Es geht in dem Buch nicht um die Flut, sondern um ein anderes Drama: die zunehmend industrielle Produktion von Lebensmitteln am Beispiel von Wein und Brot. Diese Entwicklung, so heißt es im Vorwort, „entspringt, wie die Sorglosigkeit um die Gewalten der Ahr, dem Glauben, wir könnten die Natur ignorieren oder ihr gar unseren Willen aufzwingen“.
Das Drama spielt sich zwischen zwei Lagern ab. Auf der einen Seite stehen ein Winzer und ein Bäcker, die „demütig und sorgfältig“, „natürlich und ehrlich“ arbeiten. Deren Existenz wird bedroht von der Kette Backzauber und der Fabrik Novovinum, die Spitzenweine synthetisch herstellen kann. Dazu braucht sie allerlei aus der Hexenküche, unter anderem Tannivin, Glyzerin, Himbeerextrakt, Mega Purple, Sweetgum, Grünteeextrakt und Eichenchipkonzentrat.
Heynas Roman ist Fiktion, industrielle Weinproduktion mit Hilfe von Zusätzen, etwa Tanninen, Polysacchariden, Weinsäure oder Aromastoffen, ist aber Realität. Tatsächlich, sagt der Autor, würden in Kalifornien Weine fraktioniert, also in ihre Bestandteile zerlegt, und dann neu zusammengebaut – wie in seinem Buch. Und tatsächlich kauften chinesische Investoren in vielen Ländern riesige Weinbauflächen auf. Ein chinesischer Geldgeber steckt auch hinter Novovinum. Der Autor hat sich offenbar tief in die Materie eingearbeitet. Er hegt daheim in Walporzheim selbst zehn Weinstöcke. Ob sein Wein trinkbar sei, wurde er gefragt. „Der ist sehr lecker“, antwortete Heyna.
Aseptisch und narrensicher
Die Fabrik Novovinum kann jeden beliebigen Wein in jeder beliebigen Menge herstellen. Was es dazu braucht? „Ein geniales Maschinchen, ein paar Behälter, Schläuche, Instrumente und lächerlich wenige Zutaten ersetzen Jahre, ach: Jahrhunderte! An Arbeit, Erfahrung, Wissen, Pflege, Demut, Schicksal. Keine erregten wie nutzlosen Diskussionen mehr über Hangneigung, Wasserführung und Niederschlagsverteilung, keine schlaflosen Nächte mehr mit bangen Gedanken an Spätfröste, Pilzbefall und um den besten Termin zum Freistellen der Traubenzone. Die Weinbereitung der Zukunft ist aseptisch und narrensicher.“ Ein Albtraum für leidenschaftliche Winzer – im Buch und in der Wirklichkeit.
Das Weingut Deutzerhof, während dessen Jahrgangspräsentation die Lesung stattfand, beschreibt sich hingegen mit dem Satz: „Unser eingespieltes Team auf einem in der Fläche überschaubaren Weingut ermöglicht es uns, ehrlich und authentisch zu sein und zu bleiben, denn das ist unser Anspruch an uns selbst und unsere Weine.“ Auch im „Flutkeller“ des Weinguts Kriechel ist das Buch schon vorgestellt worden.
Seinen Lebensunterhalt verdient Heyna als Beamter in einem Bonner Ministerium. Zudem ist er als Wander- und Gästeführer im Ahrtal unterwegs. Seit seiner Jugend schreibt er Gedichte, Hörspiele, Theaterstücke, Drehbücher, Reiseberichte, Kurzgeschichten und Romane. Sein Stück „Eddi und die große Wut“ ist im Deutschen Theaterverlag erschienen. Verfasst hat er auch den Roman „Nudité – Parfüm der falschen Hoffnung“. In dem Ahrtaldrama „Natürlich Brot und Wein“ will er eine wichtige Botschaft unterhaltsam rüberbringen: „Mit der Achtung der Natur achtet der Mensch auch sich selbst. Wenn wir mit Lebensmitteln schlecht umgehen, gehen wir auch mit uns selbst nicht gut um.“
Schriftsteller lebt mittlerweile an der Ahr
Für Spannung sorgen neben den ehrlichen Handwerkern und den skrupellosen Geschäftemachern ein paar junge Leute, die die fatalen Entwicklungen aufhalten könnten: So lässt sich ein Freund des rechtschaffenen Winzers in der Weinfabrik anstellen, um die Tricksereien aufzudecken. Die Idee zu dem Buch keimte 2006. Seitdem hat sich der Inhalt jedoch komplett verändert. Das liegt daran, dass Heyna vor einigen Jahren fest an die Ahr gezogen ist und seitdem engen Kontakt mit Winzern pflegt. Daher kennt er auch deren Nöte nach der Flut.
Heyna selbst hat im Juli vergangenen Jahres Glück gehabt. Nur Garage, Keller, Garten und Backstube haben unter den Wassermassen gelitten. Wer sein Buch „Natürlich Brot und Wein“, das zum Preis von 14,90 Euro zu haben ist, genossen hat, kann sich übrigens auf eine Fortsetzung freuen. In der soll dann auch die Flutkatastrophe vorkommen.