In Altenahr kann man wieder ausgelassen feiern - Heimische Gastronomie präsentiert sich
Wieder ausgelassene Stimmung in Altenahr: Weinfest zwischen Ruinen und Zuversicht
Weinkönigin Jana Ludwig (Mitte) begrüßte die Gäste des Weinfestes. An ihrer Seite: Hanna Müller (links) und Lena Lahr. Fotos: Ulrike Walden
Ulrike Walden

Beim Weinfest setzt Altenahr primär auf ein Konzept, das gezielt die Stärken des Ortes betont. So waren Gäste auch in diesem Jahr zum Auftakt eingeladen, inmitten von Flutruinen den „Taste of Altenahr“ zu kosten.

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Sechs Gastronomiebetriebe beteiligten sich mit je einer Speise am Sechs-Gänge-Menü. Die Karten für dieses Event waren im Vorfeld blitzschnell ausverkauft. Allerdings konnten nur rund 60 Personen daran teilnehmen. Für alle anderen gab es vor allem auf dem Seilbahnplatz an allen drei Tagen die bewährte Mischung aus Stimmungsmusik, deftigen Happen und süffigen Getränken.

Entspannte Atmosphäre im Weingarten

Die Atmosphäre ist entspannt im Weingarten des Restaurants Ruland. Viele Teller sind schon leer. Eben waren sie noch mit gebeizter Ahr-Lachsforelle, marinierten Zucchini und bunten Herbstsalaten dekoriert. „Man muss ja eine Grundlage haben“, erklärt ein Herr. Schließlich wird in jedem der Restaurants auch Wein zur Speise gereicht, jetzt gerade ein Blanc-de-Noir-Sekt von Sermann.

Charlotte ist vier Jahre alt. Sie trinkt Traubensaft und verkündet ihrer Sitznachbarin: „Ich werde Kinder-Weinkönigin in Rech.“ Was reizt sie an diesem hohen Amt? „Da habe ich ein Dirndl an.“ Wenig später hält sie stolz ein Foto mit Widmung in der Hand. Das Bild haben ihr die erwachsenen Majestäten von Altenahr höchstselbst überreicht.

Köstlichkeiten beim „Taste of Altenahr“

Mit dem „Taste of Altenahr“, zugleich als „Wine & Food Hopping“ vermarktet, werden in diesem Jahr auch besonders tüchtige Mitarbeiter der Kreissparkasse Ahrweiler belohnt, wie Guido Mombauer vom Vorstand betont. Die Aktion der Gastronomiebetriebe findet Mombauer prima. Und die Mitarbeiter genießen. „Ruland ist ja ein sehr bekanntes Restaurant“, sagt einer der Herren ehrfürchtig. Nebenan erzählt ein gepflegter Senior seine ziemlich schreckliche Lebensgeschichte und lächelt dabei fein. Er hat früher viele Feste an der Ahr gefeiert. Jetzt verträgt er nicht mehr so viel, freut sich aber sichtbar, mittendrin zu sein.

Mitarbeiter der Kreissparkasse Ahrweiler nehmen an der Aktion „Taste of Altenahr“ teil und genießen die Speisen bei Ruland.
Ulrike Walden

Die Weinkönigin begrüßt mit den Prinzessinnen oben vor dem Hotel die zweite Gruppe, die den „Taste of Altenahr“ ausprobieren möchte. Vor ihr liegen nach dem Restaurant Ruland die Stationen Hotel zur Traube (Eifler Waldpilzcremesuppe mit Wildkräutern), das Gasthaus Assenmacher (gebratenes Zanderfilet auf Pasta Sotto mit Pfifferlingen und Pinienkernschaum), das Hotel zur Post (Sorbet von Kürbis und Blutorange auf Minzgelee mit Kürbis-Parmesan-Taler) und der Thüres (Duett vom Grafschafter Wildschwein mit Selleriepüree, Holunderblütenschaum, Holunderbeeren und Wirsinggrün). Den Nachtisch serviert das neue Begegnungscafé „nur mut“ (Halbgefrorenes von Walnuss und Hong mit Zwetschge und Karamell).

Sogar fünf Vegetarier dabei

Sarah Baggeler hat für den Verein „Weinort Altenahr“ das Programm koordiniert und ist stolz darauf, dass nun schon wieder eine ganze Reihe gastronomischer Betriebe geöffnet hat und Speisen wie Weine auf hohem Niveau anbietet. Sie selbst war im Übrigen selbstverständlich auch einmal Weinkönigin: in der Saison 2013/ 2014.

Bei Assenmacher warten sie schon auf die Gäste. Chefin Christa Storch findet die Aktion ebenfalls super. „Diesmal haben sich sogar fünf Vegetarier angemeldet“, meint sie. Das sei recht selten. Die bekommen Artischocken-Ziegenkäse-Strudel. Im Hotel zur Post ist es jetzt schon voll. Um später noch die Food-Hopper unterzubringen, braucht es schon eine kluge Logistik. Inhaberin Petra Lang und ihr Mann Günter engagieren sich bei der „Taste of Altenahr“-Kampagne, weil sie pfiffig für den Ort wirbt. Aber nennenswerte Einnahmen werden sie dabei nicht verzeichnen. Denn die Karte für das Event kostet 69 Euro, und die Getränke sind darin enthalten. Das sind im Schnitt keine 12 Euro pro Restaurant.

Weinkönigin Jana Ludwig und ihre Prinzessinnen
Jana Ludwig (24) weiß aus eigener Erfahrung, wie tiefgreifend die Flutkatastrophe das Leben zahlreicher Menschen an der Ahr erschüttert hat. Denn die Weinkönigin Altenahrs stammt aus dem Ortsteil Altenburg, den es besonders hart getroffen hat. Und auch sie schlägt sich mit großen Problemen beim Wiederaufbau herum, weil starre Regelungen Einzelfälle außer Acht lassen. Aber Jana Ludwig gehört zu denen, die sich nicht unterkriegen lassen. Weinkönigin ist sie geworden, weil sie Mut machen will. „Meine Existenzgrundlage war zerstört, aber das ging ja vielen so. Doch wir machen weiter.“ Natürlich liebt die Physiotherapeutin es auch, „den Weinort Altenahr zu repräsentieren“. Das hat sie schon 2023/24 als Weinkönigin sowie 2017/18 und 2022/23 als Weinprinzessin getan. Unterstützt wird sie von ihren Prinzessinnen Lena Lahr und Hanna Müller. Lena Lahr (21), ist als Laborantin bei den Rhodius Mineralquellen in Burgbrohl tätig, und Hanna Müller (22) studiert Biologie an der Universi-
tät Bonn. uwa

Draußen auf der Seilbahnstraße fotografieren Ruth und Andrea aus Wesel die Ruine des Tanzlokals Corso. Rund 15 Jahre lang waren sie Stammgäste beim Weinfest. „Da war ja die ganze Welt in Altenahr, Holländer, Belgier, Franzosen, das war eine große Familie.“ Jetzt sind sie zum ersten Mal nach der Flut wieder da. Und wild entschlossen, Spaß zu haben. Morgen wird der Weinkeller Im Fässchen zur Party bitten. Das Lokal ist unter Feierwütigen wohl bekannt – und quasi ein Gegenprogramm zum feinen Food-Hopping. „Da legt auch unser Freund Siggi Sahne auf.“ Die Frauen strahlen und eilen zum Festplatz. Da dreht gerade die Musik voll auf.

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