Mitarbeitermangel ist ein großes Problem - Psychische Belastungen
Wiederaufbau im Blickpunkt: Hoteliers im Ahrtal geht es zu langsam voran
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Günther Uhl, Vorsitzender des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbandes im Ahrkreis wünscht sich mehr Tempo beim Wiederaufbau. Foto: Judith Schumacher
Judith Schumacher

Gerade hat mit dem Steigenberger Kurhotel das stadtbildprägende Gebäude und Flaggschiff der Hotellerie in der Kreisstadt seine Pforten knapp drei Jahre nach der Flutkatastrophe im Ahrtal wieder geöffnet. „Das ist ein wichtiges Zeichen für die Menschen hier und unsere Gäste, dass es insgesamt weitergeht, aber gestaltet sich rechts und links der Ahr immer noch zu langsam“, sagt Günther Uhl, Vorsitzender des Kreisverbandes des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbandes und Inhaber des Hotels Krupp.

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Nach aktuellen Statistiken lagen die Übernachtungszahlen laut Christian Lindner, Vorsitzender des Ahrtal-Tourismus, für das Jahr 2022 noch bei 434 000 im Ahrtal. Im darauf folgenden Jahr waren es schon rund 624 000, was einer Steigerung um rund 40 Prozent entspricht. Der Inhaber des teilgeöffneten Hotels Villa Aurora, an der Bad Neuenahrer Ahrpromenade gelegen, führt dies darauf zurück, dass mehr Übernachtungsbetriebe wieder geöffnet hatten und die „We-AHR-Open“-Kampagne gegriffen hat. Sie soll dazu beitragen, den Gästen zu zeigen, dass das Ahrtal trotz der Folgen durch die Flut einen Besuch wert ist. Zum Hintergrund: Vor der Corona-Pandemie und der Katastrophe lagen die Zahlen bei 1,4 Millionen Übernachtungen.

Uhl: Langsamkeit nicht nachvollziehbar

Für Günther Uhl ist die Langsamkeit, mit der es speziell entlang des Ahrlaufs vorangeht, nicht nachvollziehbar. Er habe mit Kollegen telefoniert, die Ähnliches berichten. „Andreas Carnott aus Altenahr vom Hotel Ruland hat mir gesagt, dass er Gäste verliert, weil diese kaum Fortschritte sehen würden und es keine Parkplätze gebe“, sagt er. In Bad Neuenahr seien unter anderem mit dem Parkhaus des ehemaligen Casinos Plätze vorhanden und die Kernstadt über die provisorischen Brücken gut erreichbar. Aber es sei zu schlecht ausgeschildert. Ein im Bau befindliches Parkhaus am Kaufhaus Moses soll zusätzlich Abhilfe schaffen. Viele Beherbergungsbetriebe wie das Setahotel, das Haus Weyer oder das Haus Kessler in der Telegrafenstraße haben für immer geschlossen. Das Hotel Anker wurde abgerissen, hier entstehen 99 seniorengerechte Wohnungen.

„Das Dorint wird nicht mehr als Dorint-Hotel aufmachen, die Eigentümergesellschaft sucht nach einem anderen Betreiber“, weiß Günther Uhl. Die Auslastung der geöffneten Betriebe sei an den Wochenenden gut, aber unter der Woche mäßig. Was nun erschwerend hinzukäme, seien die notwendigerweise durch den Wideraufbau erforderlichen Störungen im Verkehr. „Es ist ja schön, dass die Bahn zügig voranmacht mit der Widerherstellung der Ahrtalbahn-Strecke, aber dann stehen uns noch schwere eineinhalb Jahre bevor, wenn die Straßen entlang der Ahr erneuert werden, das muss man halt wissen“, unterstreicht der DeHoGa-Vorsitzende.

Das hatten wir 1910 nach der damaligen Flutkatastrophe schon mal, da ist viel versprochen worden, was nicht eingehalten wurde.

Günther Uhl

Er sieht außerdem eine Gefahr darin, dass die von der Politik für das Ahrtal versprochenen 15 Milliarden Euro möglicherweise nach einem jetzt durch die Wahl möglichen Regierungswechsel nicht ausgezahlt werden könnten. Es seien von der Summe bislang lediglich 480 Millionen Euro abgerufen worden. „Das hatten wir 1910 nach der damaligen Flutkatastrophe schon mal, da ist viel versprochen worden, was nicht eingehalten wurde“, so Uhl. Völlig unverständlich ist für den Hotelier, dass die Ahr hinsichtlich von Anträgen und Genehmigungen keinen Sonderstatus erhalten hat, der für die Menschen erhebliche Vereinfachungen und Erleichterungen hätte mit sich bringen können.

Uhl kennt einige Hoteliers und Gastronomen, denen die Nachwirkungen der verheerenden Katastrophe noch derart in den Knochen stecken, dass sie psychisch oder körperlich oder beides einfach nicht mehr in der Lage sind, mit der nötigen Energie weiterzumachen. „Die Luft ist bei vielen einfach raus“, hat Günther Uhl erfahren.

Mitarbeitermangel ist großes Problem

Womit der Hotel- und Gaststättenbereich extrem zu kämpfen hat, ist der Mitarbeitermangel. „Das macht sich auch an den eingeschränkten Öffnungszeiten bemerkbar. Es lohnt sich nicht mehr, in Deutschland zu arbeiten. Der Nachwuchs hat häufig gar keine Lust mehr, mehr als 30 Stunden zu arbeiten, und die jungen Leute zieht es generell eher in die großen Städte“, stellt Uhl fest.

Er ist davon überzeugt, dass wenn alle Maßnahmen nach der Flut umgesetzt wurden, das Ahrtal wieder eines der schönsten und angesagtesten Flusstäler überhaupt sein wird. „Doch da müssen wir erst mal wieder hinkommen, und das braucht seine Zeit“, resümiert er.

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