Wirtschaft in Alarmstimmung
Was sich Unternehmen aus dem Kreis Ahrweiler wünschen
Wirtschaft ist ein Wahlkampfthema. Aus diesem Bereich gibt es klare Wünsche an die Politik.
Beate Au

Die Stimmung in der Wirtschaft ist trüb. Nur noch jeder vierte regionale Betrieb berichtet von einer guten Geschäftslage. Das geht aus der aktuellen Konjunkturumfrage der IHK Koblenz hervor. Unsere Zeitung hat im Kreis Ahrweiler Stimmen eingefangen.

Was der Konjunkturbericht der IHK spiegelt

Das Institut der deutschen Wirtschaft (IW) prognostiziert, dass die deutsche Wirtschaft 2025 weiter stagniert und nur um 0,1 Prozent wächst. Hinzu kommt der US-Handelskrieg. Viele Herausforderungen sind für die neue Regierung zu bewältigen. Unsere Zeitung hat im Kreis Ahrweiler die Stimmung in der Wirtschaftswelt abgefragt und dabei auch die Zurückhaltung gespürt, mit der Unternehmen auf Fragen wie der nach den Folgen von Trumps angekündigten Zöllen auf Importe reagieren.

Von der Regionalgeschäftsstelle Bad Neuenahr-Ahrweiler der IHK Koblenz kommt die Rückmeldung, „dass die wirtschaftliche Stimmung im Kreis Ahrweiler derzeit angespannt ist.“ Der aktuelle IHK-Konjunkturbericht für Rheinland-Pfalz zeige, dass die Wirtschaft tiefer in die Rezession gerutscht sei. Der Konjunkturklimaindex liege bei 81 Punkten, was auf eine überwiegend negative Gesamtstimmung hindeute. „Die Unternehmen im Kreis Ahrweiler sind überwiegend mittelständisch geprägt und in verschiedenen Branchen wie Industrie, Handel, Tourismus und Dienstleistungen tätig. Diese Vielfalt bietet grundsätzlich eine gewisse Stabilität gegenüber konjunkturellen Schwankungen. Doch die negative Gesamtstimmung ist auch hier deutlich zu spüren“, heißt es in der Antwort auf eine Anfrage unserer Zeitung.

Hochwertige Schleifwerkzeuge werden bei Rhodius hergestellt. Das Unternehmen aus dem Brohltal zählt zu den führenden Herstellern weltweit und ist auch im US-Geschäft aktiv.
E-Mail Gateway. sc

Von einer neuen Regierung erwarten die Unternehmen vor allem Verbesserungen der wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen. Laut IHK-Umfragen werden diese von 68 Prozent der Betriebe als größtes Geschäftsrisiko angesehen. Konkret wünschten sich die Unternehmen Bürokratieabbau, steuerliche Entlastungen und Maßnahmen zur Senkung der Energiekosten. Zudem sei der Fachkräftemangel ein zentrales Anliegen. Etwa 53 Prozent der Unternehmen betrachten ihn laut IHK als erhebliches Risiko für ihre wirtschaftliche Entwicklung. Initiativen zur Fachkräftesicherung und -gewinnung seien daher von großer Bedeutung. Der Fachkräftemangel ist auch vom Verein Zukunftsregion Ahr bereits als Problem identifiziert worden. Dort gibt es neben der bereits bestehenden kreisweiten Initiative „AW stark“ ein Projekt für ein Fachkräftezentrum.

Bezüglich der Auswirkungen eines möglichen Handelskriegs mit den USA seien insbesondere exportorientierte Unternehmen im Kreis Ahrweiler betroffen. Die USA sei ein wichtiger Handelspartner für Rheinland-Pfalz mit einem Handelsvolumen von knapp 6 Milliarden Euro im Jahr 2023. Protektionistische Maßnahmen könnten zu höheren Zöllen und Handelshemmnissen führen, was insbesondere die Maschinenbauindustrie treffen würde. „In Gesprächen mit einzelnen Unternehmen sind bereits erste negative Entwicklungen wie Kurzarbeit und der Rückgang der Auftragslage in diesem Zusammenhang thematisiert worden“, heißt es vonseiten der IHK.

Angst um die Wettbewerbsfähigkeit

Direkt von unserer Zeitung auf diese Thematik angesprochen, bleiben Unternehmen verhalten. Aus der Geschäftsführung des Werkzeugherstellers Rhodius Abrasives aus Burgbrohl kommt dazu ein eindeutiger Kommentar: „Die Wettbewerbsfähigkeit unserer in Deutschland hergestellten Produkte würde im für uns wichtigen amerikanischen Markt zusätzlich belastet.“ 1952 gegründet, entwickelt und produziert Rhodius Abrasives heute am Heimatstandort Burgbrohl jährlich mehr als 100 Millionen Scheiben für das maschinelle Trennen und Schleifen von Metall und zählt zu den führenden Herstellern von Premiumwerkzeugen weltweit. Die Auswirkung amerikanischer Strafzölle sei für das Unternehmen allerdings momentan nicht absehbar. „Sofern jedoch auch Zölle auf unsere Produkte erhoben werden sollten, hätte das enorme Auswirkungen auf das US-Geschäft, da mehr als 20 Prozent unseres Geschäftes betroffen wäre. Unsere Produkte wären damit bedingt konkurrenzfähig.“

„Sofern jedoch auch Zölle auf unsere Produkte erhoben werden sollten, hätte das enorme Auswirkungen auf das US-Geschäft, da mehr als 20 Prozent unseres Geschäftes betroffen wäre.“
Kommunikationsabteilung Rhodius

Der wichtigste Punkt für eine neue Regierung wäre aus Sicht des Unternehmens das Thema Energie. „Die unverändert hohen Energiepreise können nicht an die Kunden weitergegeben werden, da ein Großteil unserer Wettbewerber auch auf nicht in Deutschland ansässige Produktionen zurückgreifen können, die diese Kostenbelastungen nicht zu tragen haben. Insoweit muss eine neue Regierung Wege finden, das Thema in den Griff zu bekommen“, wird über die Pressestelle des Unternehmens kommuniziert. Die Themen Fachkräftemangel und Bürokratie seien ebenfalls wichtige Felder, die zusätzliche Ressourcen im Unternehmen belasten. Insgesamt sei es notwendig, „dass eine vernünftige und vorausschauende Wirtschafts- insbesondere aber Industriepolitik betrieben wird, die den Wirtschaftsstandort Deutschland stärkt und damit auch insgesamt die Stimmungslage im Land verbessert.“

Das Unternehmen ZF, das seinen Standort noch in Bad Neuenahr-Ahrweiler hat, ist Mitunterzeichner eines Appells an die Spitzenpolitiker auf Bundesebene.
Hans-Jürgen Vollrath. Vollrath

Keinen Kommentar gibt es vom Unternehmen ZF Friedrichshafen zur Frage, ob und wie die Zölle auf Stahl und Aluminium sich auswirken. Der Automobilzulieferer, der seine Produktion vom Standort Bad Neuenahr-Ahrweiler nach Niederzissen verlagern will, reagiert mit dem Hinweis darauf, dass man die Situation erst analysieren wolle. Grundsätzlich verfolge ZF den Ansatz, „Local for local“ zu produzieren, also in Amerika für Amerika, in Europa für Europa und in Asien für Asien. Dementsprechend hätten mögliche Zölle auf EU-Produkte für die Standorte Neuwied und Ahrweiler keine maßgeblichen Auswirkungen, heißt es aus der Kommunikationsabteilung. Die Forderungen von ZF an die Politik: eine Stärkung der Automobilindustrie. Im Dezember hätten die Chefs der fünf größten deutschen Automobilzulieferer und die jeweiligen Betriebsratsvorsitzenden zusammen mit der IG Metall an Bundeskanzler Olaf Scholz geschrieben, wortgleich auch an Robert Habeck, Christian Lindner, Friedrich Merz und Markus Söder, in der sie ihre Forderungen darlegen. Darunter seien auch die Wünsche von ZF an die neue Regierung. Was sie eint, ist die Sorge um die deutsche Automobilindustrie.

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