingsfrischen Klassiker der hessischen Küche, der nicht nur gut schmeckt, sondern auch schnell zubereitet ist. Doch eines stellt Katharine Heckmann bei allen lukullischen Genüssen ganz strikt klar: „Es werden nur die Wachteleier gegessen, die Tiere sind tabu. Die sind schließlich Teil meiner Familie.“
Grüne Soße – das perfekte Ostergericht
Für viele Menschen – gerade im Hessischen – ist sie der lukullische Inbegriff des Frühlings, die Grüne Soße. Auch als Ostergericht ist sie beliebt, lassen sich doch perfekt hartgekochte Ostereier in ihr verwenden. Das Rezept und die Zubereitung sind denkbar einfach und auch die Zutatenliste ist kurz. Benötigt werden lediglich Schmand beziehungsweise Creme Fraiche und Saure Sahne zu gleichen Teilen sowie traditionell die sieben Kräuter: Krause Petersilie, Kerbel, Schnittlauch, Kerbel, Sauerampfer, Borretsch, Kresse und Pimpinelle. Wer nicht alle Kräuter zur Hand hat oder nicht alle mag, nimmt entsprechend weniger. Die Kräuter fein hacken und mit Schmand/Creme Fraiche, Saurer Sahne verrühren und mit etwas Pfeffer, Salz, Senf, Honig und Weißweinessig. Zur Grünen Soße werden traditionell hartgekochte Eier (Wachteleier hierzu dreieinhalb Minuten kochen) und frisch gekochte Kartoffeln gereicht. Für einen zusätzlichen Frischekick sorgt ein Spritzer Zitronensaft. clv