Straßen Flüsterasphalt und Tempo 30 sollen kurzfristig für weniger Lärm auf der B9 sorgen
Verkehrschaos an der B9: Tunnel auf dem Wunschzettel
Ein Vorschlag aus dem aktuellen Verkehrsgutachten zur Verbesserung der Verkehrssituation in Bad Breisig sieht unter anderem eine Umwandelung der Mittelstraße in eine Fahrradstraße vor. 4600 Fahrzeuge könnten so zum Wohle eines besseren Verkehrsflusses auf der B 9 umverteilt werden. Foto: Boldt
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Bad Breisig. Es gibt Hoffnung auf baldige Verbesserung der angespannten Verkehrssituation in Bad Breisig. Zu diesem Ergebnis kam eine von unserer Zeitung initiierte Podiumsdiskussion mit Experten des Landesbetriebes Mobilität, der Polizei sowie Vertretern der Kommunalpolitik der Kurstadt.

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Ein Vorschlag aus dem aktuellen Verkehrsgutachten zur Verbesserung der Verkehrssituation in Bad Breisig sieht unter anderem eine Umwandelung der Mittelstraße in eine Fahrradstraße vor. 4600 Fahrzeuge könnten so zum Wohle eines besseren Verkehrsflusses auf der B 9 umverteilt werden. Foto: Boldt
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Neben der Initialzündung, noch einmal mit Land und Bund in Gespräche für eine große Lösung zu gehen, gab es dabei von Bernd Cornely, Leiter des LBM Cochem-Koblenz, im Beisein zahlreicher Zuhörer im Kulturbahnhof Zusagen für kurzfristige bauliche Lösungen, um zumindest einen Teil der Lärmbelastung für die Anwohner zu mindern.

Als Gäste auf dem Podium begrüßte Uli Adams, Redaktionsleiter der Rhein-Zeitung im Kreis Ahrweiler, neben Cornely den Chef der zuständigen Polizeiinspektion in Remagen Ralf Schomisch und Bad Breisigs Verbandsgemeindebürgermeister Bernd Weidenbach.

Letzterer wurde im Verlauf des Abends durchaus emotional: „Das Problem mit dem Verkehr darf nicht dazu führen, dass wir den Kurbadstatus wegen der Immissionen über kurz oder lang verlieren“.

Eine durchaus berechtigte Sorge, weiß man um die nackten Zahlen, die der LBM in seinem aktuellen Verkehrsgutachten für die Stadt zusammengetragen hat: Zwischen 20.000 und 23.000 Fahrzeugen zwängen sich täglich durch das Nadelöhr, mehr als 1600 davon sind Lkw. Dies entspricht etwa der 2,5-fachen Belastung, die auf anderen Bundesstraßen üblicherweise anzutreffen ist. 71 Prozent aller gezählten Pkw sind Durchgangsverkehr, beim Schwerverkehr (ab 3,5 Tonnen) sind es sogar 80 Prozent, die ihr Endziel nicht in Bad Breisig haben. „Die hohe Belastung ist allerdings nichts Neues. Aktuell befinden wir uns auf demselben Niveau wie von 1995/2000“, sagte LBM-Mitarbeiter Heiko Finger. „Es sind aber berechtigte Erwartungen der Bürger, dass es so nicht bleiben kann.“

Das sieht auch LBM-Chef Cornely so: „Als Planer sage ich da: Mehr als 20.000 Fahrzeuge in einer Wohnbebauung sind zu viel. Woanders bauen wir in solchen Fällen eine Ortsumgehung.“ Schon alleine wegen der räumlichen Gegebenheit sei das Thema Straßenneubau in Bad Breisig aber ein komplexes Thema. Auch vom Bund ist das Ganze nicht als vordringliches Projekt klassifiziert.

Einen Tunnel, wie ihn Bonn für Teile der B9 besitzt, auch unter Bad Breisig bauen zu wollen, würde vermutlich sehr lange dauern und sehr viel Geld kosten. Ganz unmöglich sei diese Option allerdings nicht, so der Tenor, der sich im Laufe der Debatte entspann. Sinnvoll wäre er definitiv: An den absoluten Verkehrszahlen, so das Signal des LBM, werde sich nämlich auch in Zukunft wenig verändern lassen. „Ich würde mich einer Tunnellösung sofort anschließen“, erklärte Stadtbürgermeisterin Gabriele Hermann-Lersch. Auch Guido Ernst, Landtagsabgeordneter für die CDU, der das Gespräch im Plenum verfolgte, machte sich für einen Neustart einer langfristige Tunnellösung stark: „Wir sollten einen entsprechenden Antrag einreichen“, forderte er. Mit entsprechendem Engagement könne man es auf den Bundesverkehrswegeplan bringen, der 2027 fortgeschrieben wird.

Heiko Finger, Leiter der Fachgruppe Verkehrs- und Bedarfsplanung des LBM Cochem-Koblenz, stellte das neue Verkehrsgutachten vor.
Vollrath

Kurzfristige Lösungsansätze finden sich bereits im Gutachten, das die Stadt beim LBM in Auftrag gegeben hat: Neben einer innerörtlichen Tempo-30-Regelung für die B 9, „die den Verkehrsfluss harmonisieren“ würde, gehören hierzu auch bauliche Veränderungen an der Mittelstraße. Sie könnte nach Vorschlag des Karlsruher Gutachters in eine Fahrradstraße umgewandelt und für den motorisierten Verkehr gesperrt werden. Rund 4600 Fahrzeuge könnten so zum Wohle des Verkehrsflusses umverteilt werden und würden künftig nicht mehr direkt im Zentrum des Ortes auf die Bundesstraße treffen.

Bis zu Jahr 2020 sagte Cornely den Anwesenden zudem spontan zu, den jetzigen Fahrbahnbelag abfräsen und durch sogenannten Flüsterasphalt ersetzen zu lassen. Auch abgesackte Gullideckel, ein Hauptquell für Durchfahrtslärm, sollen im Zuge der Arbeiten wieder angehoben werden. „Ich verspreche keine Wunder, ein paar Dezibel Lärmreduzierung sollte das aber bringen.“

Eine zusätzliche Temporegulierung oder gar ein oft gewünschtes komplettes Durchfahrverbot für Lkw sah Polizeichef Schomisch hingegen kritisch: „Die B 9 ist eine überregionale Verkehrsverbindung von hoher Wichtigkeit. Sie ist dazu da, den Lkw-Verkehr aufzunehmen. Ansonsten würde er auf kleinere, noch weniger geeignete Straßen, wie etwa die B 412 ausweichen.“ Radarmessungen hätten zudem ergeben, dass es in Bad Breisig tatsächlich schon jetzt, bedingt durch den dichten Verkehr, nur wenige Geschwindigkeitsüberschreitungen gäbe. „Im Durchschnitt fahren 6-8 Prozent aller Teilnehmer in Ortslagen zu schnell“, so Schomisch. In Bad Breisig waren es hingegen nur 0,5 Prozent. „Den generellen Eindruck, dass hier durchgerattert wird, kann ich nicht bestätigen.“ Wenn die Kommunen entlang der B 9 zur eigenen Verkehrsüberwachung jedoch ein mobiles Radargerät anschaffen wollten, würde er das durchaus begrüßen. „Das würde uns natürlich entlasten.“

Auch die Gäste der Veranstaltung beteiligten sich mit Lösungsvorschlägen: Rudolph Krämer, ein Bewohner der Koblenzer Straße, plädierte etwa für eine Temporeduzierung in den Nachtstunden. Hier seien die Belästigungen durch einzelne Raser am schlimmsten.

Von unserem Reporter Martin Boldt

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