Frühsommerzeit ist Rehkitzzeit. Zwischen Mai und Juni werden die kleinen gefleckten Waldbewohner geboren, oft im hohen Gras. Dort ist die Frühsommerzeit aber auch die Zeit der Mahd und der anschließenden Heuernte. Das Problem hierbei: Ganz zu Anfang verfügen Rehkitze noch nicht über einen Fluchtreflex. Naht sich schweres Mähgerät, ergreift der Rehnachwuchs nicht die Flucht, sondern kauert sich auf den Boden. Soll eine Wiese gemäht werden, ist es nötig, Vorbereitungen zu treffen. Wir geben einen Überblick über die Methoden zur Rehkitzrettung und beantworten Fragen.
Wie viele Rehkitze werden im Jahr im Kreis Ahrweiler gerettet?
Im vergangenen Jahr konnte eine beachtliche Zahl von Kitzen gerettet werden. „Eine zentrale und flächendeckende Erfassung geretteter Rehkitze gibt es im Kreis Ahrweiler nicht. Jedenfalls teilweise konkrete Zahlen liegen uns durch die enge Zusammenarbeit mit den beiden ehrenamtlichen Organisationen Wildtierrettung Eifel und Rehkitzretter Rhein-Ahr vor. Gemeinsam konnten die Teams in Zusammenarbeit mit den jeweiligen Landwirten und Jagdpächtern im vergangenen Jahr 105 Rehkitze vor dem Mähtod bewahren“, berichtet Christian Mildenberger, Presseobmann der Kreisgruppe Ahrweiler im Landesjagdverband Rheinland-Pfalz.
„In der Praxis kommen sowohl traditionelle als auch moderne Verfahren erfolgreich zum Einsatz.“
Christian Mildenberger, Presseobmann der Kreisgruppe Ahrweiler im Landesjagdverband Rheinland-Pfalz
Zusätzlich engagieren sich viele Jagdpächter der Kreisgruppe eigenständig bei der Hilfe ihrer im Revier ansässigen Landwirte und setzen dabei zunehmend auch auf Wärmebilddrohnen, die sie sich auf eigene Initiative angeschafft haben, so Mildenberger weiter. Vor diesem Hintergrund geht er von etwa 150 geretteten Rehkitzen im Kreis Ahrweiler aus. Hinzu kommen weitere Wildtiere wie Junghasen und Bodenbrüter.
Welche Methoden werden zur Rettung der Kitze angewandt?
Um die Tiere aufzuspüren und abzuschrecken, setzen die Landwirte auf eine Vielzahl unterschiedlicher Maßnahmen. „In der Praxis kommen sowohl traditionelle als auch moderne Verfahren erfolgreich zum Einsatz. Das manuelle Absuchen der Wiesen mithilfe ausgebildeter Jagdhunde sowie das rechtzeitige Aufstellen von Vergrämungsmitteln wie Flatterbändern sind über Jahre bewährte Methoden mit hoher Erfolgsquote. Ebenso hat sich der Einsatz von Drohnen mit Wärmebildtechnik in den vergangenen Jahren als besonders wirksam etabliert“, fasst Mildenberger zusammen.

Jäger im Kreis Ahrweiler ziehen Bilanz: Drohneneinsatz rettet mehr als 100 Rehkitze vor dem Mähtod
In den vergangenen Monaten klingelte der Wecker der Jäger sowie der Helfer der Rehkitzretter Rhein-Ahr und der Wildtierrettung Eifel oft vor Sonnenaufgang. Der Grund: Jungwild, insbesondere Rehkitze, vor dem Mähtod zu bewahren.
Ein Landwirt aus dem Brohltal beschreibt den Einsatz traditioneller Vergrämungsmittel so: „Wir setzen auf unseren Wiesen hohe Pfosten ein, an denen Mülltüten aus Plastik befestigt sind. Die Ricke bemerkt diese Veränderung und beginnt, ihr Kitz aus der Wiese herauszupfeifen.“
Unabhängig von der verwendeten Vergrämungsmethode weist Christian Mildenberger auf den rechtlichen Hintergrund hin: „Die Verantwortung zur Vermeidung von unnötigem Tierleid bei der Mahd liegt gemäß dem Tierschutzgesetz bei den Landwirten. Die Jägerschaft und die ehrenamtlichen Retter unterstützen hier freiwillig und mit großem Engagement.“
Welche neuen Techniken gibt es?
In jüngster Zeit sorgen Sensoren für Aufsehen, die direkt am Schneidwerk der Mähmaschinen angebracht werden und Rehkitze erkennen sollen. Mildenberger berichtet von vereinzelten Einsätzen solcher Vorrichtungen im Kreisgebiet, warnt aber zugleich: „Zwar gibt es erste vielversprechende Ansätze, bisher gewähren die Sensoren aber keine zuverlässige Rettung. Das Risiko, dass ein Kitz übersehen oder zu spät erkannt wird, ist derzeit noch zu hoch.“ Bei einer Erfassung eines jungen Wildtieres durch ein Mähwerk sei leider nahezu immer davon auszugehen, dass das Tier entweder sofort getötet werde oder so schwer verletzt sei, dass es nur noch von einem Jäger tierschutzgerecht erlöst werden könne, so Mildenberger.