Richterin Repar sprach von einem verheerenden Brand in einem Mehrparteienhaus an der Sinziger Friedrich-Spee-Straße, „den Sie vorsätzlich gelegt haben“. Die Richter sahen aber auch einen direkten Zusammenhang zu den angeklagten Taten und einer verminderten Schuldfähigkeit. Es sei nicht davon auszugehen, so die 12. Strafkammer, dass der Tod einer in letzter Minute geretteten Hausbewohnerin von dem Angeklagten billigend in Kauf genommen worden sei. Der Angeklagte nahm das milde Urteil sichtlich zufrieden entgegen. Am Ende blieb die Kammer deutlich unter der Forderung der Staatsanwaltschaft, die wegen der schwerwiegenden Tatvorwürfe sechs Jahre und zehn Monate Haft gefordert hatte.
„Sein Motiv war Eifersucht“, hatte Staatsanwältin Julia Rheinbay zuvor den Hergang der Geschehnisse in jener Sommernacht im August 2020 ausführlich wieder aufleben lassen. Im Zustand verminderter Schuldfähigkeit sei der 36-Jährige von außen in das Mehrparteienhaus an der Sinziger Friedrich-Spee-Straße eingestiegen. „Dazu hat er eine Leiter an die Hauswand gelehnt. Im Schlafzimmer seiner Ex-Freundin hat er dann mit einem Feuerzeug aus Neid und Eifersucht das Bettzeug und die Matratze angezündet“, warf die Staatsanwältin dem bereits mehrfach vorbestraften Mann vor. Das Feuer hatte sich rasant ausgebreitet und zu einem kompletten Abbrand der Deckenverkleidung und Putzabplatzungen an Decken und Wänden geführt, hielt die Anklägerin dem Mann auf der Anklagebank vor. Es war dann wohl ein Glücksfall, dass eine Bewohnerin des Hauses aus ihrer bereits stark verrauchten Wohnung gerettet und in Sicherheit gebracht werden konnte, nachdem alarmierte Polizeibeamte die Tür eingetreten hatten. Es spreche auch alles dafür, dass der Angeklagte den Tod der Frau billigend in Kauf genommen habe, hatte die Staatsanwältin gemeint.
Wie ein roter Faden ziehen sich bei dem 36-Jährigen insgesamt elf Verurteilungen in Zusammenhang mit diversen Taten durchs Strafregister. Bereits am zweiten Verhandlungstag war der jetzt Verurteilte von einem guten Bekannten, mit dem er noch Stunden vor Ausbruch des Feuers in einer Obdachlosenunterkunft in Sinzig reichlich Alkohol genossen haben soll, stark belastet worden: „Ich habe noch etwas zu erledigen“, rief die Anklägerin in ihrem Plädoyer den Prozessbeteiligten die Zeugenaussagen des 62-Jährigen nochmals in Erinnerung. Dem Bekannten gegenüber soll er dann gestanden haben: „Ich habe die Wohnung angezündet.“
Die Beschuldigung der massiven Körperverletzung und Sachbeschädigung, das Fernsehgerät seiner Freundin soll er absichtlich zerstört haben, runden das Bild der Anklage ab. So soll es in diesem Zeitraum gleich zweimal Schlägereien mit einem der Polizei ebenfalls gut bekannten jungen Sinziger gegeben haben – immer im Suff. Im Verlauf des handfesten Streits in der Nähe eines Supermarkts soll der Angeklagte seinen Kontrahenten zunächst geschubst, geschlagen, getreten und zeitweise sogar auch auf eine Fahrbahn geprügelt haben. Zwei Fahrzeuge seien dem niedergerungenen Mann ausgewichen, schilderte die Anklägerin die Szene. Prellungen und Schürfwunden habe der Mann erlitten. „Er hat den am Boden liegenden Mann auch an den Hals gefasst“, so die Staatsanwältin. Die von einer Anwohnerin alarmierte Polizei hatte seinerzeit bei dem 36-Jährigen einen Alkoholwert von deutlich mehr als zwei Promille im Blut festgestellt.
Handfeste Auseinandersetzungen scheinen im Umfeld des Mannes gewiss keine Seltenheiten zu sein. Bei einem Grillfest in der Nähe der Obdachlosenunterkunft soll es ein weiteres Mal hart und im Würgegriff zur Sache gegangen sein, unterstrich die Anklägerin Rheinbay. Der Verteidiger, der Oberwinterer Rechtsanwalt Joachim Titz, zog unterdessen andere Register. Er sprach in seinem Plädoyer davon, dass an dem schlagkräftigen Tattag eine insgesamt aggressive Atmosphäre geherrscht habe, „die etwas Explosives hatte“. Zwischen seinem Mandanten und seiner Ex-Freundin habe immerzu „eine gewisse Dauerspannung“ bestanden, meinte der Strafverteidiger. Indes legte auch er sich fest: „Mein Mandant war bei allen Taten nicht im Vollbesitz seiner Steuerungsfähigkeit“, bekundete der Rechtsanwalt. Unterm Strich solle lediglich eine Verurteilung wegen Körperverletzung, Sachbeschädigung und fahrlässiger Brandstiftung infrage kommen. Zumal exzessiver Alkoholkonsum „bei allen seinen Vorstrafen mit im Spiel war“. Der Angeklagte leide an einer schweren Erkrankung und brauche dringend Hilfe, meinte Rechtsanwalt Titz. Und er stellte kein konkretes Strafmaß: „Ich beantrage ein mildes Urteil.“
Der Angeklagte neige vor allem unter Alkohol zu Straftaten, stellte derweil die Vorsitzende Richterin am Freitag in der Urteilsbegründung trocken fest: „Sie sind Alkoholiker – zum Tatzeitpunkt hatten sie 2,8 Promille.“ Sie attestierte dem 36-Jährigen einen gewissen Hang zur Aggressivität: „Sie waren auf ihre Ex-Freundin sauer – Eifersucht hat bei Ihnen immer eine Rolle gespielt.“ Die Richterin unterstrich: „Die Wohnung haben Sie vorsätzlich in Brand gesteckt. Sie wollten die Tat auch noch vertuschen.“ Die Botschaft des Urteils an den 36-Jährigen: Aufarbeitung der Alkoholproblematik – Therapie statt Gefängnisstrafe.