„Das Trinkgeld ist in der Gastronomie und im Gastgewerbe eine diffizile Angelegenheit“, sagt er. In Deutschland liege die Höhe des Trinkgeldes meistens zwischen fünf und zehn Prozent des Rechnungsbetrages. „Es gibt aber tatsächlich Fälle, in denen das Trinkgeld nicht im Service verbleibt, sondern in denen der Arbeitgeber es einbehält. Oder es wandert in einen sogenannten Tronc, einen Pool, aus dem das Trinkgeld am Ende des Abends oder am Monatsende nach einem bestimmten Schlüssel an die Angestellten verteilt wird. Das organisieren die Angestellten selbst.“
Dieses System gibt es etwa im Jagdhaus Rech. Nicht nur der Service, auch die Mitarbeiter in der Küche bekommen hier ein Stück vom Trinkgeldkuchen. „Allerdings deutlich weniger als der Service“, erklärt Marina Bitzen, die mit ihrem Mann Markus den Landgasthof und das Wildrestaurant im Ahrtal betreibt. 20 Prozent des Trinkgeldes geht an die Küche, 80 Prozent bleiben beim Service. „Das ist ja auch eine Motivation für die Mitarbeiter“, erklärt Marina Bitzen. „Zum einen binden wir so unsere Mitarbeiter an uns, zum anderen sind sie immer besonders motiviert, im Service freundlich und zuvorkommend zu sein.“
Rechtlich betrachtet dürfe derjenige das Trinkgeld behalten, der kassiert. Doch das Tronc-Modell habe sich durchgesetzt und jeder Mitarbeiter freue sich, wenn er am Monatsende seinen Anteil erhält. Dass Gastronomen an der Ahr das Trinkgeld einbehalten, sei Marina Bitzen nicht bekannt. „Ich kann mir vorstellen, dass das vielleicht vor zehn Jahren mal der Fall war“, überlegt sie. „Aber heute, wo wir alle um unsere Mitarbeiter buhlen müssen, kann man so etwas eigentlich nicht mehr machen.“
Eigentlich. Aber was tun, wenn ein Chef doch das Trinkgeld einbehält? Dann wird es kompliziert, erklärt Volker Daiss. „Diese Probleme lassen sich nur schwer lösen“, berichtet er. „Es kontrolliert ja niemand, wie das Trinkgeld in Betrieben verteilt wird.“ Es sei gesetzlich aber klar geregelt, dass das Trinkgeld nicht dem Arbeitgeber zusteht – außer er arbeitet selbst im Service. „Das Trinkgeld steht demjenigen zu, der es vom Gast bekommt. Es handelt sich ganz klar um eine Leistung an die betreffende Person“, erklärt Daiss. „Ob man es gerecht aufteilt, ist Sache der Belegschaft. Und die muss sich auch um eine Regelung kümmern.“
So läuft es auch im Bad Neuenahrer Hotel Krupp. „Bei uns gibt es eine Extrakasse für das Trinkgeld“, erzählt Inhaber Günther Uhl. „Ich als Arbeitgeber weiß nicht, wie viel Geld in dieser gesonderten Kasse ist, und kümmere mich auch nicht um die Organisation. Ich komme mit dem Trinkgeld bei uns gar nicht in Berührung.“ Denn: Würde der Arbeitgeber das Trinkgeld einbehalten oder als Bestandteil des Umsatzes händeln, müsste er das Trinkgeld versteuern. „Was bei uns deshalb auch sicher ist, ist, dass das Trinkgeld bei unseren Mitarbeitern ankommt“, berichtet Uhl. Wirft der Gast sein Trinkgeld in das Sparschwein an der Rezeption, so gelte der Obolus allen Beteiligten. Wenn es für eine bestimmte Servicekraft bestimmt ist, würden die Gäste häufig das Trinkgeld den Mitarbeitern direkt geben oder es etwa auf dem Zimmer für die Reinigungskraft liegen lassen.
Im Restaurant werde das Trinkgeld zwischen Küchenangestellten und Servicepersonal aufgeteilt. Als Kreisvorsitzender der Dehoga sagt Uhl aber auch: „Da gibt es mit Sicherheit schwarze Schafe, die das Trinkgeld einbehalten.“ Konkrete Betriebe aus dem Kreis würden ihm jedoch nicht einfallen. „Trinkgeld ist sehr wichtig. Und es ist auch wichtig, dass es bei den Mitarbeitern bleibt. Wir haben als Hoteliers und Gastronomen ja auch ein Interesse daran, dass unsere Angestellten über die Runden kommen. Sonst hätten wir schnell keine mehr.“