Kreis Ahrweiler – In Sachen Windenergie wehte im Kreis Ahrweiler bislang ein eher laues Lüftchen. Doch jetzt will die Kreisverwaltung auch mittels Windkraft die Energiewende im Kreis weiter vorantreiben und dabei mit gutem Beispiel vorangehen: Sie untersucht den Betrieb einer Windenergieanlage (WEA) auf eigenem Grund und Boden. Ein Kreis, der seinen Energiebedarf zu 100 Prozent aus erneuerbaren Energien decken kann, ist das erklärte Ziel.
Gedacht ist an das Gelände des Abfallwirtschaftsbetriebes (ABW) in Niederzissen. „Dies werden wir den Gremien des ABW vorschlagen“, erklärte Landrat Jürgen Pföhler im RZ-Gespräch. Wie mit der Gründung der Solarstrom GmbH 2005 oder dem Neubau am Are-Gymnasium als erstes Schulgebäude dieser Größenordnung in Rheinland-Pfalz im Passivhausstandard 2009 will der Kreis in Sachen erneuerbare Energien eine Vorreiterrolle einnehmen.
Die neuerdings erkannten Perspektiven der Windkraft dokumentierte der Landrat kürzlich in Weibern, wo das erste von vier aktuell genehmigten Großanlagen montiert wurde (die RZ berichtete). „Der Windpark Weibern leistet einen wichtigen Beitrag zum Ausbau erneuerbarer Energien“, lobte Pföhler. Dies bedeute zugleich einen weiteren wichtigen Schritt bei der Energiewende im Kreis Ahrweiler.
An Interesse seitens der Investoren mangelt es nicht: Für zwei weitere WEA liegen bei der Kreisverwaltung Anträge vor, die zurzeit geprüft werden. Darüber hinaus gibt es laut Pföhler mehr als zehn Interessenbekundungen, unter anderem aus den Niederlanden. Dennoch gleicht die Energiewende im Kreis einem Kreuzen gegen den Wind: Es geht nur langsam voran. Und das, obwohl Windenergie nach Baugesetzbuch eine privilegierte Nutzung darstellt und nicht willkürlich ausgesperrt werden kann.
Dafür gibt es Gründe. Der Eine: 90 Prozent der Fläche des Ahrkreises sind Landschaftsschutzgebiet. Jeder Bau einer Windkraftanlage bedarf einer Ausnahmegenehmigung der Struktur- und Genehmigungsdirektion (SGD) Nord. Ein Weiterer: Es gibt im Kreis Ahrweiler keine Vorrangflächen für die Windenergie. Es gibt sie in der gesamten Region Mittelrhein-Westerwald nicht, zu der neben der Stadt Koblenz und den Landkreisen Altenkirchen, Cochem-Zell, Mayen-Koblenz, Neuwied, Rhein-Hunsrück-Kreis, Rhein-Lahn-Kreis und Westerwaldkreis auch der Kreis Ahrweiler gehört.
Vor einigen Jahren erklärte das Oberverwaltungsgericht (OVG) Koblenz den in der Planungsgemeinschaft Mittelrhein-Westerwald erarbeiteten Teilfortschreibungsplan Windenergie im Rahmen des regionalen Raumordnungsplanes für nichtig. Es handele sich, so das OVG, um eine unzulässige Verhinderungsplanung. Dabei sollte eigentlich das Gegenteil erreicht werden: Flächen auszuweisen, auf denen WEA möglich sind.
Fehlanzeige im Kreis Ahrweiler auch bei Flächennutzungsplänen in Sachen Windenergie. Lediglich in der Verbandsgemeinde (VG) Brohltal laufen aktuell Bemühungen, einen Flächennutzungsplan für Windkraft aufzustellen. In der VG Adenau erinnert man daran, mit mehreren Bauvoranfragen nach Klage vor dem OVG letztlich am Landschaftschutz gescheitert zu sein. Als „nicht zielführend“ aufgrund zahlreicher Restriktionen aus dem Bereich Natur- und Landschaftschutz bezeichnet die Fortschreibung des Flächennutzungs- und Landschaftsplans der VG Altenahr aus dem Jahr 2009 die Ausweisung von Vorranggebieten für die Windenergienutzung.
In der Grafschaft erbrachte ein Gutachten zur Windhöffigkeit vor Jahren mit Birresdorf und Gelsdorf zwei Standorte, die aber wegen möglicher Beeinträchtigung des Richtfunks ausschieden. Im Rahmen eines noch in Auftrag zu gebenden Gutachtens zur Nutzung erneuerbarer Energien soll vor dem Hintergrund einer neuen Generation von WEA erneut geprüft werden, ob sich vielleicht doch Flächen für die Windenergienutzung ausweisen lassen. „Es gibt zahlreiche Anfragen“, sagt Klaus Becker, Wirtschaftsförderer der Gemeinde Grafschaft.
In Bad Neuenahr-Ahrweiler schaut man skeptisch Richtung Brohltal, fürchtet, dass Windräder südlich der Königsfelder Straße (L83) und im Randbereich des Vehner Waldes das Landschaftsbild beeinträchtigen und damit dem Tourismus schaden könnten. Auf rund 60 Prozent der 34 von der VG Brohltal benannten Vorrangflächen hält die Kreisverwaltung aus landesplanerischer Sicht Windkraft für vertretbar. Ob die Verbandsgemeinde einen Flächennutzungsplan Windenergie aufstellt oder nicht, entscheidet letztlich der VG-Rat.
Bis dahin muss für jede Anlage eine Einzelgenehmigung erwirkt werden. Rund ein Duzend Institutionen vom Forstamt bis zur Landesarchäologie sind in das Verfahren eingebunden. Das dauert ein Jahr Minimum, wenn nicht länger. „Wenn die Umstellung auf erneuerbare Energien beschleunigt werden soll, bedarf es hierzu entsprechender Klarstellungen und einer deutlichen Entbürokratisierung durch den Gesetz- und Verordnungsgeber“, sagt der Landrat. Er hofft dabei auf Rückenwind aus Mainz.