Beim Thema Wolf schlagen in jüngster Zeit die Wogen besonders hoch. Sowohl bei Jägern als auch bei Nutztierhaltern, die die Aufnahme des Wolfs ins Jagdrecht fordern, aber auch bei Institutionen des Natur- und Umweltschutzes sowie bei Naturschutzverbänden, die den Wolf schützen wollen. So waren seit Anfang November 2024 in Spessart 13 Exemplare Damwild sowie in Mendig und auch in Liers zwei Schafe gerissen worden. Als Übeltäter wurde nach Proben durch das rheinland-pfälzische Koordinationszentrum für Luchs und Wolf (Kluwo) der Grauwolf (GW) 4433 m (männlich) der alpenitalienischen Population ausgemacht.
Etliche Nutztierrisse sind nachgewiesen
Mehrmals hatte auch der Grauwolf (GW) 1896 im Westerwald Tiere gerissen, was ihm den Titel „Problemwolf“ eingebracht und die Forderung nach einer Abschussgenehmigung nach sich gezogen hatte. Dieser wollte das Umweltministerium der Landesregierung nachkommen, was jedoch die Eingabe des Vereins Naturschutzinitiative per Entscheidung des Koblenzer Oberverwaltungsgerichts wieder revidierte. Das Gericht befand, dass die von der SGD (Struktur- und Genehmigungsdirektion) Nord erteilte Ausnahmegenehmigung diverse Mängel aufweise. Vor dem Hintergrund, dass ab dem 7. März nach der Berner Konvention der Wolf von „streng geschützt“ auf „geschützt“ herabgestuft werden soll, hatte jetzt die rheinland-pfälzische Umweltministerin Katrin Eder den Vorstoß gewagt, den Wolf doch ins Jagdrecht aufnehmen zu wollen.
Wie die Zeiten sich ändern, zeigt ein Blick in die Heimatjahrbücher des Kreises Ahrweiler und des Landkreises Neuwied. Unlängst geriet unserer Zeitung die Kopie eines sogenannten Hirtschaftsbuchs der Stadt Remagen von 1813 bis 1911 aus der Familie von Christiane Schmitz aus Koisdorf in die Hände, worin auch vom Umgang mit Wölfen in Remagen die Rede ist. Das Original befindet sich im Familienbesitz. Es handelt sich um ein Protokoll der Hirtengemeinschaft der Stadt Remagen, in der sich die in Remagen ansässigen Landwirte zu einer Hütegemeinschaft zusammengeschlossen hatten. Die Remagenerin Claudia Ahaus hatte dies im Heimatjahrbuch des Kreises Ahrweiler aus dem Jahr 2010 thematisiert.
Oberförster löste einst das „Wolfsproblem“
Ersichtlich ist aus der alten Schrift, dass laut Statuten der Hütegemeinschaft die Schäfer „die Herde getreu zu hüten, auch sich solcher Knechte und Hunden zu bedienen, welche ebenfalls getreulich die Herte weyden und die Schafe nicht beißen noch zerreißen“. Auch besondere Vorfälle sind in dem Hirtschaftsbuch festgehalten. So auch ein Wolfsangriff im Jahr 1814, bei dem drei Wölfe in einer Herde 30 Schafe zum Teil zu Tode bissen.
Weiter ist dazu nur zu lesen, dass sich das Wolfsproblem nach dem Eingriff eines Oberförster Neukirchen im folgenden Jahr erledigte. Ihm wurde darin „ein gutes Mittel gegen die Wölfe“ zugeschrieben. Gemutmaßt wird, dass er diese erlegt oder mit einem Wolfseisen gefangen hatte. Allerdings gibt es noch eine andere Theorie, zu der der ehemalige Archivar des Kreises Ahrweiler, Leonhard Janta, im Heimatjahrbuch des Landkreises Neuwied aus dem Jahr 2021 einen Aufsatz verfasst hatte. Demnach ging es den „Grauen“ offenbar mit Gift ans Fell. So soll man im 19. Jahrhundert der damals als Wolfsplage geltenden Übergriffe auf Nutztiere mittels „Krähenaugen“ (Strychnin) Herr geworden sein.
Gift kam im 19. Jahrhundert zum Einsatz
Wie Janta ausführt, wurden in einer Verordnung der königlichen Regierung zu Coblenz vom 3. Jenner (Januar) 1822 alle als geeignet gesehenen Bekämpfungsmittel vorgestellt. Für das gesamte königliche Forstpersonal, aber auch für alle Privatförster, „welche Jagd exerzieren, wird die Vertilgung der Wölfe auf jede Art auf das Ausdrücklichste wiederholt zur Pflicht gemacht“. Zu allen Jahreszeiten sollten alle Wölfe getötet werden. Doch führten wohl weder große Treibjagden noch angelegte Fanggruben und ausgelegte Fangeisen zum Erfolg.
Als äußerst effektiv dagegen wurde der Einsatz von Gift beschrieben. Hier soll aus sogenannten Krähenaugen (Brechnuss), die das Mittel Strychnin enthielten, ein Pulver hergestellt und dies aufwendig in Tierkadavern platziert worden sein. Man rechnete mit der „angeborenen Freßlust“ des Wolfs, der sich über das präparierte Tier hermachen sollte, nachdem es durch bestimmte Kniffe und Tricks von jeglicher Fremdwitterung befreit worden war.
2024 gab es 335 Wolfsnachweise in Rheinland-Pfalz
Den königlichen Forstinspektoren wurde das Gift in Fläschchen zur Verteilung an das untere Forst- und Jagdpersonal weitergegeben, das es sicher in verschlossenen Schränken aufbewahrte. Mit einer Dosis hätte man auch ein Pferd oder Schaf vergiften können. Bezahlt werden musste das Gift von den Gemeinden. Als Köder musste das im Winter gefallene Wild an das Forstpersonal abgegeben werden, damit es das Wild mit Gift für die Wölfe präparieren konnte.
Über erfolgreiche Tötungen von Wölfen hatten die Forstinspektoren der Staatsbehörde genau zu berichten. Dafür gab es dann Prämien, ebenso für Abschüsse. Dies alles führte schließlich zur Ausrottung des Wolfes in der Region. Der letzte Wolf wurde laut Aufzeichnungen im Westerwald im Jahr 1886 erlegt.
Solche Vorgehensweisen sind in der heutigen Zeit, in denen Tierschützer immer wieder darauf hinweisen, dass die scheuen Wildtiere als Bereicherung der Natur gelten, undenkbar. Im Jahr 2024 gab es laut Julian Sandrini, Leiter des Kluwo in Trippstadt, 335 Wolfsnachweise in Rheinland-Pfalz. Zuletzt hatte Anfang Januar ein Wolf aus der mitteleuropäischen Flachlandpopulation in der Verbandsgemeinde Prüm einen 1,10 Meter hohen Elektrozaun überwunden und acht Schafe einer Herde gerissen (wir berichteten).