Das Hochwasser am 9. Januar hat bei den Bewohnern einiger Orte an der Ahr die Angst vor einer neuen Flutkatastrophe aufflammen lassen. Insbesondere nach der Situation in der Verbandsgemeinde Altenahr, wo einzelne Keller, Straßen und Plätze unter Wasser standen, hatte die Kreisverwaltung gehandelt. In einer Nachbetrachtung nahm sich der Kreis- und Umweltausschuss der Situation und der Maßnahmen an.
Der Wasserabfluss habe bei einem Pegel von 1,70 Metern bei 54 Kubikmetern pro Sekunde gelegen, vor der Flut seien es 20 Prozent weniger gewesen. „Die Ahr hat nun mehr Platz“, begründete Landrätin Cornelia Weigand den schnelleren Abfluss: „Gedanklich hätte das früher einen höheren Pegel bedeutet.“ Nun müsse die Matrix angepasst werden. „Das war eine der interessanten Erkenntnisse“, so Weigand. Die Starkregenkarten des Landesamts für Umwelt Rheinland-Pfalz würden schon genutzt, die Hochwasserkarten seien im Aufbau, erklärte Geschäftsbereichsleiterin Anja Toenneßen: „Da erhoffen wir uns ein Stück weit mehr Erkenntnisse.“
„Die neuralgischen Stellen, die sich beim Hochwasser gezeigt haben, sind erkannt und aufgenommen worden.“
Landrätin Cornelia Weigand zum Hochwasser am 9. Januar an der Ahr
„Die neuralgischen Stellen, die sich beim Hochwasser gezeigt haben, sind erkannt und aufgenommen worden“, berichtete Weigand aus einem Gespräch mit der Struktur- und Genehmigungsdirektion Nord und Dominik Gieler, dem Bürgermeister von Altenahr. Denn in dessen Verbandsgemeinde hatte sich die Hochwasserlage dramatisch dargestellt.
Doch nicht nur dort: Auch in Hönningen hatte das Wasser das Flussbett verlassen und die B257 überflutet. Einige Häuser in Walporzheim seien an diesem Tag ganz knapp an der nächsten Katastrophe vorbeigeschlittert, hatte es Friedhelm Münch in einem Antrag der Freien Wähler (FWG) formuliert: „Das Wasser der Ahr stand zehn Zentimeter unterhalb der Oberfläche der Herrestorffstraße. An dieser Stelle war die Gewässeroberfläche der Ahr, so die Anwohner, vor der Flut mindestens 1,50 m tiefer als heute.“ In seinem Schreiben forderte der FWG-Fraktionsvorsitzende im Kreistag Ahrweiler, deshalb sofort die Gewässersohle der Ahr und in den Uferbereichen räumen zu lassen. Ein schnelles Ausbaggern forderten auch die Verantwortlichen aus Altenahr.
Mit dem Gedanken des Ausbaggerns schon vor zwei Jahren auseinandergesetzt
Mit dem Gedanken, die Ahrsohle auf das alte Niveau abzusenken,hätten sie sich bereits 2022/23 beschäftigt, ging Bruno Büchele vom beauftragten Büro Wat Ingenieurgesellschaft darauf ein. Man könne nicht einfach ausbaggern, weil die Ahr schneller fließe. Und: Bei Maßnahmen gelte es, nicht nur an die örtliche Überflutungsgefahr zu denken, sondern auch an die darunterliegenden Ortschaften.
Mit 25 Teilprojekten seien sie auf der gesamten Länge der Gewässer vierter Ordnung tätig, berichtete der diplomierte Ingenieur. Ein gutes Jahr hätten sie nun Zeit, um überall voranzukommen. Deadline sei Mitte 2026. Ein Projekt in Sinzig sei bereits im Dezember abgeschlossen worden, eines im Bereich Laach werde im August fertig.
„Wie lange brauchen wir noch, bis wir das Gesamtkonzept umgesetzt haben?“
FDP-Kreisvorsitzender Ulrich van Bebber
Aber: „Man muss erst mal die Planung haben“, wies Büchele auf Orte hin, die noch über mögliche Varianten einer Fläche diskutierten, wo die Gemeinde gern wiederaufbauen würde, dem Fluss zur Hochwasservorsorge aber mehr Raum gegeben werden soll. Hier stünden die Entscheidungen noch aus. An anderer Stelle könne mit den notwendigen Arbeiten – Strauchwerk zurückschneiden, Kampfmittelsondierung, Ausschreibung und Umsetzung – erst begonnen werden, wenn die Bahn mit ihren Arbeiten fertig sei.
„Wie lange brauchen wir noch, bis wir das Gesamtkonzept umgesetzt haben?“, wollte FDP-Kreisvorsitzender Ulrich van Bebber wissen, der jeden Starkregen bis dahin als „Experiment mit offenem Ausgang“ bezeichnete. 2030 solle alles fertig sein, so Toenneßen. „Wir versuchen mit allen Maßnahmen, möglichst viel Masse den Fluss herunterfließen zu lassen – ohne Schäden“, versicherte die Kreischefin. In der Diskussion äußerte sich Brand- und Katastrophenschutzinspekteur Frank Linnarz zu mobilen Wänden zum provisorischen Schutz, was der Ausschuss wohlwollend diskutierte.