Heizungsbauer aus Leidenschaft haben bereits 400 Monteure ins Tal geschickt
Von Heimersheim startet Hilfe ins Ahrtal: Heizungsbauer aus Leidenschaft haben 400 Monteure geschickt
Im Heimersheimer Industriegebiet haben sich die Organisatoren ein großes Lager eingerichtet, wo sie ihre Materialien und Handwerksgerätschaften aufbewahren. Foto: Judith Schumacher
Judith Schumacher

Heimersheim. Seit fünf Monaten arbeiten sich ehrenamtliche Heizungsbauer aus ganz Deutschland im Rahmen ihres groß angelegten Hilfsprojekts „Handwerker helfen“ durch das Flutgebiet nach der Ahrkatastrophe im Juli.

Die Helfer gehören der 24.000 Mitglieder zählenden Onlinefachgruppe Heizungsbauer aus Leidenschaft an, die sich „Handwerker helfen“ angeschlossen haben. Diese Internetplattform wurde von den Heizungsbauern Kevin Buchenau aus Kleve und Florian Leupelt aus Wunsdorf geschaffen. Über die Plattform sammeln sie Materialspenden, koordinieren Hilfs- und Arbeitseinsätze, bauen Heizungen ein, unterstützen unversicherte Handwerksbetriebe und Privatleute, die von der Flutkatastrophe vom Juni schwer betroffen sind.

Hunderte von E-Mails sind bei den Heizungsbauern aus Leidenschaft eingegangen. Hersteller von Heizungsbedarf, Betriebe und vor allem Installateure und Heizungsbauer haben ihre Hilfe angeboten. Das Plattformteam koordiniert alles auf seiner Facebook-Seite und versucht, in Zusammenarbeit mit Innung, Handwerkskammer sowie THW den Aufbau nach den Aufräumaktionen zu stemmen und örtlich zu unterstützen. Die Helfer kommen aus ganz Deutschland.

Im Heimersheimer Industriegebiet haben sich die Organisatoren ein großes Lager eingerichtet, wo sie ihre Materialien und Handwerksgerätschaften aufbewahren. Zur Verfügung gestellt wurde ihnen das von der ebenfalls in den Fluten untergegangenen Autowerkstatt Alfter. „Wir haben mittlerweile hier auch 16 Schlafplätze und sanitäre Einrichtungen, sind also komplett autark“, sagt Kevin Buchenau.

Bislang waren rund 400 Monteure im Ahrtal. Der harte Kern zählt 80 Leute, fünf sind ständig vor Ort. Zurzeit stehen den Helfern noch acht Container und zwei Schiffscontainer mit Material für den Einsatz im Ahrtal zur Verfügung. „Wir bauen keine Heizung ein, die älter als zehn Jahre ist“, so Buchenau.

Ein guter neuer Brenner würde samt Regler 8000 bis 10 000 Euro kosten. Es seien im Ahrtal aber auch Betriebe unterwegs, die von den Leuten bis zu 30.000 Euro verlangen, hat Buchenau erfahren. „Wir haben jetzt Arbeitskräfte und Material genug, müssen aber auch an die Leute herankommen, die uns brauchen. Unsere Zielgruppe sind die Menschen, die noch keine Heizung haben, sich nicht zu helfen wissen und nicht versichert sind. Wenn uns einer sagt, „wir bezahlen Sie auch“, dann machen wir das nicht – wir sind hier freiwillig und ehrenamtlich und wollen etwas tun. Aber die Leute müssen sich bei uns melden“, betont Kevin Buchenau.

Mittlerweile gehen die Heizungsbauer los und werfen Anmeldezettel in die Briefkästen von Häusern, in denen augenscheinlich noch nichts oder nicht viel passiert ist. „Nicht jeder hat Zugang zum Internet oder Nachbarn und Familienmitglieder, um die Hilfsangebote zu ordern“, weiß der Heizungsbauer aus Kleve. „Es sind viele, gerade ältere Menschen, die da vor ihren Elektroöfchen sitzen, abwarten und sich denken, es wird schon gehen und eine Art Scham davor haben, um Hilfe zu bitten. Es ist aber keine Schande, sich an uns zu wenden“, unterstreicht Dirk Dolfs.

Dolfs ist ebenfalls ein ortsansässiger Handwerker aus dem Bereich Elektrotechnik in Lohrsdorf. „Er hatte die Tür zu seinem komplett überschwemmten Lager nach der Flut geöffnet und dann einfach wieder zugemacht, um dann woanders zu helfen“, erzählt Kevin Buchenau.

Dolfs kann das nur bestätigen. Er sitzt zusammen mit Buchenau, Dennis Küpper aus Hannover und Philipp aus Drosten in der Heimersheimer Lagerhalle. „Wir sind hier nicht nur Heizungsbauer, sondern auch als Seelsorger unterwegs. Wir selbst sind Flutbetroffene, weil uns das Schicksal der Menschen hier betroffen macht“, sagt Dennis Küpper. Neben ihm sitzt Philipp Bushaven. Der junge Mann aus Drosten ergänzt: „Wir kommen immer weiter, solange es nötig ist. Ich kann nicht anfangen, hier zu helfen und dann sagen, ich fahre nach Hause und helfe dann nicht mehr. Ds geht einfach nicht.“

Die Männer rechnen damit, dass ihr Einsatz hier an der Ahr, in Euskirchen, Bad Münstereifel, Erftstadt und in Kordel, wo sie nun ein zweites Lager einrichten, noch zwei bis drei Jahre dauern wird. „Wir machen keine Winterpause. Nach dem 2. Weihnachtstag kommen wieder weitere Helfer. Ich bin auch an Silvester hier“, sagt Kevin Buchenau.

Marco aus Hamburg war das letzte Wochenende sogar mit dem Flugzeug angereist, um dann wieder schnell zurück in die Hansestadt zu jetten, da er Opa wurde. „Er hat sich bei uns entschuldigt, nicht länger geblieben zu sein“, beschreibt Buchenau den unglaublichen Antrieb, der mittlerweile gemeinhin auch als das „Ahrfieber“ bezeichnet wird.

Mittlerweile haben sich verschiedene private Hilfsinitiativen zusammengeschlossen und tauschen sich aus. Handwerker Helfen hat sich „Handwerker fürs Ahrtal“ angeschlossen, ebenso die 5-Euro-Haus-Initiative von Jörg Burghardt, „Einfach machen – Patenschaften“, „Bautmitauf – Deutschlands größtes Wiederaufbauprojekt“ und die Elektroseelsorge(R).

„Wir schaffen mit Heizung, Sanitär und Warmwasser die Basis für das Haus oder die Wohnung, aber ohne Estrichleger und Verputzer kommen wir auch nicht aus“, unterstreicht Kevin Buchenau die Notwendigkeit, dass sich die Gruppen vernetzen.

Sie wissen aber auch: „Wichtig ist es, dass das Thema in den Köpfen der Menschen bleibt. In den Medien war oft nur von Schuld und Ahrweiler die Rede, dass hier aber die Dörfer über eine Länge von 63 Kilometern verwüstet wurden, versteht nur einer, der wirklich hier war“, betont Dirk Dolfs.

Von unserer Mitarbeiterin

Judith Schumacher

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