„Wir mussten diese Regelung überdenken“, sagte Bürgermeister Johannes Bell, als er in der Sitzung des Verbandsgemeinderates Brohltal einen für die Finanzstruktur der Kommune besonders bedeutsamen Punkt der Tagesordnung einleitete. Über welche Regelung die Mandatsträger zu entscheiden hatten, verbarg sich hinter der sperrigen Überschrift der Beschlussvorlage: „Änderung der Finanzierungspraxis bei gemeindlichen Baumaßnahmen im Feuerwehrbereich“.
Die Vorgeschichte: Der Brandschutz lag in Rheinland-Pfalz ursprünglich im Zuständigkeitsbereich der Ortsgemeinden. Nach einer Landesverordnung von 1975 nehmen aber seitdem die Verbandsgemeinden den Brandschutz als Selbstverwaltungsaufgabe wahr. Im Rahmen dieser Änderung wurden im Brohltal die Feuerwehrhäuser der Ortsgemeinden entschädigungslos ins Eigentum der Verbandsgemeinde übertragen.
Die laufenden Kosten für die Feuerwehrhäuser trägt seither die Verbandsgemeinde. In der Folge wurde 1979 der Grundsatzbeschluss gefasst, den Ortsgemeinden für größere Baumaßnahmen an örtlichen Gerätehäusern einen einmaligen Zuschuss in Höhe von 25.000 Mark zu gewähren. Im Jahr 2011 wurde der Betrag auf 20.000 Euro angepasst.
Aber: Den Stützpunktwehren Burgbrohl, Kempenich und Niederzissen wurden sämtliche Baumaßnahmen von der Verbandsgemeinde finanziert, da sie im Rahmen der Ausrückgemeinschaften über die Ortsgemeinde hinausgehende Aufgaben wahrnehmen. Das wurde jetzt durch einen einstimmigen Beschluss vereinheitlicht: Künftig werden sämtliche Baumaßnahmen an den Gerätehäusern von der VG getragen.
„Insgesamt ist davon auszugehen, dass sich der Investitionsbedarf bei allen Feuerwehrhäusern in der Verbandsgemeinde einschließlich der Stützpunktwehren nach überschlägiger Schätzung auf rund 11,5 Millionen Euro belaufen wird“, kündigte der Verwaltungschef an. Den Handlungsbedarf an den örtlichen Feuerwehrgerätehäusern hatte zuvor die Firma Defensio Ignis mit einer umfassenden Überprüfung ermittelt. Ausgeschlossen davon waren die neuen Feuerwehrhäuser in Oberzissen und Glees sowie in Dedenbach, wo ein Abriss bevorsteht.
Zur Finanzierung der entstehenden Ausgaben soll ab dem Haushaltsjahr 2023 eine um 1,5 Prozent höhere VG-Umlage von den Ortsgemeinden erhoben und zweckgebunden eingesetzt werden. Die Umlageerhebung soll erfolgen, bis die Maßnahmen umgesetzt sind.
„Wir begrüßen diesen Weg ausdrücklich. Hier gilt der Solidargedanke.“
Thorsten Kabuth
Die Neuregelung fand breite Zustimmung in den Fraktionen. „Wir begrüßen diesen Weg ausdrücklich. Hier gilt der Solidargedanke“, sagte Thorsten Kabuth, der Nachfolger von Jochen Seifert als Ratsmitglied und FWG-Sprecher, der zu Beginn der Sitzung vom Bürgermeister verpflichtet wurde. „Das ausgehandelte Konzept ist sehr zu begrüßen“, meinte Stefan Gros (FDP). Er regte an, dass sich die Verwaltung beim Land für höhere Zuwendungen einsetzt. In der Tat müssten die Förderrichtlinien angepasst werden, bekräftigte auch Ratsmitglied Petra Schneider (CDU, MdL). „Auch wir stimmen der Zielrichtung voll und ganz zu. In einer Detailplanung müsste dann festgelegt werden, was wir uns für welches Jahr vornehmen“, ergänzte CDU-Sprecher Manfred Sattler.
Frank Klapperich, SPD-Fraktionschef, regte standardisierte Entwürfe beim Bau von Gerätehäusern an, um künftige Kosten zu senken: „Nicht jeder Architekt sollte immer von vorn anfangen.“ Der Solidargedanke ist auch Jutta Dietz (Grüne) wichtig: „Denn die Katastrophe macht nicht vor den Grenzen der Ortsgemeinden halt.“
Von unserem Mitarbeiter Hans-Willi Kempenich
Oberzissen bekommt viel Geld zurück
Mit dem Beschluss auf Kostenübernahme für sämtliche Baumaßnahmen an Feuerwehrgebäuden hatte der Verbandsgemeinderat auch wieder ein Thema auf dem Tisch, das schon vor fünf Jahren heiß diskutiert wurde. Damals baute die Ortsgemeinde Oberzissen auf eigene Kosten ein neues Feuerwehrhaus, weil das alte Gerätehaus nach übereinstimmender Auffassung nicht mehr den Anforderungen entsprach. Die VG unterstützte den Bau mit dem bisher üblichen Zuschuss in Höhe von 20.000 Euro.
Auch das wurde jetzt revidiert. Denn aufgrund der Änderung der Finanzierungspraxis wird mit der Ortsgemeinde eine individuelle Regelung getroffen. „Die Ausschüsse schlagen für Oberzissen einen einmaligen Baukostenzuschuss in Höhe von weiteren 230.000 Euro vor“, gab Bürgermeister Johannes Bell bekannt. Eine Empfehlung, der sich der VG-Rat einstimmig anschloss. Lediglich über den Rückzahlungsmodus wurde noch keine endgültige Entscheidung getroffen. Ratsmitglied Eugen Schmitt, in dessen Amtszeit als Oberzissener Ortsbürgermeister der Neubau fiel, plädierte für eine Frist von drei Jahren. hwk