Hauptausschuss beschäftigte sich mit Kindertagesstätten-Bedarfsplan - Zusätzliche Pavillons als Provisorium im Gespräch
Trotz zweier Neubauten in Sinzig: Warum weiterhin Kita-Plätze fehlen
Stimmt die Prognose, werden zum 1. April 2022 in Sinzig 131 Kindergartenplätze fehlen. Foto: picture alliance/Arne Dedert
picture alliance / Arne Dedert/d

Sinzig. Mit dem Bau zweier Kindergärten und dem Aufstellen von Pavillons steckt die Stadt Sinzig ordentlich Geld in die Betreuung der Kleinen. Auf Dauer reichen aber wird das immer noch nicht.

Lesezeit 3 Minuten

Denn Kindergartenplätze, so jedenfalls sieht es die aktuelle Prognose vor, werden auch weiterhin Mangelware in der Barbarossastadt sein – trotz der Pavillons in Westum und Bad Bodendorf, der künftigen fünfgruppigen Einrichtung im Sinziger Weidenweg und des zweigruppigen Kindergartens in Koisdorf. Auch die Sanierung der Kindertagesstätte Storchennest wird daran nichts ändern. Ab April 2021 werden 103, zum Stichtag 1. April 2022 sogar 131 Plätze fehlen. Das ergibt sich aus dem neuen gesetzlichen Rechtsanspruch aus dem Kita-Zukunftsgesetz, das am 1. Juli 2021 in Kraft tritt. Das Gesetz beinhaltet den Rechtsanspruch für Kinder ab dem vollendeten ersten Lebensjahr auf eine siebenstündige Betreuungszeit mit Mittagessen. Immer mehr Familien fordern bereits jetzt den Rechtsanspruch ein, da sie auf eine kontinuierliche Kinderbetreuung angewiesen sind.

Die finanziell gebeutelte Stadt Sinzig, die viele Projekte vor der Brust hat, muss also erneut Geld für die Betreuung der Kleinen in die Hand nehmen. Die Rede ist von 450.000 Euro für den Aufbau von drei weiteren Pavillons. Das beschäftigte den Hauptausschuss in seiner jüngsten Sitzung, in der es auch um die künftigen Standorte der Pavillons ging.

Die Krux: Für Provisorien gibt es vom Land Rheinland-Pfalz keine Zuschüsse. „Wir bekommen vom Land null Euro und vom Kreis nur sehr wenig – bei Provisorien wird die Stadt alleingelassen“, stellte Bürgermeister Andreas Geron nüchtern fest. Bauamtsleiter Marco Schreiner rechnet aus den Erfahrungen der jüngsten Ausgaben für die Pavillons in Bad Bodendorf mit einer Summe von 150.000 Euro pro Gruppe: für die Miete der Container, Tiefbauleistungen, die Herstellung eines tragfähigen Bodens, die Ver- und Entsorgungsleistung, den Außenbereich und für eine Zaunanlage.

Es gibt vier denkbare Standorte für die drei Pavillons, die es in nicht öffentlicher Sitzung noch zu diskutieren galt. „Wir werden uns ganz klar für den Standort hinter dem Jugendzentrum HoT an der Jahnwiese aussprechen“, sagte Klaus Hahn (Bündnis90/Die Grünen) in der Videokonferenz. Karl-Heinz Arzdorf (CDU) wollte wissen: „Es wird von Kindern ausgegangen, die noch gar nicht geboren sind. Wie realistisch sind die Zahlen, und was ist, wenn wir die temporären Pavillons einfach gar nicht bauen?“

Dazu erläuterte Silke Berger, Gesamtleiterin und pädagogische Fachaufsicht der städtischen Kindertagesstätten: „Die Zahlen berufen sich auf Erfahrungen aus der Vergangenheit. Es kann auch sein, dass der Bedarf aufgrund von zuziehenden Familien noch größer sein wird. Familien schätzen die Beitragsfreiheit in Rheinland-Pfalz – die Zahlen sind auf keinen Fall zu hoch angesetzt.“ Wie Bürgermeister Geron betonte, sei die Konsequenz, dass dann einfach nicht genug Plätze zur Verfügung stünden. Mario Wettlaufer (FWG) fragte, inwieweit die Stadt für die Übernahme von Kosten verpflichtet sei, wenn Eltern ihr Kind dann etwa in einer kostenpflichtigen Einrichtung in Nordrhein-Westfalen unterbringen würden. Geron stellte klar, dass grundsätzlich der Kreis verpflichtet ist, er aber zu dieser theoretischen Annahme keine Aussage machen könne.

Norbert Schmickler (CDU) erkundigte sich, ob es möglich sei, die Betriebserlaubnis der Pavillons in Westum und Bad Bodendorf, die im Sommer nächsten Jahres abläuft, zu verlängern. „Das ist für Westum schwierig, in Bad Bodendorf denkbar“, äußerte sich der Verwaltungschef vorsichtig. Berger machte aber deutlich, dass das Landesjugendamt ganz klar die Direktive herausgegeben hat, dass Provisorien auch Übergangslösungen bleiben müssen und Betriebsverlängerungen nicht von ihm mitgetragen würden. Alexander Albrecht (FWG) brachte die angedachte dauerhafte Erweiterung des Moritzhauses der Bad Bodendorfer Kita um zwei Gruppen ins Gespräch. „Hier sind noch nicht mal Planungsarbeiten erstellt, das ist aktuell kein Thema“, so Geron. Die Anfrage vom Ersten Beigeordneten Hans-Werner Adams (CDU), ob ein ausgemusterter Container aus Westum dann im kommenden Kindergartenjahr für 17 fehlende Plätze für Kinder im Alter von drei bis sechs Jahren in Franken genutzt werden könne, beantwortete der Bürgermeister abschlägig.

Über den Kindertagesstätten-Bedarfsplan und die dafür notwendige Schaffung von Plätzen hat der Sinziger Stadtrat noch zu entscheiden.

Von unserer Mitarbeiterin Judith Schumacher

Top-News aus der Region