Denn Weigand zufolge ist es zu jeder Zeit unbedingt wichtig, ein klares Zeichen für Frieden und Demokratie zu setzen. Um ein entsprechend gewichtiges Zeichen zu setzen, war auch Bundespräsident a.D. Joachim Gauck auf den Soldatenfriedhof gekommen, auf dem rund 1212 Opfer von Gewalt und Diktatur ihre letzte Ruhestätte fanden. Gauck führte aus, dass man gerade jetzt aktuell wieder in Zeiten lebe, in denen Krieg in Europa herrsche, in denen erneut ein menschenverachtendes Regime die Freiheit und den Frieden bedrohe.
Beistand für die Ukraine
Niemand wisse, wie weit Putins Ambitionen bei der Wiedererrichtung eines großrussischen Imperiums reichten. Deshalb müsse klar sein: „Dieser Krieg betrifft auch uns.“ Die Vokabel „Nie wieder, nie wieder Krieg“ habe sich bei uns in den Jahrzehnten nach dem Zweiten Weltkrieg fest verankert, so entstehe hier die Frage, ob wir nun einfach wegschauen können? Wir wüssten aber doch nur zu gut: Schuldig könne sich auch der machen, der nicht handle. Wir wüssten aber auch, dass wir in diesem Fall nicht nur vor einem großen moralischen Dilemma stehen, sondern auch vor einem geopolitischen, so Gauck weiter. Russland stelle mit seinem atomaren Waffenarsenal auch eine unmittelbare Bedrohung für uns selbst dar. Auch deshalb werde unser Land der Ukraine beistehen, erklärte er.
Dieser Krieg betrifft auch uns.
Ex-Bundespräsident Joachim Gauck
Mehrere Hundert Menschen waren am Sonntagnachmittag auf den Friedhof in Bad Bodendorf gekommen, um den Bundespräsidenten a.D. zu hören. Jährlich findet auf dem Ehrenfriedhof zum Volkstrauertag eine Gedenkstunde mit einem prominenten Redner statt, um dem Gedenken Raum zu geben, welche Katastrophe die Nazizeit für Deutschland bedeutete. Aber auch, um der eigenen Geschichte und der Verantwortung bewusst zu werden, dass es eine Verantwortung für Frieden, Freiheit und Demokratie gibt, die auch wehrhaft zu verteidigen ist. Daher ist zum Volkstrauertag auch stets eine starke Abordnung der Bundeswehr dabei, diesmal unter Leitung von Brigadegeneral Dag Baehr. Landrätin Weigand erklärte, dass viele Bürger besonders seit der Flutkatastrophe mit anderen Augen auf die Soldaten der Bundeswehr schauen. Sie sei mit ihrem großen Gerät in den schweren Tagen des Kreises Ahrweiler sofort zur Stelle gewesen und habe wertvolle Hilfe geleistet.
Rechte Extremisten sind immer noch Thema
Der Bundespräsident a.D. prangerte an, dass auch in Bad Bodendorf immer wieder rechte Extremisten das Gedenken an die Verstorbenen der Rheinwiesenlager für ihre eigenen demokratiefeindlichen Zwecke mit geschichtsrevisionistischen Märchen zu instrumentalisieren versuchten. Mehr als 104 Jahre seien seit dem Ende des Ersten Weltkriegs vergangen, 77 Jahre seit dem Zweiten Weltkrieg. Was man sich in den vergangenen Jahren nur durch Gedenkveranstaltungen, wie auch durch den Volkstrauertag, ins Gedächtnis gerufen habe, sehe man nun wieder Tag für Tag in den Fernsehnachrichten: Die ungeheure Zerstörungskraft moderner Waffen und die Blindheit, aus der ideologische Verblendung erwachse. Aber: „Mit Zuversicht wollen wir daran mitarbeiten, dass alle Menschen, egal ob hier im Ahrtal oder in der Ukraine, eine Zukunft in Freiheit und Frieden haben“, so Gauck.
Gemeinsam legten die Landrätin und der Ex-Bundespräsident mit Vertretern der Landesregierung, Bundeswehr und dem Volksbund Deutscher Kriegsgräberfürsorge an den Gräbern Kränze nieder. Die Feier wurde begleitet von Pfarrerin Kerstin Laubmann und Pfarrer Frank Werner aus Sinzig mit ihren besinnlichen Worten und Gebeten. Der Männergesangverein Eintracht Sinzig-Westum sowie der Posaunenchor Bad Neuenahr sorgten für musikalische Umrahmung. Nach der Gedenkstunde nutzte Joachim Gauck noch die Gelegenheit, sich einige der besonders von der Flut getroffenen Ortschaften im Ahrtal anzusehen.