Krankenhausreform im Fokus 
Wie ist Gesundheitsversorgung im Ahrkreis zu sichern?
Hausarzt Bernhard Müller (links) aus Oberzissen, medizinsch mit Fachausbildungen breit aufgestellt und seit Jahren mit eigener Praxis, weiß, wo das Gesundheitssystem krankt. Torsten Welling war als Gesundheitsexperte der Landes-CDU gefragt, Tina Vogel als Referatsleiterin im Bundesministerium für Gesundheit. Die Leitung hatte Adriana Schneider, Frauen-Union CDU Grafschaft.
Frank Bugge

Immer mehr Krankenhäuser geraten in Schieflage, Hausärzte werden verzweifelt gesucht. Was ist die Lösung für diese Probleme? Darüber diskutierten in Lantershofen Politiker und Betroffene aus der Gesundheitsbranche.

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Was kann die Politik tun?

Es ist ein Wortungetüm: Aber das Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetz (KHVVG) soll die privaten und kommunalen Krankenhäuser in der Republik und auf dem Land, wie etwa im Kreis Ahrweiler, langfristig sichern. Mit den Veränderungen und die Anforderungen an die Politik beschäftigte sich eine Podiumsdiskussion, zu der die Frauen-Union der CDU Grafschaft in den Winzerverein Lantershofen eingeladen hatte.

Torsten Welling aus Ochtendung, Gesundheitsexperte der CDU im Landtag, eröffnete den Abend vor gut zwei Dutzend Zuhörern mit einem Blick auf die Krankhauslandschaft: Seit 2018 seien im Land sechs Kliniken geschlossen worden, darunter St. Josef in Adenau. Fünf Krankenhäuser hätten eine Abstufung erfahren, acht Häuser seien in der Insolvenz, darunter DRK-Häuser und das Krankenhaus Linz-Remagen. Welling zitierte ein Gutachten fürs Land, das 105 Krankenhäuser erfasst habe, in der Größe von 1387 bis zu vier Betten. Die Notallfallversorgung sei sehr gut, die Bettenauslastung liege unterm Bundesdurchschnitt.

Das Podium der Frauen-Union in Lantershofen (von links): Hausarzt Bernhard Müller aus Oberzissen, Tina Vogel, Referatsleiterin im Bundesministerium für Gesundheit, Gesprächsleiterin Adriana Schneider (Frauen-Union CDU Grafschaft) und Torsten Welling, Gesundheitsexperte der Landes-CDU.
Frank Bugge
„Mehr Geld ist nicht die Antwort.“
Torsten Welling, Gesundheitsexperte der CDU im Landtag

„Mehr Geld ist nicht die Antwort", stellte der CDU-Oppositionspolitiker für Rheinland-Pfalz fest. Das von Minister Lauterbach (SPD) vorgelegte, beschlossene und auch von der neuen Koalition aus CDU/CSU und SPD getragene KHVVG könne die Lösung sein. Doch im Land schaue die Ampel aus SPD, Grünen und FDP nur zu, mache selbst keine aktive Krankenhausplanung. Vielleicht bewege sich ja etwas in Richtung Landtagswahl im März 2026, stellte er kritisch fest.

Das Adenauer St.-Josef-Krankenhauses gehört zu denjenigen im Land, die geschlossen wurden.
Claudia Voß

Tina Vogel aus dem Bundes-Gesundheitsministerium machte klar, dass die Länder entscheiden müssen, wie ihre Krankenhauslandschaft aussehen soll und welches Haus welche medizinischen Angebote aus den 61 Leistungsgruppen übernimmt. Die Finanzierung solle nicht nur über Fallpauschalen (DRG) erfolgen, sondern ab 2028 vor allem über eine Vorhaltevergütung: Krankenhäuser bekommen Geld nicht nur, wenn sie operieren und versorgen, sondern auch schon dafür, dass sie Leistungen anbieten. Das System sei in Nordrhein-Westfalen erprobt worden. Ob es sich wirklich rechne, sei per Auswirkungstool nicht untersucht worden, musste Vogel auf Nachfragen aus dem Publikum zugestehen.

Wie wird der Landarztberuf attraktiv?

Im doppelten Wortsinne aus seiner Praxis berichtete Bernhard Müller, seit 1998 in Oberzissen ein Hausarzt mit Leib und Seele. 97 Prozent aller medizinischen Fälle würden von Hausärzten versorgt, hielt er den Krankenhäusern entgegen. Allerdings werde in den nächsten fünf Jahren ein Drittel aller Hausärzte altersbedingt aufhören. Eine Ausbildungsoffensive und mehr Anreize, Stichwort Work-Life-Balance, für den Landarztberuf müssten her.

Das insolvente Krankenhaus Maria Stern, das zur Klinik Linz-Remagen gehört, kämpft um das Überleben.
Hans-Jürgen Vollrath. Martin Gausmann

Seinen Praxisalltag schilderte er mit vielen persönlich erfahrenen Details und Beispielen, rechnete Stundenverdienst und Quartalssätze vor. Er geißelte die Privatisierung von lukrativen medizinischen Bereichen wie der Dialyse, fehlende Patientenstromsteuerung wie einst durch die 10 Euro Praxisgebühr. Er sprach von den Krankenkassen als „Staat im Staat" sowie falsch gelegten Berechnungsgrundlagen durch Lobbyisten und die Kassenärztliche Vereinigung (KV), denen die Politik nicht entgegentrete. Er plädierte für den Hausarzt als Lotse durch das Gesundheitssystem, der seine Patienten kenne, sie entsprechend gezielt überweise. Nur solche Effizienz könne die Terminnot und Doppelbuchungen durch die Patienten gezielt reduzieren.

Hoffen auf die Reform 

„Die Politik hat den Knall gehört. Alles ist sehr komplex, mit sehr viel Aktiven und Interessen", fasste Torsten Welling die Müller-Kritik zusammen. Die neue Bundes-Koalition wolle ja mit einer Kommission eine weitere Reform angehen, so etwa auch eine Entbürokratisierung.

Pia Wasem, CDU-Politikerin aus Sinzig, plädierte als Vorsitzende des Fördervereins des insolventen Krankenhauses Maria Stern in Remagen, der Klinik Linz-Remagen doch die Zeit und das Geld zu geben, die geplante Reform für sich umzusetzen. „Insgesamt ein Themenkomplex, in dem vieles noch von vielen diskutiert werden muss", stellte Moderatorin Adriana Schneider in ihrem Schlusswort fest.

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