Vor allem in den vergangenen zwei Jahren ist die Zahl der Seniorenhunde im Tierheim Remagen angestiegen. Das hat Claus-Peter Krah, Vorsitzender des Tierheims und Tierschutzvereins Kreis Ahrweiler, beobachtet. Von den aktuell 20 Fellnasen, die dort leben, sind acht älter als zehn Jahre. Und das kann zu einem Problem werden, wenn es um die Vermittlung geht. Denn viele Menschen möchten eher einen jungen Hund.
Deshalb ist Krah immer froh, wenn ein Senior wie Diesel eine neue Familie findet. Denn wenn ältere Tiere ausziehen können, gibt es wieder Platz für zukünftige Bewohner. Allerdings: Es gibt auch Hunde, die vor allem wegen ihres Alters, kaum noch vermittelbar sind. Aber auch sie haben, wie jeder Bewohner im Tierheim, das Recht, bis zu ihrem Ende zu leben, wie Krah deutlich macht.
Dabei weiß der Vorsitzende: „Ein altes Tier kann ein Geschenk sein.“ Ältere Hunde seien gemächlicher und vor allem auch etwas für ältere Menschen, die keinen Wildfang mehr um sich haben möchten. Sie würden sich über eine Seniorfellnase freuen, seien zusammen mit ihrem neuen Tier ein Herz und eine Seele. „Die Zuneigung des Hundes ist großartig. Er ist einfach dankbar“, sagt Krah.
Bei der Vermittlung jedoch würden er und sein Team stets genau hinschauen, ob der neue Besitzer auch zu der Rasse des Vierbeiners passe. „Das ist oft eine schwierige Entscheidung, und manche Leute fühlen sich zurückgesetzt und sind hochgradig beleidigt, wenn wir eine Vermittlung ablehnen. Aber wir haben dann unsere Gründe“, betont Krah. Aber wenn beispielsweise ein 70-Jähriger agil und fit und in der Lage sei, drei Stunden am Tag spazieren zu gehen, dann würde das Tierheim ihm auch einen Husky geben, meint Krah.
Jedoch: Gerade bei älteren Hunden können eben auch mehr Kosten anfallen – wegen Medikamenten oder Arztbesuchen. Aber auch da steht das Tierheim dem potenziellen neuen Besitzer unterstützend zur Seite. „Wir checken immer individuell ab, wer Hilfe bekommt“, sagt Krah. Denn schließlich fallen für das Tierheim ebenfalls Kosten an, sollte der Bewohner krank sein. Und auch das ist Fakt: Die Verweildauer im Tierheim hat sich laut Krah erhöht: von einst rund 25 auf aktuell mehr als 40 Tage. Dann erst gebe es die Vermittlungsgebühr, die derzeit 350 Euro beträgt. Aber ein Zwinger ist teuer. „Er kostet 20 Euro pro Tag“, sagt der Vorsitzende. Auch dürften nicht alle belegt sein, um Platz vorhalten zu können für Fundtiere oder aus Beschlagnahmungen.
Die Gründe, warum die Hunde auf ihre alten Tage im Tierheim landen, sind vielfältig. „Manche sind in einer Familie groß geworden und werden dann zu Scheidungsopfern“, berichtet Krah. Andere wiederum würden nach dem Todesfall ihres Besitzers kommen. Und wieder andere seien von Menschen adoptiert worden, die sich im Vorfeld nicht damit beschäftigt hätten, wie der Hund artgerecht zu halten sei, was dann etwa zu Beißvorfällen geführt habe. „Das sind alles tragische Geschichten“, sagt der Vorsitzende. Er weiß: „Jedes Tier, das zu uns kommt, leidet und ist traumatisiert. Vor allem die älteren haben eine lange Vorgeschichte.“
Und dann liege es in der Natur des Hundes, wie er mit der Situation fertig werde. „Der eine ist total verstört, dass er im Alter neu anfangen muss, und der andere schaltet nur ein bis zwei Tage zurück und ist dann wieder normal“, erzählt Krah. Aber für alle gelte: Zuwendung wie in einer Familie kann ein Tierheim nicht leisten. Um die Natur des Neulings auszutesten, wird die Fellnase anfangs auch mal mitgenommen – ins Büro oder auch in die Mittagspause.
Den Grund für die Zunahme der Seniorenhunde im Tierheim sieht Krah im aktuellen Zeitgeschehen, etwa wegen der Lebenskostensteigerung. Manche hätten einfach nicht mehr das Geld für ihren Hund, andere würden es zurückhalten für zu erwartende potenzielle Ausgaben. „Das ist die Folge der allgemeinen Verunsicherung, was mit einem passiert. Das hängt wohl alles zusammen“, meint Krah.
Weitere Informationen, auch zu anderen Bewohnern im Tierheim, gibt es im Internet unter www.tierheim-remagen.de
Zahlreiche Fellnasen mit Migrationshintergrund
Sie kommen aus Madeira, Spanien, Griechenland, Rumänien oder einem anderen Land: Das Gros der Hunde im Tierheim Remagen hat einen Migrationshintergrund. Grund ist Claus-Peter Krah zufolge der Hype von Influencern im Internet, die dazu aufrufen würden, Tiere aus dem Ausland bei sich aufzunehmen. Aber das ist Krah zufolge zu kurz gedacht, weil die sich Menschen keine Gedanken um die Rasse oder die Natur des Hundes machen würden. Sie würden ihn lediglich im Internet sehen, denken „och, ist der süß“ und ihn dann kaufen beziehungsweise adoptieren. Zu blauäugig, meint Krah. „Und dann geht das schief, und das Tier landet im Tierheim“, sagt er. Aber es gib auch andere Gründe, etwa der Umzug in eine neue Wohnung, in der keine Tierhaltung erlaubt ist. Klar, teils seien die Zustände für die Hunde im Ausland schrecklicher als in Deutschland, so Krah. „Aber wir können nicht alle retten und hier aufnehmen“, weiß er. Deshalb würde Krah sich gern einmal mit Influencern an einen Tisch setzen, um ihnen klarzumachen, dass sie lieber den Tierheimen helfen sollten. „Wir haben sogar schon Anfragen aus Hamburg gehabt, ob bei uns ein Tier abgegeben werden könne“, sagt Krah. Das Tierheim Remagen kann zwar nicht alle aufnehmen, hilft mit einer „privaten Vermittlung“, etwa über seinen Facebook-Account, über den es an die 100.000 Menschen erreicht. „Wir haben dadurch ein viel größeres Verbreitungsgebiet als Private“, so Krah. sm