Hätte man Lars Streit noch vor ein paar Jahren gesagt, dass er sich eines Tages politisch engagieren würde, er hätte es nicht geglaubt. „Ich habe mich eigentlich nie wirklich für Politik interessiert“, sagt der 24-Jährige. Doch mittlerweile hat sich die Lage geändert. Seit Februar ist Streit Mitglied im FDP-Ortsverband Adenau und bei den Jungen Liberalen in Rheinland-Pfalz. „Ich bin kurz vor der Bundestagswahl in die Partei eingetreten“, erzählt er lächelnd.
Eine schöne Sache, wird so mancher vielleicht angesichts dieses erwachten politischen Engagements bei dem jungen Mann denken. Gleichzeitig wird er sich vielleicht fragen: „Aber warum ausgerechnet bei der FDP?“
FDP hat bundesweit kaum noch Wähler
Bundesweit sind die Freien Demokraten seit dem vorzeitigen Ende der Ampelregierung in Sachen Beliebtheit auf ihrem absoluten Tiefstand. Gerade einmal vier Prozent der Wahlberechtigten würden der Partei bei einer Bundestagswahl derzeit ihre Stimme geben, so das Ergebnis des Berliner Politik- und Wahlforschungsinstituts Infratest dimap. Bei der Bundestagswahl am 23. Februar hatten noch 4,3 Prozent der Wahlberechtigten für die FDP gestimmt – für die FDP das schlechteste Wahlergebnis seit Gründung der Partei im Jahr 1948.
Was also treibt einen jungen Menschen wie Lars Streit in heutigen Zeiten dazu, sich ausgerechnet bei der FDP politisch engagieren zu wollen? Auf diese Frage hat Streit eine klare Antwort. „Ich bin ganz klar für die Freiheit. Jeder sollte so leben können, wie er möchte“, sagt er und hat dabei den liberalen Gedanken der Partei vor Augen.
„Der liberale Gedanke, der von der FDP vertreten wird, ist wichtig für die Demokratie in unserer Gesellschaft.“
Lars Streit, jüngstes Mitglied des FDP-Ortverbandes Adenau
Dass das Ansehen der Partei seit dem Ampel-Aus, an welchem der FDP maßgeblich von vielen Wahlberechtigten die Schuld gegeben wird, derzeit im Keller ist, stört Streit nicht. „Man muss auch in schwierigen Zeiten zur Partei stehen“, ist er überzeugt und erklärt: „Der liberale Gedanke, der von der FDP vertreten wird, ist wichtig für die Demokratie in unserer Gesellschaft. Wenn die Liberalität nicht mehr gegeben ist, dann haben wir gesellschaftlich und in Sachen funktionierender Demokratie ein großes Problem.“
Während Streit dies sagt, hat er konkrete Ziele vor Augen, die er als Parteimitglied auf lokaler Ebene erreichen möchte. „Das Thema Bildung ist mir enorm wichtig“, erklärt er und schiebt hinterher, auch wenn er selbst kein guter Schüler gewesen sei, sei eine gute Bildung jedoch ein Grundstein zur Chancengleichheit. „Jeder sollte seine beruflichen Ziele verwirklichen können, unabhängig von seiner Herkunft und seinem Elternhaus.“
Keine Partei nur für Bonzen und Besserverdienende
Mit seiner Forderung nach Bildungsgerechtigkeit dürfte Lars Streit so manchen überraschen, gilt die FDP doch gemeinhin als die Partei der Besserverdienenden, der Unternehmer, der erfolgreichen Freiberufler und der Rechtsanwälte. Lars Streit winkt ab. „Das bin ich ja selbst nicht“, schmunzelt er und berichtet von seinem Arbeitsalltag, den er seit mehreren Jahren auf der Kartbahn des Nürburgrings verbringt. Der Job macht ihm Spaß. „Ich habe keine Ausbildung und hatte das Glück, nach der Schule dort zunächst als Aushilfe unterkommen zu können.“ Mittlerweile ist aus dem Aushilfsjob ein festes Vollzeitarbeitsverhältnis geworden. Darauf ist der Honerather mächtig stolz. „Die Kollegen sind toll. Ich fühle mich am Ring sehr wohl und kann mir keine bessere Arbeitsstelle vorstellen“, freut er sich.
Dennoch, bei dem Job an der Kartbahn soll es nicht bleiben. In seiner Freizeit studiert Streit Informatik. Ein Fach mit Zukunft, auch deshalb sei die FDP mit ihrer Forderung nach mehr Digitalisierung die richtige Partei für ihn. „Es muss sich einiges in Sachen Digitalisierung im Land tun“, ist er überzeugt. „Wir müssen moderner werden. Gerade bei jungen Menschen spielt Digitalisierung eine große Rolle. Ich selbst gehe ohne mein Handy gar nicht mehr aus dem Haus.“
„Natürlich gab es einige, die gefragt haben: ,Warum machst du das?’ Aber es gab bislang nur sehr wenige, die komisch geschaut haben, als sie erfahren haben, dass ich in die FDP eingetreten bin.“
Lars Streit, jüngstes FDP-Mitglied in Adenau, zu seinem Parteieintritt
Weiterer Aspekt, warum sich Streit zu einer Mitgliedschaft in der FDP entschieden hat, ist das Bemühen der Partei um eine bessere Gesundheitsversorgung. „In meiner Heimatverbandsgemeinde Adenau ist es um die medizinische Notfallversorgung nicht gerade gut bestellt“, so seine Erfahrungen. „Ich hatte letztes Jahr einen Arbeitsunfall. Glücklicherweise konnte ich im Medical Center am Nürburgring versorgt werden. Aber gerade, weil nicht jeder dieses Glück hat, hoffe ich, dass wir in der VG Adenau wieder eine umfassende medizinische Versorgung bekommen.“
Von seinen Freunden und Arbeitskollegen wird das politische Engagement des 24-Jährigen mit Wohlwollen aufgenommen. „Natürlich gab es einige, die gefragt haben: ,Warum machst du das?’ Aber es gab bislang nur sehr wenige, die komisch geschaut haben, als sie erfahren haben, dass ich in die FDP eingetreten bin“, erinnert er sich an diese Momente zurück. In seiner Familie ist Streit mit seiner Entscheidung auf Unterstützung getroffen. „Sich politisch zu engagieren, liegt bei uns ein wenig in der Familie“, lacht er. „Meine Mutter war auch mehrere Jahre in der FDP.“
„Ich würde mir wünschen, dass sich noch mehr junge Menschen in Parteien engagieren. Schließlich ist es doch unsere Zukunft, die da gestaltet und entschieden wird.“
Lars Streit, Mitglied der FDP in Adenau und der Jungen Liberalen in Rheinland-Pfalz
Doch obgleich der Parteieintritt in Streits Freundes- und Bekanntenkreis mehrheitlich positiv aufgenommen wurde, Gleichaltrige zu überzeugen, es ihm gleich zu tun, ist Lars Streit bislang nicht gelungen. „Dabei würde ich es mir wünschen, dass sich noch mehr junge Menschen in Parteien engagieren. Schließlich ist es doch unsere Zukunft, die da gestaltet und entschieden wird.“
Eine Aussage, die auch Nicole Falkenstein, Vorsitzende des Adenauer FDP-Ortsverbandes, nur unterstützen kann. „Bei der FDP in Adenau ist Lars mit Abstand der Jüngste“, erklärt sie. „Ich hoffe, er bleibt uns noch lange erhalten. Und wir würden uns natürlich freuen, wenn sich noch mehr junge Menschen bei der FDP engagierten.“
Politik muss authentischer werden
Doch was müsste sich ändern, damit sich junge Menschen wie Lars Streit in einer Partei engagieren wollen? Auf diese Frage haben Streit und Falkenstein eine Antwort. „Die Politik muss authentischer werden“, sagen sie.
Streit führt aus: „In der Schule haben wir immer nur etwas über die Vergangenheit erfahren. Natürlich ist das wichtig. Aber gerade junge Menschen fragen sich doch, was diese ständigen Rückblicke ihnen eigentlich für ihre persönliche Zukunft bringen sollen. Viel wichtiger wäre es doch, aktuelle gesellschaftliche und politische Probleme in den Fokus zu stellen. Etwa die Tatsache, dass viele Menschen heutzutage kaum ausreichend Geld zum Leben haben, während einige wenige kaum wissen, wohin mit ihrem Reichtum. Das sollten die Fragen sein, die sich die Schulen, die Gesellschaft und die Politik stellen sollten. Denn solche Fragen interessieren junge Menschen.“
Neues Angebot für politisch interessierte junge Menschen
Unter dem Titel „FreiGedacht“ startet der FDP-Stadtverband Bad Neuenahr-Ahrweiler am Donnerstag, 22. Mai, ein neues Dialogformat, das sich gezielt an junge Menschen zwischen 16 und 25 Jahren richtet. Die erste Veranstaltung findet ab 19 Uhr im Restaurant La Perla in Bad Neuenahr-Ahrweiler statt.In lockerer Atmosphäre haben Teilnehmer die Möglichkeit, ins Gespräch kommen. „Wir wollen Raum schaffen für Themen, Gedanken und Meinungen, die sonst untergehen“, sagt David Jacobs, Vorsitzender des FDP-Stadtverbandes Bad Neuenahr-Ahrweiler. Die Veranstaltung findet künftig einmal im Monat statt. Ziel ist es, so die Organisatoren, einen Raum für junge Perspektiven und neue Impulse in der Stadt zu schaffen.Um an der Veranstaltung teilzunehmen ist keine Anmeldung erforderlich. Snacks und Getränke sind erhältlich. Weitere Infos unter www.fdp-aw.de red