Rech
Wiederaufbau in Rech: Nepomukbrücke ist nur eine von vielen Baustellen
Ortsbürgermeister Dominik Gieler vor der stark zerstörten Nepomukbrücke, der ältesten Brücke an der Ahr und dem Wahrzeichen von Rech. Der Gemeinderat hat im Dezember einen Antrag auf Abriss gestellt, die Denkmalbehörde fordert weitere Gutachten.
Mirjam Hagebölling

Rech. Wie steht es um den Wiederaufbau in Rech? Im Rahmen unserer Serie "Bagger, Bürger, Bürokratie" haben wir uns mit Ortsbürgermeister Dominik Gieler getroffen. Die Nepomukbrücke ist dabei nur eine von vielen Baustellen im Ort.

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Mitten im Herzen des Ahrtals, umgeben von einer atemberaubenden Landschaft, liegt das Weindorf Rech. Neben seinen hervorragenden Burgunder- und Weißweinen ist vor allem die Nepomukbrücke des Winzerdorfes weit über seine Grenzen hinaus bekannt. Die älteste Brücke an der Ahr, die dem Hochwasser 1910 standgehalten hat und 2008 aufwendig saniert wurde, ist während der Flutkatastrophe im vergangenen Sommer stark zerstört worden. Nun soll sie abgerissen werden. Das schmerzt. Das ist aber nur ein Thema von vielen beim Wiederaufbau in Rech, über den die Rhein-Zeitung mit Ortsbürgermeister Dominik Gieler sprach.

„Von den 250 Haushalten sind 139 von der Flut betroffen. Fertig mit dem Wiederaufbau ist noch niemand, aber vereinzelt sind Anwohner bereits wieder eingezogen“, erläutert der Ortsbürgermeister. Der Stand des Wiederaufbaus sei sehr unterschiedlich. Bei zahlreichen Betroffenen liefen aktuell sogar noch die Bautrockner. Insgesamt seien rund 70 bis 80 Häuser durch die Flut in Mitleidenschaft gezogen worden. 13 Häuser sind in der Flutnacht komplett zerstört worden, weitere sieben Häuser, darunter auch Ferienhäuser und Schuppen, mussten unmittelbar danach aufgrund der starken Zerstörung abgerissen werden. Alle anderen Häuser können wieder aufgebaut werden.

Ortskern ist komplett zerstört

„Das Hauptproblem in Rech ist der Ortskern, der leider komplett durch die Flut zerstört wurde. Dabei hapert derzeit laut Landesregierung an haushaltsrechtlichen Problemen. Konkret geht es um 13 Eigentümer, die von einem Bauverbot betroffen sind, da sich ihre Grundstücke im gelb markierten Hochwassergefahrenbereich befinden“, erläutert Gieler.

Die Ortsgemeinde wolle den Bereich gerne neu beplanen und die Straßen- und Wegeführung gegebenenfalls überdenken, doch das gehe aktuell nicht, da das Land noch keine Lösung gefunden habe, um die Eigentümer adäquat zu entschädigen. Die Menschen, die dort ein Grundstück haben, dürfen den Grundstückswert durch einen Gutachter bestimmen lassen, und dieser Wert kann auf einen etwaigen Neubau angerechnet werden. Doch ohne entsprechenden Baugrund ist kein Neubau möglich. Dies treffe nicht nur auf Rech zu, sondern auf viele Orte an der Ahr.

Es fehlt an Bauland in Rech

Die wenigen freien Bauplätze, Gieler schätzt sie auf etwa 18 oder 19, sind alle in privater Hand. Von den Eigentümern habe bislang kaum jemand signalisiert, dass er verkaufen wolle. Die topografische Lage in Rech erschwere die Ausweisung neuer Baugrundstücke. Und selbst wenn neues Bauland ausgewiesen und erschlossen werde, dauere das Planungs- und Genehmigungsverfahren bis zum eigentlichen Baubeginn mindestens drei bis vier Jahre. Das sei für viele Betroffene zu lang, meint Gieler. Daher plant die Verbandsgemeinde Altenahr die Einrichtung einer Baulandbörse, um verkaufswillige Eigentümer und Interessenten zusammenzubringen.

Abriss der Nepomukbrücke?

Die historische Bogenbrücke war die älteste Brücke an der gesamten Ahr und das Wahrzeichen von Rech. „In mehreren Sitzungen hat der Gemeinderat die Gründe für einen Wiederaufbau oder den Abriss abgewogen und schließlich Mitte Dezember einen Antrag auf Abriss gestellt“, erläutert der Ortsbürgermeister. Damit sei die Ortsgemeinde den Empfehlungen der SGD-Nord und eines hydrologischen Gutachtens gefolgt. Danach habe die Brücke maßgeblich zu den erheblichen Zerstörungen in Rech beigetragen – neben den enormen Mengen an Totholz und der großen Wassermenge insgesamt. Am Morgen nach der Flut sei die Brücke kaum zu sehen gewesen, da sich Unmengen an Schwemmgut dort verkeilt hatten.

Damit die Obere und Untere Denkmalbehörde dem Abriss zustimme, seien weitere Untersuchungen und Gutachten zur Standsicherheit und Hydraulik gefordert, die aktuell noch ausstünden. Konkret soll untersucht werden, inwiefern sich die Anzahl der Bögen auf die Durchflussmenge auswirkt. Der Abriss der Brücke werde nicht leichtfertig entschieden, sondern von allen beteiligten Entscheidungsträgern genau abgewogen, betont Gieler.

Nichtsdestotrotz müsse jetzt eine Verkehrsbrücke geplant werden. Je nachdem, zu welchen Ergebnis die noch ausstehenden Gutachten kommen, ist entweder die bestehende oder eine neue Brücke als Fuß- und Radwegbrücke geplant und eine weitere Brücke zwischen Rech und Mayschoß als Pkw- und Lkw-Brücke. „Die Entscheidung, einen Antrag auf Abriss der Nepomukbrücke zu stellen, das war für Rech sehr hart. Wir kämpfen dafür, dass die etwaige neue Brücke für Fußgänger und Radfahrer keine 0815-Lösung, sondern ein würdiger Ersatz für die Nepomukbrücke wird“. sagt Gieler.

Wiederaufbau der Infrastruktur

Neben der Grundstücksproblematik hängen die Planungen für den Recher Ortskern maßgeblich vom Hochwasserschutzkonzept der Kreisverwaltung ab, das kürzlich in Auftrag gegeben wurde. Wunsch des Ortsbürgermeisters ist es im Ortskern einen Platz zu schaffen, der nicht nur touristisch attraktiv ist, sondern wo Jung und Alt gemeinsam Zeit verbringen können. Die Ortsgemeinde hat insgesamt rund 50 Maßnahmen in Höhe von rund 41 Millionen Euro für den Wiederaufbaufonds bei der Kreisverwaltung eingereicht. Die größten Brocken sind neben den Straßen und Brücken das Dorfgemeinschaftshaus, das Feuerwehrhaus und der Bolz- und Basketballplatz (1,3 Millionen).

Im Dorfgemeinschaftshaus waren bislang Sitzungssäle und Büros, Gemeinschaftsräume und Jugendräume in den oberen Etagen untergebracht. Die Toilettenanlagen sind komplett zerstört und dürfen auch nicht wieder aufgebaut werden. „Ohne Toiletten macht ein Wiederaufbau am alten Standort keinen Sinn, wir halten aber dennoch an dem Gebäude fest und werden es nicht abreißen, sondern uns eine neue Verwendung überlegen“, sagt Gieler. Der Neubau an anderer Stelle wird mit rund 2,8 Millionen Euro beziffert.

„Alle Planungen stehen und fallen mit dem Hochwasservorsorgekonzept des Kreises. Aufgrund der vielen Abstimmungen ist der Wiederaufbau alles andere als unbürokratisch, sondern hoch kompliziert. Die Menschen müssen noch lange mit Provisorien leben müssen“, meint Gieler abschließend.

Von unserer Reporterin Mirjam Hagebölling

Petition pro Brücke

Für den Erhalt der Nepomukbrücke setzt sich auch eine Onlinepetition ein, die beim Portal „Change.org“ gelistet wurde. Die Initiatoren begründen ihren Einsatz für das Recher Wahrzeichen mit der „wunderbaren Architektur“ und den historischen Bezügen. Und auch eine Facebookgruppe mit den Namen „Rettet die Nepomukbrücke“ kämpft für den Erhalt des Kulturdenkmals. Die Betreiber finden, „die Entscheidung sollte revidiert werden, da diese Brücke ein wesentlicher Bestandteil des Ortsbildes von Rech ist und auch bleiben sollte“, wie es online heißt.

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