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Wie Bodendorfs Bad zum „Lost Place“ wurde
So sah es im Bad Bodendorfer Thermalbad im September vergangenen Jahres aus.
Archiv Hans-Jürgen Vollrath. Hans-Jürgen Vollrath

Das nostalgische Thermalfreibad in Bad Bodendorf war einst eine beliebte Freizeitstätte und ein Anlaufpunkt für Menschen aus nah und fern. Doch diese Zeit ist lange vorbei. 

Der Gründonnerstag war für Bad Bodendorf stets ein besonderer Tag. Denn immer kurz vor Ostern eröffnete das beliebte Thermalfreibad mit dem traditionellen Anschwimmen – und das bei jedem Wetter. Doch das ist lange vorbei. Vor sechs Jahren erfolgte das vorerst letzte Anschwimmen. Eigentlich hätte das Bad saniert und wiedereröffnet werden sollen. Aber dann kamen die Kostenexplosion, die für Diskussionen in der Politik sorgte, die Corona-Pandemie – und letztlich die Flut. Ein Rückblick.

Vorerst letztes Anschwimmen bei schönstem Frühlingswetter

Als die Besucher des 1937 eröffneten Thermalfreibads Bad Bodendorf am 18. April 2019 bei schönstem Frühlingswetter zum Anschwimmen ins kühle Nass sprangen, ahnte wohl keiner von ihnen, dass dies für eine sehr lange Zeit das letzte Mal sein würde. Klar, die Sanierung des Bades stand schon im Raum. Aber damit, dass sich die Schließung über Jahre hinwegzieht, dürfte wohl keiner gerechnet haben.

Schon die Sanierung auf den Weg zu bringen, gestaltete sich damals alles andere als einfach. Im Februar 2020 sah sich der Haupt- und Finanzausschuss der Stadt Sinzig mit einer Kostenexplosion für die Renovierung der Freizeitstätte konfrontiert. Entgegen der Prognose aus dem Jahr 2016, die von rund 1,4 Millionen Euro für die Sanierung der drei Becken ausgegangen war, lag die Berechnung der Kosten nun bei rund 2,1 Millionen Euro. Doch das Gremium schluckte unisono die Kröte.

Prognostizierte Sanierungskosten steigen auf 2,7 Millionen Euro

Immerhin liefen im Oktober 2020 bereits Ausschreibungen. Avisiert aber war der Beginn der Sanierung eigentlich für September 2020. Wie es zu der Verzögerung kam, erklärten Bürgermeister Andreas Geron und Carsten Lohre, Leiter der Stadtwerke Sinzig, in einer außerordentlichen Sitzung des Vereins Freunde des Thermalfreibads Sinzig-Bad Bodendorf. Der Knackpunkt, warum die Stadt nicht in die Ausschreibungen gegangen war wie vorgesehen: Nach internen Berechnungen der Arbeiten hätten im Leistungsverzeichnis der Stadt 300.000 Euro mehr gestanden. Also musste eine Ehrenrunde gedreht werden, um dann schließlich bei den Vorgaben eine Punktlandung hinzulegen. Die Konsequenz: Aus dem Anschwimmen im April 2021 würde nichts, mussten Geron und Lohre verkünden.

Das Bad Bodendorfer Thermalfreibad erfreute sich, als es noch geöffnet war, großer Beliebtheit.
Archiv Hans-Jürgen Vollrath

Zu den Arbeiten, um die maroden Fliesen durch ein Edelstahlbecken auszutauschen, kam es trotzdem nicht. Im Gegenteil: Wegen der noch einmal gestiegenen Kosten auf 2,7 Millionen Euro entflammten im November 2020 in den politischen Gremien heftige Diskussionen wegen der Meinungsunterschiede über die Umsetzung der Sanierungspläne. Und dann war da ja noch die Corona-Pandemie, in der das Bad nicht öffnen konnte, weil es Anforderungen wie die Abstandsregelungen nicht erfüllen konnte.

Auftrag für Generalplanerleistung ist bereits vergeben

Was dann über Sinzig hereinbrach, ist hinlänglich bekannt. Die Flut in der Nacht zum 15. Juli 2021 zerstörte auch das Thermalfreibad. Seitdem hat es sich in einen der Orte gewandelt, die auf Neudeutsch „Lost Places“ genannt werden. Wegen vermehrten Vandalismus ist sogar ein Bauzaun aufgestellt worden. Doch das soll nicht das Ende des beliebten Bads sein. Im Juli 2022 beschloss der Stadtrat den Wiederaufbau. Seit September 2022 liegt das Projekt in den Händen der Gesellschaft für Entwicklung, Wiederaufbau und Innovation (Gewi).

Den Auftrag in Höhe von 1,43 Millionen Euro für die Generalplanerleistung hat der Stadtrat in seiner Sitzung im vergangenen Januar an das Unternehmen Protec Ingenieure aus Heilbronn vergeben. Einen Förderbescheid über 8,3 Millionen Euro aus dem Wiederaufbaufonds, aus dem das Projekt zu 100 Prozent gefördert wird, gibt es ebenfalls. Aber das traditionelle Anschwimmen muss auch in den kommenden beiden Jahren ausfallen. Zwar geht das Vorhaben wie die anderen Wiederaufbauprojekte in der Stadt Schritt für Schritt voran, bis es aber abgeschlossen werden kann, wird es noch dauern. Gewi-Geschäftsführerin Sofia Lunnebach sprach jüngst von einer Fertigstellung bis zum vierten Quartal 2027. Läuft alles nach Plan, wird es wohl neun Jahre später, also 2028, wieder ein Anschwimmen geben. Allerdings muss bis dahin auch noch ein Pächter gefunden werden.

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